Die Bestimmung

Die Bestimmung

von Veronica Roth
Rezension von Janett Cernohuby | 17. Januar 2012

Die Bestimmung

Viele Filme und Romane handeln von Personen, die dazu ausersehen sind, Großes zu leisten. Sie selbst und andere betrachten sie als Auserwählte. Dies erhebt die Taten jener besonderen Persönlichkeiten auf eine etwas andere Ebene als jene von gewöhnlichen Menschen. Alles was sie tun wird gleichzeitig zu ihrer Bestimmung. Interessanterweise ist "Die Bestimmung" auch der Titel eines neuen Romans von Veronica Roth, der sich aber um eine etwas andere Thematik dreht.

Die sechzehnjährige Beatrice steht vor einer großen Entscheidung, die über ihr zukünftiges Leben von bedeutender Entscheidung ist. Denn in diesem Alter müssen sich die Bewohner eines zukünftigen Chicagos entscheiden, zu welcher der fünf Fraktionen sie gehören wollen. Zu den Selbstlosen, den Altruan; den Furchtlosen Ferox; den Freimütigen, auch Candor genannt; den Wissenden, die Ken heißen oder den Friedfertigen Amite. Ein Eignungstest soll ihnen bei der Entscheidung grundlegend helfen. Denn wer sich für eine andere Fraktion als jene entscheidet, in der er aufgewachsen ist, kann von nun an keinen Kontakt mehr zu Familie und alten Freunden haben. Loyalität steht an oberster Stelle, wie der Leitsatz "Fraktion über Blut" klar ausdrückt.
Beatrices großer Tag ist nun gekommen und der Eignungstest soll ihr eine klare Antwort geben. Doch es kommt anders, als die Prüferin dem jungen Mädchen mitteilt, dass sie eine Unbestimmte ist. Unbestimmte - was dies bedeutet, versteht Beatrice in diesem Moment nicht. Aber sie weiß, dass sie mit niemandem darüber reden darf, da dieses Ergebnis ihr sicheres Todesurteil bedeuten könnte. Beatrice wählt die Fraktion der Ferox. Hier durchläuft sie nicht nur eine extrem harte Ausbildung sondern gerät gleichzeitig auch in einen Konflikt, der die Grundfeste der fünf Fraktionen erschüttern wird...

Loyalität, Macht, bedingungsloses Vertrauen zum System - dies ist es, worum es in "Die Bestimmung" geht. Der Mensch ist schlecht, schwach und zu leicht durch sein persönliches Streben zu beeinflussen. Daher versucht ein scheinbar perfekt ausgedachtes System, genau diese Eigenschaften zu steuern, um so eine bessere Welt zu schaffen. Eine Thematik, wie es sie bereits in vielen Büchern und Filmen gibt. Dennoch ist "Die Bestimmung" anders. Denn man lernt dieses futuristische Chicago durch die Augen eines unerfahrenen sechzehnjährigen Teenagers kennen. Aufgewachsen in einem absoluten System, in welchem man stets zu einer Fraktion gehört, spürt Beatrice schon früh, dass sie nicht bei ihren bisherigen Leuten bleiben kann. Denn oft ertappt sie sich dabei, nicht selbstlos zu sein, wie es von einer Altruan erwartet wird. Doch als sie erfährt, dass sie eine Unbestimmte ist, sich also nicht eindeutig für eine der vom System vorgeschrieben Gruppen entscheiden kann, beginnt für sie ein wichtiger Lernprozess. Wer bin ich? Was will ich? Und vor allem: Wie kann ich in einer Welt überleben, in der für mich kein Platz ist? Diesen Fragen muss sich das junge Mädchen schon bald stellen, was sie schneller erwachsen werden lässt, als ihre neuen Kameraden.

An Schreib- und Erzählstil ist nichts auszusetzen. Sehr schnell nimmt das Buch seine Leser gefangen und lässt sie bis zum Ende der Geschichte nicht los. "Die Bestimmung" ist der Auftakt einer Trilogie - wer dies beim Kauf des Buches noch nicht gewusst hat, wird damit am Ende des Romans schmerzhaft konfrontiert. Denn gerade als Beatrice die fatalen Pläne zweier Fraktionen erkennt, und versucht, diese zu stoppen, endet das Buch. Dem Leser wird hier ein Cliffhanger präsentiert, wie er schlimmer nicht sein könnte. Völlig überrumpelt und mit tausenden Fragen offengelassen, ist man nun am Ende des Romans angekommen und muss auf die Fortsetzung warten.
Doch so spannend und fesselnd der Roman ist, so hat er doch einige große Lücken. Das beginnt bereits mit dem Handlungsort und der -zeit. Wo spielt die Geschichte eigentlich? In der deutschen Fassung erfährt man dies lediglich über den Hinweis auf den Sears Tower. Denn dieser steht in Chicago. Und damit überrollen einen nun zahlreiche weitere Fragen. In welcher Zeit spielen die Ereignisse? Worin und wann haben die fünf Fraktionen ihren Ursprung? Warum gibt es sie? Was ist mit der restlichen Welt außerhalb Chicagos? Liest man genau, bekommt man einige kleine Hinweise. Zum einen muss diese Gesellschaftsform schon ein paar Jahrzehnte existieren, zum anderen ist die Stadt eingezäunt und die Tore der Stadt (wie es Beatrice selbst sieht) werden von außen verschlossen - als würde jemand eingesperrt werden. Doch was bedeutet dies? Man kann nur hoffen, im zweiten Band mehr über die gesellschaftliche und politische Geschichte zu erfahren.
Den Kopf schütteln ließ uns auch die Arbeitsweise der Übersetzerin. Im englischen Original bedeuten die Namen der Fraktionen das, wofür sie stehen. Im Deutschen wurden ihnen natürlich schöne, klangvolle aber entfremdete und zum Teil auch sinnfreie Namen verliehen. Musste das wirklich sein?

"Die Bestimmung", der Auftakt zu einer neuen Trilogie, wurde in den USA auf Anhieb Bestseller; die Autorin wird aufgrund ihrer Jugend und tollen Leistung gefeiert. Doch genau diese Jugend ist auch gleichzeitig ihr Schwachpunkt. Denn die zahlreichen Fragen zum Hintergrund der Geschichte, die sich dem Leser stellen, zeigen dass ihr Plot nur halb durchdacht ist. Ein Fehler, den erfahrene Schriftseller im Normalfall nicht machen. Dennoch muss man einräumen, dass der Roman fesselt, dem Leser den Atem raubt und auf dessen Fortsetzung man mit großer Spannung wartet.

Details

  • Autor*in:
  • Band:
    1
  • Verlag:
  • Sprache:
    Deutsch
  • Erschienen:
    03/2012
  • Umfang:
    480 Seiten
  • Typ:
    Hardcover
  • Altersempfehlung:
    14 Jahre
  • ISBN 13:
    9783570161319
  • Preis (D):
    17,99 €

Bewertung

  • Gesamt:
  • Spannung:
  • Anspruch:
  • Humor:
    Keine Bewertung
  • Gefühl:

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