Michaela Holzinger im Interview - Funkensommer
Beitrag von Janett Cernohuby | 03. September 2012
Nachdem die österreichische Autorin Michaela Holzinger bisher nur für ihre Kinderbücher bekannt war, hat sie sich mit 'Funkensommer' zum ersten Mal an einem Jugendroman versucht. Jener Roman, zu dem wir auch eine Rezension verfasst haben, hat für uns aber noch einige weitere Fragen aufgeworfen – nicht nur zum Werk, sondern auch zur Autorin. Fragen, zu deren Beantwortung sich Michaela Holzinger gerne bereit erklärt hat.
Janetts Meinung: Wie bereits erwähnt, hast du mit 'Funkensommer' deinen ersten Jugendroman veröffentlicht. Hattest du schon länger geplant, auch für Jugendliche zu schreiben?
Michaela Holzinger: Beim Schreiben genieße ich eine Sache besonders – die Freiheit. Schließlich passen Kreativität und Freiheit gut zusammen und so versuche ich mir selbst wenige Vorgaben für meine Projekte zu machen. Manchmal gehen die Figuren eben ihre eigenen Wege und bringen dadurch die notwendige Würze mit. So auch bei „Funkensommer“. Zuerst hatte ich nämlich nicht geplant, einen Jugendroman zu schreiben. Die Geschichte entwickelte sich aus einem Schreibwettbewerb heraus. Was anfangs als Kurzgeschichte für Jugendliche mit landwirtschaftlichem Bezug begonnen hatte, wuchs bald zu einem größeren Projekt heran.
JM: Gab es für dich einen handwerklichen Unterschied gegenüber dem Schreiben von Kinderbüchern? Wenn ja, welchen?
MH: Wenn man für Kinder und Jugendliche schreibt, gibt es vor allem eines zu berücksichtigen, das Lesealter. Ein Kinderkrimi ist anders aufgebaut als ein Jugendkrimi, hingegen haben die Krimis im Erwachsenenbereich keinerlei Vorgaben.
Deshalb frage ich mich, bevor ich mit einem neuen Projekt beginne, für wen diese Geschichte überhaupt ist. Ich stelle mir vor, wie ich den LeserInnen von meiner Geschichte erzähle, an welchen Stellen sie mitfiebern oder was sie vielleicht uninteressant finden könnten. So bekomme ich einen guten Eindruck davon, wohin ich mit meiner Geschichte will. Und da Jugendliche andere Sichtweisen, Ansprüche und Lebenseinstellungen haben wie erstlesende Kinder, ist der Schreibprozess für ein Jugendbuch auch anders. Vor allem darf bei Jugendlichen ausführlicher erzählt werden. Und umso ausführlicher die Geschichte erzählt wird, desto komplexer wird sie. Also ist auch der Aufbau der Geschichte vielschichtiger. Es braucht daher mehr Recherchearbeit, mehr Notizzettel, mehr Nachdenkpausen, mehr Schreibzeit, mehr Kaffee, usw.
JM: Was erwartet die Leser in deinem Buch 'Funkensommer'?
MH: „Funkensommer“ ist eine Geschichte wie aus dem Leben gegriffen. Werwölfe oder andere magische Gestalten kommen darin nicht vor … obwohl es in der Geschichte auch um eine alte Legende von einer Moorhexe geht. „Funkensommer“ hat also durchaus mystische, dunkle Züge, aber nur soweit, bis das echte Leben die Grenzen setzt. Ansonsten darf sich der Leser auf eine ordentliche Portion Sommer und Sonne freuen. Auf die erste Liebe. Auf Schmetterlingsgefühle im Bauch. Auf beste Freundschaft. Auf Geschwisterkonflikte und handlungsunfähige Eltern. Und auch auf eine Prise Landleben.
JM: Mit einem Bauernhof hast du dich für einen alltäglichen Schauplatz der Handlung entschieden. Warum hast du dich für einen solchen entschieden und nicht beispielsweise einen Ausflug in die Phantastik unternommen?
MH: Wie anfangs schon erwähnt – dieser Schreibwettbewerb war schuld. ;-) Ich las die Ausschreibung und dachte mir, dass dies doch eine feine Sache für mich wäre. Kurzgeschichten für Jugendliche zu schreiben und nebenbei landwirtschaftliche Themen mit einfließen zu lassen - das sollte auf alle Fälle machbar sein. Immerhin bin ja selbst auf einem Bauernhof aufgewachsen. Und als ich mit meiner Geschichte den 2. Platz belegte, kamen erste Gedanken auf, an der Geschichte dran zu bleiben. Ich probierte es aus ... danach war schnell klar, dass ich dieses Projekt machen muss. Die Figuren drängten förmlich darauf, ihre Geschichte zu Ende zu erzählen. Also fing ich an, ihnen eine Bühne zu bauen und schrieb dabei eifrig mit.
JM: Deine Charaktere sind sehr natürlich und man kann sich als Leser rasch mit ihnen identifizieren. Gibt es einen Charakter, der dir während des Schreibens besonders ans Herz gewachsen ist?
MH: Ja, eine Figur gab es da tatsächlich. Und zwar Hannahs Freund, Finn. Er ist mit seiner Art sehr unaufdringlich und trotzdem immer da, wenn man ihn braucht. Das macht ihn schon sehr sympathisch.
JM: Gibt es auch eine Figur, die dir während des Schreibens besonders auf der Nase herumgetanzt ist oder sich in eine ganz andere Richtung entwickelt hat als ursprünglich geplant?
MH: Jelly, Hannahs beste Freundin, hat sich in der Geschichte wunderbar entwickelt. Anfangs hatte sie noch Jenny geheißen … doch bald merkte ich, dass sie keine Jennifer ist. Sie ist eine Jellena. Mit allem, was dazugehört.
JM: Wird man auch zukünftig Jugendromane von dir zu lesen bekommen?
MH: Ja, ein weiteres Jugendbuch ist schon in Planung. Aber auch einige Kinderbuchideen schwirren derzeit in meiner Schreibwerkstatt herum. Mal schauen, wen ich zuerst einfange.
JM: Welche Rolle spielten Bücher und Geschichten in deiner Kindheit?
MH: Eine riesige! Wenn man bedenkt, dass unser Hof von Feldern und Wäldern umgeben, aber die nächste Spielgefährtin einige Kilometer entfernt war, dann ist der Drang zum Lesen, der sich bei mir in der Kindheit gebildet hat, irgendwie logisch. Schließlich hieß es in meiner Kindheit: Lesen ist Abenteuer im Kopf. Diesem Satz bin ich bis heute treu geblieben.
JM: Wann und wie hast du zum Schreiben gefunden? Warum hast du dich für das Genre Kinder- und Jugendliteratur entschieden?
MH: Ich fing an zu schreiben, als ich in der Schule einigermaßen gelernt hatte, ganze Sätze zu formulieren. Danach folgten Tagebucheintragungen, Gruselgeschichten im Internat, Texte für die Praxiskinder während der Ausbildung zur Sozialpädagogin, usw.
Bis eines Tages die Kinderbücher mit unseren Kindern ins Haus einzogen und ich von ihrer Magie wieder in den Bann gezogen wurde. Ab da war mir klar, dass ich das unbedingt machen will. Ich wollte schreiben. Also setzte ich mich hin und fing an. Dabei schrieb ich immer nur für Kinder. Was anderes kam mir gar nicht in den Sinn ;-)
JM: Wie sammelst du Inspirationen für deine Geschichten? Gibt es einen speziellen Ort, an den du dich zurückziehst oder benutzt du besondere Hilfsmittel?
MH: Inspirationen für meine Geschichten finde ich im alltäglichen Leben. Man muss nur Augen und Ohren offen halten. Ansonsten schreibe ich in meinem Arbeitszimmer, im Garten, im Heuboden oder im Winter gerne vor dem Kachelofen, weil mir sonst die Finger abfrieren. Diese Ortswechsel genieße ich übrigens und mache sie mir auch zunutze. Denn jeder Platz hat eine andere Energie. Auf dem Heuboden entstehen andere Sätze als am Schreibtisch.
JM: Gibt es Vorbilder, die deine Arbeit beeinflussen?
MH: Es gibt bestimmt unzählige Bücher, die mich beeinflusst haben. Viele davon unbewusst. Man liest ja so einiges. Aber ein paar Bücher haben sich natürlich schon extrabreit in meinem Gedächtnis niedergelassen, wie Harry Potter. Den habe ich verschlungen. Außerdem lache ich laut bei Mama Muh, erfreue mich an Petterson und Findus, weine zu den Worten der weißen Königin und kriege schaurig schöne Gänsehaut bei Geisterritter. Und trotzdem versuche ich meinen eigenen Schreibweg zu gehen.
JM: Gibt es ein Thema oder ein Genre, zu dem du schon immer etwas schreiben wolltest, wozu du dich aber noch nicht durchringen konntest?
MH: Ein bisschen liebäugle ich mit der Idee zu einem Erwachsenenroman. Einfach deshalb, weil ich das bisher noch nicht gemacht habe und ich gerne immer in alle Richtungen schreibe. Wie gesagt, die Freiheit ist beim Schreiben schon eine sehr inspirierende Sache.
JM: Wie sehen deine weiteren Pläne und Projekte aus?
MH: Derzeit sitze ich wieder an meinem Schreibtisch und arbeite am nächsten Projekt. Im Herbst stehen Lesungen aus „Funkensommer“ an und im nächsten Jahr erscheinen drei Bücher von mir auf dem Markt. Darauf freue ich mich auch schon sehr, denn ich hab schon einen Blick auf die Illustrationen werfen dürfen und die werden einfach super!
JM: Vielen Dank, dass du dir die Zeit für das Interview genommen hast. Wir wünschen dir viel Erfolg mit deinem Roman und sind auch schon gespannt auf weitere Veröffentlichungen.
MH: Auch euch vielen lieben Dank!