Parzival

von Marit Laurin, Wolfram von Eschenbach
Rezension von Stefan Cernohuby | 01. April 2014

Parzival

Das Fortschreiten der Zeit hat zumindest für Liebhaber des Phantastischen ihre Vorteile. Denn jedes Zeitalter hat seine Legenden und seine Helden, deren Geschichten immer weiter überliefert werden. Das einzige Problem für spätere Generationen, die eine oder andere Saga ist irgendwann nicht mehr in einem zeitgemäßen Format überliefert. Kaum jemand würde heute noch die Verse des Nibelungenliedes ansprechend finden und auch die Saga von Parzival aus dem 12. Jahrhundert würde in ihrer Urform vermutlich nur wenige Menschen begeistern. Aus diesem Grund hat sich Marit Laurin an einer Neufassung der Verse von Wolfram von Eschenbach in Prosaform versucht.

Helden von früher wurden noch nicht gebaut, sondern gezeugt und geboren. So hat auch Parzival eine bewegte Herkunftsgeschichte und einen Vater, der viel in der Welt herumgereist war - und es mit der Treue nicht ganz so ernst nahm - und der ihm von seiner Mutter lange Zeit vorenthalten wurde. Doch selbst in einem einsamen Wald kann Parzival nicht ewig von seinem Schicksal ferngehalten werden. Als er eine Begegnung hat, beschließt er zum Entsetzen seiner Mutter, die ihn genau davon immer abhalten wollte, Ritter zu werden. Sein blendendes Aussehen und seine in der Jagd erlernten Fähigkeiten helfen ihm dabei, bis zum Hofe von König Artus zu gelangen, wobei er seinen eigenen wahren Namen erst kurz zuvor erfährt. Als er daraufhin den Roten Ritter, der im Streit mit Artus liegt, in dessen Namen angreift und tötet, begeht er unwissentlich die erste seiner Sünden. Er legt daraufhin dessen Rüstung und begibt sich in jugendlicher Naivität auf große Fahrt. Auf selbiger kann er so manches Unrecht tilgen, lädt sich jedoch die größte Schande auf, als er in die Gralsburg gelangt und es dort verabsäumt den Gralsherren von seinem Schmerz zu erlösen. Diese Schuld wird ihm aufgebürdet, kurz nachdem er in die Tafelrunde von König Artus aufgenommen wird. Daraufhin begibt er sich auf die Gralssuche und versucht die verwunschene Burg erneut zu finden. Doch bevor er letztlich seine Suche erfolgreich beenden kann, müssen sein Freund Gawan und er noch zahlreiche Abenteuer erleben, wobei sich ihre Wege immer wieder kreuzen.

Tatsache ist, dass gerade der Beginn der Saga in Romanform mitreißend gestaltet ist. Von der Geburt Parzivals an, über seine ersten Abenteuer bis hin zum Beginn seiner Suche ist das Werk wirklich toll zu lesen und sicherlich auch als Jugendroman gut geeignet - abgesehen vielleicht von einer etwas seltsamen Einstellung in Punkto Treue und ritterlichem Verhalten. Denn wie schnell die eine Frau vergessen ist und um die andere geworben wird, ist durchaus bemerkenswert. Auch die Tatsache, dass die Ritter im Buch ohne nachzudenken mit angelegter Lanze losstürmen, sobald sie irgendeinen anderen unbekannten Ritter sehen, ist gelinde gesagt überraschend. Für moderne Erzählungen sind die Helden auch ein wenig zu übermächtig - oder besser gesagt, man könnte sie mit Superhelden vergleichen. Der einzige Unterschied zwischen Parzival und Superman ist, dass letzterer durchaus schon einmal einen Kampf verloren hat. Gegen Ende des Romans wird es ein wenig eintönig, weil sich bestimmte Szenen zigmal wiederholen. Insgesamt kann man jedoch sagen, dass es dem erneuten Versuch, diesmal von Marit Laurin, gelungen ist, Wolfram von Eschenbachs Parzival in Romanform zu bringen. Auch wenn einige Namen von Personen oder Charakteren äußerst seltsam anmuten, kann man das Buch Liebhabern von Sagen und Legenden durchaus empfehlen.

"Parzival" ist nicht nur eine Geschichte in Versform aus dem 12. Jahrhundert von Wolfram von Eschenbach, es gibt auch eine überarbeite Romanfassung von Marit Laurin. Und auch wenn sie nicht in allen Punkten überzeugen kann - ob es sich nun um Rollenbilder, Wiederholungen oder übermächtige Protagonisten handelt - kann man das Werk trotzdem jedem empfehle, der sich für Sagen oder Legenden interessiert.

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