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Fabio, der Geschichtenerzähler

von Marie-Louise Seidel
Rezension von Stefan Cernohuby | 20. September 2009

Fabio, der Geschichtenerzähler

Geschichten zu erzählen ist eines der ältesten Bedürfnisse der Menschheit. Das Phänomen macht dabei vor keiner Altersgruppe halt. So wundert man sich oft, woher Kinder, die noch gar nicht so viel erlebt haben, ihre kreativen Einfälle hernehmen. Im Roman "Fabio, der Geschichtenerzähler" von Marie-Louise Seidel kann man diese Feststellung gleich aus mehrerlei Gesichtspunkten treffen.

Fabio ist ein kleiner Junge und noch weit mehr als das. Er ist auch ein Gnom in einer Fantasiewelt, der nichts mehr liebt, als seinem kleinen Bruder Emilio Geschichten zu erzählen. Geschichten von einer Welt, in der Gnome nicht schon beinahe ausgestorben sind und nur noch an geschützten und versteckten Orten leben. Nein, in seiner Welt ziehen Gnome aus, um große Abenteuer zu erleben. Die Hauptperson seiner Erzählungen ist der junge, wenngleich wackere Prinz Kosimo, der mit einem wichtigen Auftrag von seinem Vater in die Welt geschickt wird. Er soll ein Gegenmittel oder eine Medizin für dessen schleichende und tödliche Krankheit finden. So macht sich Kosimo auf den Weg, um einen Heiler für seinen Vater zu suchen. Dabei macht er nicht nur die Bekanntschaft des jungen Gnoms Nabster, der sich verlaufen hat, sondern viele andere. Das führt nicht nur zu bedeutsamen Ereignissen, sondern auch zu Hass und Kampf. Trotzdem hat er die Gelegenheit, den hilflosen Jungen zurück zu seiner Familie zu bringen. Zudem legt sein Abenteuer interessante Verwandtschaftsverhältnisse auf. Leider vergisst er darüber beinahe seine eigentliche Aufgabe. Etwas, das seinem todkranken Vater nicht unbedingt zugute kommt...
Und dann verliert sich der Erzähler plötzlich in seiner eigenen Geschichte.

Papierfresserchen, der Verlag in der "Fabio, der Geschichtenerzähler" erschienen ist, zeigt starkes Engagement für junge Autoren und junge Leser, was beides sehr lobenswert ist. In diese Sparte ist auch Marie-Louise Seidel einzuordnen. Die heute 17jährige Wienerin schrieb den vorliegenden Roman im zarten Alter von 14 Jahren. Dies erkennt man zwar nicht zwangsläufig an der Naivität der Handlung, wie es bei einigen anderen Jungautoren der Fall ist, jedoch an einer etwas anderen Haltung. So fehlen die typischen versteckten "pädagogisch wertvollen" Botschaften aus Jugendbüchern völlig. Grundsätzlich wäre das kein Problem, denn der erhobene Zeigefinger ist schon seit einer ganzen Weile aus der Mode. In diesem Fall ist das Ergebnis allerdings ein bisschen dramatischer. Kosimo soll seinem Vater das Leben retten, lässt dann aber einfach von der Aufgabe ab und gibt seinem Erzeuger dadurch einem grausamen Schicksal preis. Keine Rede ist davon, dass man eine Aufgabe, die man angefangen hat, auch zu Ende bringen soll. Dass man seine Eltern und seine Familie ehren soll - okay, zumindest letzteres wäre eine quasi-religiöse Botschaft, auf die man in dieser Form verzichten kann. Trotzdem stößt einem das eigentlich "unmoralische" Handeln Kosimos auf, weswegen das Buch trotz seiner spannenden Handlung für Kinder eigentlich nicht empfehlenswert sein kann und darf. Schade, hätte das Buch abgesehen von dieser Haltung durchaus alle Kriterien für ein gutes Jugendbuch erfüllt.

"Fabio, der Geschichtenerzähler" von Marie-Louise Seidel hätte das Zeug zu einem guten Fantasy-Jugendroman. Leider wird das Werk durch eine bestimme pädagogisch sehr fragwürdige Handlung stark in seiner Qualität gemindert. Somit kann das Buch nur äußerst eingeschränkt empfohlen werden. Hier wurde leider eine Geschichte mit viel Potenzial stark beschnitten.

Details

  • Sprache:
    Deutsch
  • Erschienen:
    04/2009
  • Umfang:
    217 Seiten
  • Typ:
    Taschenbuch
  • Altersempfehlung:
    12 Jahre
  • ASIN:
    3940367478
  • ISBN 13:
    9783940367471
  • Preis (D):
    10,9 €

Bewertung

  • Gesamt:
  • Spannung:
  • Anspruch:
  • Humor:
  • Gefühl: