Manfred Baur spricht über Klima, Wettergeschehen und Klimawandel

"Wir haben eine Verpflichtung unseren Kindern gegenüber..."

Beitrag von Janett Cernohuby | 27. Oktober 2019

Derzeit wird viel über das Klima gesprochen. Doch was ist das überhaupt, Klima? Was hat das Klima mit dem Wetter zu tun oder ist das etwa das gleiche? Was ist Klimawandel, gibt es die Klimakatastrophe wirklich und kann man irgendetwas daran ändern? Manfred Baur, Autor in der WAS IST WAS-Kindersachbuchreihe, hat sich diesem Thema angenommen und erklärt Klima mit allem was dazu gehört in einem neuen WAS IST WAS-Band. Wir haben den Autor auf der Buchmesse Frankfurt getroffen, wo er nicht nur spannende Vorträge zum Thema hielt, sondern auch Zeit für ein Interview mit uns hatte.

Manfred Baur Klima - Eiszeiten und Klimawandel

Lieber Manfred, du bist mit einem ganz besonderen WAS IST WAS-Buch nach Frankfurt gekommen. Klima. Was ist das überhaupt, Klima?

Das ist die große Frage, die ich in meinem neuen Buch beantworten will und auf die viele Menschen junge wie ältere – oft keine Antwort geben können. Beim Wetter hat man noch eine ungefähre Vorstellung: Wetter ist das, was man sieht, wenn man aus dem Fenster guckt oder was man spürt, wenn man vor die Tür tritt. Wenn die Sonne scheint, kann man die Sonnenbrille aufsetzen. Wenn es schneit, kann man Ski fahren gehen. Wenn es windet, kann man Drachen steigen lassen. Das alles ist Wetter. Es sind die kurzfristigen Ereignisse, die sich in der Troposphäre, also der Wetterschicht abspielen.

Klima hat zwar mit dem Wetter zu tun, entzieht sich aber unserer unmittelbaren Erfahrung. Klima ist das Wetter etwa einer Region über einen längeren Zeitraum betrachtet. Klima kann man auch über den ganzen Globus mitteln, dann spricht man vom globalen Klima. Typischerweise nimmt man einen Zeitraum von mindestens 30 Jahren. Das sind Zeiträume, die unsere jungen Leser gar nicht überblicken können, da sie erst 8 oder 10 Jahre alt sind. Wir Älteren könnten das überblicken, aber unsere Erinnerungen sind wirklich miserabel und statistisch nicht verwertbar. Wir erinnern uns besonders an die schönen Sommertage am Badesee oder den meterhohen Schnee in der Kindheit. Um das Klima beschreiben zu können benötigen wir aber verlässliche lückenlose Wetteraufzeichnungen über Jahrzehnte.

Und dafür gibt es dann die Klimaforschung?

Meteorologen zeichnen das Wetter genau auf und können so das jüngere Klima recht gut beschreiben. Es geht aber auch darum, in der Klimageschichte der Erde noch weiter zurückzuschauen. In Zeiten, bevor es meteorologische Wetteraufzeichnungen gab. Da gibt es natürliche Klimaarchive, wie Eisbohrkerne aus Grönland oder aus der Antarktis. Man will ja wissen, wie das Klima früher war, etwa in der Eiszeit, die sich ganz grob etwas mehr als 2,5 Mio. Jahre erstreckte und in der wesentliche Entwicklungsstufen der Menschheit stattgefunden haben. Klimawandel hat die Vormenschen hervorgebracht und die Entwicklung zur Gattung Mensch wesentlich beeinflusst.  Homo rudolfensis, der älteste Vertreter der Gattung Mensch, Homo erectus, Neandertaler und schließlich der moderne Mensch – alle sind sie Kinder der Umweltbedingungen und damit des Klimas.
Als der moderne Mensch ein Leben als Jäger und Sammler führte, gab es grob geschätzt nur wenige Millionen Menschen, heute leben 7,7 Mrd. Menschen auf dem Planeten - und damit sind wir beim Hauptproblem. Auch wenn der Band „Klima“ heißt, beschäftigt er sich neben den Grundlagen des Wettergeschehens und der Klimaprozesse, viel mit dem Klimawandel. Erstmals in der Geschichte der Menschheit hat der Mensch gewaltigen Einfluss auf das Klimageschehen. Der Mensch bringt Substanzen in die Erdatmosphäre ein, die er zuvor nicht in diesen großen Mengen eingebracht hat. Und das führt zu einer globalen Erwärmung des Planeten.

Manfred Baur Klima - Eiszeiten und Klimawandel

Das heißt, das Klima hat sich in der Erdgeschichte immer wieder verändert?

Ja, aber man muss relativieren. Es gibt - und darauf gehe ich im Buch auch ein - Regulationsmechanismen, die das Klima oft über einen längeren Zeitraum stabilisieren konnten. Der Kohlenstoffkreislauf, bei dem es um die Einbringung von CO2 über Vulkanismus in die Atmosphäre geht, und um die Entnahme über Erosionsphänomene der Gebirge und des Gesteins. Die Erosion bindet das am Ende als Sediment  vorläufig auf dem Meeresboden deponiert wird. Das ist ein Regulationsmechanismus, der über Millionen von Jahren wirksam ist - und daher sehr träge ist. Der Kohlenstoffkreislauf hilft uns also bei unserer derzeitigen, extrem schnellen Einbringung von CO2 nicht weiter. Wir sind zu schnell im Freisetzen großer Mengen CO2, indem wir Kohle, Erdöl und Erdgas verbrennen oder auch große Waldflächen abholzen und brandroden. Das führt zu einem künstlichen Treibhauseffekt und zur Erderwärmung.
Dabei dürfen wir den Treibhauseffekt nicht grundsätzlich verteufeln. Der natürliche Treibhauseffekt ist sogar sehr wichtig für das Leben auf der Erde. Wenn wir den nicht hätten, dann herrschten statt 15°C globaler Durchschnittstemperatur lediglich -16°C, das wäre sehr frostig. Doch dem natürlichen Treibhauseffekt liegt ein deutlich geringerer CO2 – bzw. Treibhausgasgehalt der Atmosphäre zugrunde. Die Menge macht den Unterschied zwischen Gut und Schlecht!

Auf diese Missstände machst du in deinem Buch aufmerksam?

Dieses Buch soll in erster Linie Spaß machen, am Erkennen von Zusammenhängen, an den Prozessen in der Natur und in unserer Umwelt. Denn letztendlich würde es uns nicht geben, wenn wir keinen Klimawandel hätten. Für die Entwicklung des Lebens, der Evolution, war der Klimawandel stets ein wichtiger Faktor.
In seinem jüngsten Bericht sagte der Weltklimarat sinngemäß, es sei ernst, aber wir hätten noch die Möglichkeit zu handeln und dem Schlimmsten entgegenzuwirken. Allerdings müssten wir schnell handeln.
Es gilt also keine Zeit mehr zu verlieren und das haben auch die jungen Menschen erkannt. Deswegen endet der Band mit dem Verlangen nach weltweiten Klimaschutz. Nach der Lektüre sollte der jüngere aber auch ältere Leser durch seine Wohnung, ja durch sein Leben gehen und überlegen, wo er einsparen könnte, um damit seinen CO2 Fußabdruck verkleinern könnte.

Dir ging es also beim Schreiben nicht nur darum darzustellen, was Klima ist, sondern du wolltest auch einen Denkanstoß mitgeben?

Im Prinzip ja. Jeder, der die Zusammenhänge kennt, weiß auch, was zu tun ist. Bei Vorträgen frage ich gerne: Unser Haus brennt und was macht man, wenn das Haus brennt? Man ruft die Feuerwehr. Und was macht die? Die löscht. Aber die löscht nicht morgen oder übermorgen, sondern sofort. Genauso ist es: Unser Planet brennt und wir müssen ihn sofort löschen. Und jeder kann zum Löschen beitragen.

Manfred Baur Klima - Eiszeiten und Klimawandel

Im Buch zeigst du auf, welche Auswirkungen zusätzliche Erwärmungen von 1,5°C bis  5°C mehr auf die Erde hätten.

Klimaforscher sprechen ja nicht von Prognosen, so wird es werden, sondern sie haben Klimamodelle, die in der Vergangenheit verifiziert worden sind. Wir dürfen uns auf gar keinen Fall ein Klimaziel von + 5°C vornehmen. Das wäre eine Katastrophe. Schon 2°C mehr haben schwerwiegende Folgen. Idealer und mit großer Anstrengung verbunden wäre ein Plus von 1,5°C. Da könnte man das Gröbste verhindern, darum sollte das eigentlich unser Ziel sein. Das würde aber auch bedeuten, sofort zu handeln. Sofort die richtigen Maßnahmen zu treffen und politisch richtige, ordentliche Klimapakete zu schnüren. Auch die Industrie muss sich Gedanken machen und ihren Teil beitragen.

Man kann auch persönlich dazu beitragen, indem man sagt, ich nutze nicht mehr so viel das Auto oder Flugzeug, sondern steige auf die Bahn um.

Ich persönlich mache keine privaten Fernreisen mehr, sondern verbringe - als Münchner - meinen Urlaub gerne am Chiemsee. Auch dort kann man karibische Gefühle haben. Dort gib es Wasser, dort kann man wunderbar Radfahren und es gibt auch noch Berge.
Würde ich ein, zwei oder drei Mal im Jahr in den Urlaub fliegen und Fernreisen unternehmen, dann wäre meine Klimabilanz katastrophal.

Wir haben eine Verpflichtung unseren Kindern gegenüber, die in ein paar Jahren unseren Planeten übernehmen werden, inklusive aller Schäden. Sie können aber nicht sagen, nein, wir treten dieses Erbe nicht an. Denn das ist unser einziger Planet, es gibt keinen Planeten B, auf den man ausweichen könnte. Jeder, der den Planeten Erde benutzt, sollte ihn pfleglich behandeln, damit er auch in Zukunft bewohnbar bleibt.

Manfred Baur Klima - Eiszeiten und Klimawandel

Auf diese und viele weitere Themen gehst du in diesem WAS IST WAS-Band ein.

Der Band beinhaltet die Grundlagen zu Wetter und Klima. Das ist kein einfaches Thema, da die Zusammenhänge sehr komplex sind. Aber man muss die Zusammenhänge in groben Zügen begreifen, um zu verstehen, was wir Menschen dem Klima verdanken und warum und wie wir es schützen sollten.

Dann wünschen wir uns, dass ganz viele junge Menschen dieses Buch lesen, sich dafür interessieren und sich natürlich für den Klimaschutz einsetzen.
Manfred, vielen Dank, dass du dir hier auf der Frankfurter Buchmesse die Zeit für unsere Fragen genommen hast.


 

WAS IST WAS Klima - Eiszeiten und Klimawandel
WAS IST WAS: Klima - Eiszeiten und Klimawandel
Manfred Baur

Tessloff Verlag
Gebundene Ausgabe, 48 Seiten
ISBN: 978-3-7886-2110-0
Alter: ab 8 Jahre
Preis: 9,95 €

Klima – was ist das eigentlich? Diese Frage, die man getrost zuerst stellen kann, wird auch gleich als erste beantwortet. Zunächst wird eine Biologin vorgestellt, die im brasilianischen Regenwald Messungen auf einem Turm durchführt. Doch ist das bereits Klimaforschung? In diese Kerbe schlägt das nächste Kapitel, das die klare Unterscheidung zwischen Wetter und Klima näher ausführt. Denn Klima ist Wetter – aber eben über einen Zeitraum von mindestens 30 Jahren betrachtet. Doch um zu verstehen, wie sich Wetter und Klima entwickeln, benötigt man Hintergrundwissen über die Erde. Daher werden die Erdatmosphäre, unterschiede Klimazonen, die Sonne als Klimamotor und auch der natürliche Treibhauseffekt, der Leben auf der Erde erst möglich macht, vorgestellt. Aber auch auf den Kohlenstoffkreislauf, die Rolle der Pole und Ozeane mitsamt ihren Strömungen, wird eingegangen. Klima und Klimaveränderungen gibt es schon seit Urzeiten, daher reist man einmal quer durch die Erdzeitalter um zu verstehen, wie sich das Erdklima im Laufe der Jahrmillionen verändert hat und welche Auswirkungen auf das Leben kleinere und größere Schwankungen von Temperatur und Klima haben. Zuletzt wird auf die Rolle des Menschen eingegangen, der aktuell durch seinen Einfluss einen massiven Temperaturanstieg begünstigt. Etwas, das derzeit durch alle Medien geht, was hier ebenfalls thematisiert wird – inklusive Tipps dafür, was jeder selbst tun kann, um die drohende Klimakatastrophe zumindest abzumildern.

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Manfred Baur spricht über Klima, Wettergeschehen und Klimawandel