Buchpräsentation Ein Haus voller Zeichen und Wunder
Beitrag von Janett Cernohuby | 25. Juni 2014
Der Wiener Stephansdom ist nicht nur ein weltberühmtes Bauwerk und wichtiges Kulturgut, er ist auch das Wahrzeichen der Stadt Wien schlechthin. Von den Wienern wird er liebevoll 'Steffl' genannt und regelmäßig besucht. Man wird nicht müde, Neues zu entdecken oder Altes wiederzufinden. Damit auch Kinder den Steffl altersgerecht entdecken und erkunden können, präsentieren der DOM und Tyrolia Verlag das Kindersachbuch 'Ein Haus voller Zeichen und Wunder'. Für diese Buchpräsentation wurde kein geringerer Ort als der Dachstuhl des Stephansdom gewählt.
Ein solcher Ort birgt natürlich eine einzigartige Atmosphäre. Zum einen weil ein Buch nirgendwo sonst so glaubwürdig und authentisch präsentiert werden könnte, wie an dem Ort, über den es berichtet. Zum anderen ist der Dachstuhl nicht nur ein gewaltiger Raum, sondern er ist zudem ein eigener Dom im Dom. Er überlebte Jahrhunderte, fast sogar zwei Weltkriege. Fast, denn in den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs legten Plünderer dem Dom gegenüber Feuer. Der Wind trieb den Funkenflug über das Dach und setzte den Nordturm in Brand. Der Dachstuhl - damals noch komplett aus Holz - ging in Flammen auf. Eine Stützmauer brach ein, durchschlug das Gewölbe und zerstörte große Teile des Doms.
Ein langer Wiederaufbau begann, der dank der Spenden zahlreicher Wienerinnen und Wiener finanziert wurde.
In jenen Dachstuhl lud nun der Tyrolia Verlag am 24. Juni 2014 ein, um ein neues Werk zu präsentieren. Für die Besucher gab es zwei Möglichkeiten, den Dachstuhl zu erreichen: bequem über einen zweiten Lift im Nordturm oder sportlich über die Stufen des Südturms. Oben angekommen, benötigte der Besucher einen Moment des Verweilens, um diesen imposanten Saal auf sich Wirken zu lassen. Geschichtliche Kleinode standen in allen Ecken, dazwischen ordentlich aufgetürmt Dachziegel, ein historisches Modell des Stephansdom, eine Stück Außenfassade mit Grabplatten und zahlreiche andere Schätze fingen die Blicke der Besucher ein. Die Veranstalter ließen ihnen Zeit, sich umzusehen und alles in sich aufzunehmen. Wer wollte, konnte auch hinaus auf den (umzäunten) Dachvorsprung treten und ein Stück am Dach entlang gehen. Ein schmaler Weg, der einen fantastischen Blick über den Stephansplatz und die Dächer Wiens bot.
Nach und nach fanden sich die Gäste im Veranstaltungsbereich ein und Dompfarrer Toni Faber hieß alle herzlich Willkommen. Mit seinen Worten leitete er die Buchpräsentation ein und übergab dann das Mikrofon an die Verlagsleiter Dr. Michael Prüller (Wiener DOM Verlage) und Mag. Gottfried Kompatscher (Tyrolia Verlag). Sie berichteten von dem einschneidenden Schritt beider Verlage, bei dem der Wiener DOM Verlag sein Kinder- und Jugendbuchprogramm an den Tyrolia Verlag übergab. Man erhofft sich durch diese Übernahme das Potential dieses Bereiches besser ausschöpfen und natürlich erfolgreicher tätig werden zu können. Es folgten lange Lobreden auf die reibungslose und unkomplizierte Übernahme, bevor das Wort an den Domdekan Karl Rühringer übergeben wurde. Dieser führte nicht nur die Laudatio, er brachte die Sprache auch endlich auf den eigentlichen Star des Abends: das Kinderbuch 'Ein Haus voller Zeichen und Wunder'. Mit seinen ersten Worten outete er sich als Fan des Buches. Gleichzeitig stellte er eine Frage in den Raum, welche er sich auch selbst stellte, als das Buch zum ersten Mal in die Hand bekam und einen Blick in seinen Bücherschrank warf, der bereits zahlreiche Werke über den Stephansdom beinhaltete. Sieben dieser Bücher benannte er und schloss seine Aufzählung mit eben jener Frage, ob man denn noch ein weiteres Werk über den Dom bräuchte.
Ja, war seine eindeutige Antwort. Denn jedes der Bücher hat einen anderen Schwerpunkt, eine andere Ausrichtung. Das vorliegende richtet sich dabei speziell an Kinder, spricht deren Verstand an und will ihre Herzen für den Dom öffnen. Es begegnet Kindern auf Augenhöhe, geht gezielt auf die Fragen ein, die sie stellen und berichtet von Dingen, die sie interessieren. Das zeigt, dass das Buch aus den Erfahrungen heraus geboren wurde, welche die Autorinnen bei ihren Kinderführungen sammelten.
So gesehen ist das Buch eine Liebeserklärung an den Stephansdom, was auch Autorin Annemarie Fenzl bestätigte. Sie berichtete über ihre Motivation zur Schaffung des Kinderbuchs. Darin ließ sie viele Erfahrungen aus ihren Kinderführungen, die sie im Stephansdom hält, einfließen. Sie betonte aber gleichzeitig auch, welcher kulturelle Werteverfall sich ihr dabei zeige. Fragen wie jene, wer denn die Frau mit dem Baby auf dem Arm sei, erschrecken sie. Hier ginge es nicht nur um religiöse Erziehung, hier ginge es auch um kulturelle Erziehung.
Doch noch etwas fällt der Autorin regelmäßig auf, wenn sie ihre Führungen macht. Die Menschen achten immer weniger auf die kleinen, versteckten Details. Sie betreten die Kirche (ohne wenigstens einen Gruß an Jesus zu richten), schauen alles an und übersehen trotzdem so viel. So gehen viel Wissen, viele Sagen und viele Legenden verloren. Das Buch soll diese ein Stück weit erhalten und weitertragen. Es soll ein Stück Heimatgefühl wecken und vermitteln. Schließlich haben die Wienerinnen und Wiener seit jeher eine besondere Beziehung zu ihrem Steffl.
Die zweite Autorin des Werks, Lene Mayer-Skumanz, ließ die Buchpräsentation mit der Lesung von drei ausgewählten Textstellen ausklingen. Mit der ersten führte sie die Zuhörer zuerst zum Neidhard-Grab, welches sich links neben dem Singertor befindet. Daran schließt die Sage - zumindest in Auszügen - vom heiligen Koloman an. Und mit einem Gebet an die heilige Anna, der Großmutter Anna, beendete Lene Mayer-Skumanz nicht nur ihren Vortrag, sondern auch die Buchpräsentation.
Bei einem Glaserl Weiß- oder Rotwein konnte man noch einmal den Blick durch den Raum oder vom Dachvorsprung über die Dächer Wiens schweifen lassen. Über die Stufen des Südturms ging es dann wieder hinab in die Straßen Wiens. Es war fast, als würde man aus einer anderen Welt wieder in die Realität hinaustreten.
Was bleibt am Ende? Die Erinnerung an eine gelungene und wieder einmal sehr gut organisierte Buchpräsentation des Tyrolia Verlags. Es bleiben gesagte Worte von Autorinnen, Verlegern und Geistlichen. Und es bleibt ein Buch über 'Ein Haus voller Zeichen und Wunder', das hoffentlich ganz viele junge Leser erreichen wird.