Suza Kolb im Interview

Beitrag von Janett Cernohuby | 26. Oktober 2016

Ein junger störrischer Esel, ein dickköpfiger kleiner Ziegenbock, und schon hat man zwei großartige Helden für eine neue Kinderbuchreihe. Konkret geht es um Suza Kolbs lustige Serie "Der Esel Pferdinand", deren erster Band vor einigen Wochen unter dem Titel "Pferdsein will gelernt sein" erschienen ist. Wir haben uns mit der Autorin auf der Buchmesse Frankfurt 2016 getroffen und ein wenig über Esel, Ponys und Buchprojekte gesprochen.

Janett Cernohuby
Mit "Der Esel Pferdinand" haben Sie eine neue Kinderbuchreihe über Reittiere gestartet. Was erwartet die Leser in dieser?

Suza KolbSuza Kolb
Ein Esel ist ein ganz anderes Tier als ein Pferd. Ferdinand macht weniger Blödsinn, als dass er nach seinem Ich sucht. Damit regt die Reihe mehr zum Nachdenken an, im Gegensatz zur „Haferhorde“, bei der es um Spaß und Fetz geht. Ferdinand ist ein bisschen ernsthafter, aber auch nicht zu ernsthaft. Er macht seine ersten Schritte hinaus in die Welt - genauso wie Kinder. An seiner Seite steht sein Freund Paule, ein Ziegenbock.

Janett Cernohuby
Die neue Reihe dreht sich einmal nicht um Pferde oder Ponys, sondern um Esel. Warum? Was gefällt Ihnen an diesen Tieren besonders?

Suza Kolb
Ich habe ein wenig Kontakt mit Eseln gehabt und mich in sie verliebt. Selbst bin ich ja seit frühester Kindheit ein Pferde-Fan. Das sind meine absoluten Lieblingstiere und Reiten war mir schon immer wichtig. Aber ich gehe auch mit meinen Pferden spazieren.
Momentan ist es in Mode gekommen, mit Eseln wandern zu gehen. Mein Mann sagte unlängst zu mir „Lass uns einfach mal zwei Wochen in den Ardennen oder anderswo mit Eseln wandern gehen.“ Ich war erstaunt, da er mich sonst nie in den Stall begleitet und nun will er mit Eseln durchs Gebirge wandern? Ich habe ihn gefragt, ob er Esel kennt. Bei Pferden kenne ich mich aus und habe auch kein Problem mich durchzusetzen, wenn sie mal störrisch sind. Schließlich habe ich auch schon junge Pferde ausgebildet. Aber bei Eseln?
Da habe ich angefangen, mich mit Eseln zu beschäftigen und interessante Sachen erfahren. Esel sind nicht nur launisch, sondern sie sind sehr philosophisch. Sie überlegen, ob sie etwas tun sollen oder nicht. Es gibt einen Spruch: Einem Pferd befiehlt man etwas, einen Esel bittet man um etwas.
Esel gehen nicht mit jedem mit. Auch sind sie sehr mutig. Daher werden sie in der Lausitz und in der Lüneburger Heide, wo sich Wölfe wieder anzusiedeln beginnen, als Herdenschutztiere für Schafe eingesetzt.

Wenn man mit Eseln spazieren geht, ist man geerdet und wird selbst ruhig. Da kam mir der Gedanke, dass Esel viel bessere Tiere sind, um Kinder an Reittiere zu gewöhnen. Auch wenn ein Eselrücken nicht fürs Reiten gemacht ist, können Kinder bis 40 kg auf Hauseseln reiten. Obendrein haben Esel ganz viele Stärken. Sie sind Herdenschutztiere, können Treppensteigen und sind schwindelfrei. Dieses Wissen versuche ich in meinen Büchern auch zu vermitteln.

Janett Cernohuby
Trotzdem möchte Ferdinand am Ende ein Pferd sein?

Suza Kolb
Ja. Pferde sind eben sehr schick und elegant und davon lässt sich Ferdinand beeindrucken.

Janett Cernohuby
Nun gelten Esel gemeinhin als sehr störrische Tiere. Ist Ihnen Ferdinand während des Schreibens auch ab und zu auf der Nase herumgetanzt?

Suza Kolb
Ja, schon. Es ist ja in der Tat so, dass sich Charaktere verselbstständigen. Auch Ferdinand wollte sich gelegentlich durchsetzen. Aber am meisten ist mir eigentlich Paule auf der Nase herumgetanzt.

Janett Cernohuby
Gibt es für Ferdinand eine reale Vorlage, die Sie zum Schreiben inspiriert hat?

Susa Kolb
Nein. Ich habe inzwischen ganz viele Eselwanderungen gemacht - aber noch nicht mit meinem Mann durch die Berge. Ich habe nach Eselbesitzern gesucht, die tatsächlich mit Kindern arbeiten, Kindergeburtstage und Eselnachmittage ausrichten. Und ich glaube, ich werde mir jetzt tatsächlich zwei Esel kaufen. Zwei Tiere deshalb, weil ähnlich wie Kaninchen und Meerschweinchen, sich Pferd und Esel nicht vertragen.
Es gab keine konkrete Vorlage für Ferdinand. Anders als bei der Haferhorde kam Ferdinand von ganz alleine. Dafür kenne ich einen Ziegenbock, der mit einem Alpaka befreundet ist. Der ist mir auf einer kleinen Alm begegnet.

Janett Cernohuby
Gibt es schon ein zweites Abenteuer mit und über Ferdinand? Ab wann kann man es im Buchladen kaufen?

Suza Kolb
Ich habe schon das Dritte fertig. (lacht)
Der zweite Band wird Anfang 2017 erscheinen. So viel darf ich verraten: Ferdinand bemüht sich weiterhin ein Reitpferd zu werden. Er kommt einen Schritt weiter und darf seine Rückenmuskeln stärken. Natürlich wird es auch wieder ein Abenteuer geben, in dem eine Eselstärke gezeigt wird. Eine, die Ferdinand eigentlich ablegen wollte.
Aber mehr verrate ich noch nicht.

Janett Cernohuby
Welche Zielgruppe wollen Sie mit den Büchern erreichen?

Suza Kolb
Kinder ab sieben Jahren sowie Jungs und Mädchen gleichermaßen. Ich lege mich ungern auf eine Gruppe fest, daher richtet sich Ferdinand auch an beide Leserschaften. Denn auch Jungs lieben Pferdebücher.

Janett Cernohuby
Mit "Die Haferhorde" haben Sie eine weitere Pony-Reihe geschrieben. Was fasziniert Sie an Pferden und Ponys?

Suza Kolb
Obwohl keiner in meiner Familie Tiere hat, ist mir die Liebe zu diesen Tieren in die Wiege gelegt worden. Meine Mutter hat immer gesagt, ich bin an die Koppel gekommen und alle Pferde kamen zu mir.
Ich glaube, ich habe einen besonderen Draht zu Tieren. Erst neulich suchte eine Ziege bei mir Schutz vor einem Hund. Dabei habe ich vor Ziegen eigentlich Respekt.  
Mit Pferden arbeite ich schon sehr lange. Mein Pferd ist mein Teampartner, mit dem ich spreche und der genauso viel Spaß daran haben muss, mit mir zu arbeiten, wie ich mit ihm. Deswegen muss man die Tiere auch lesen können. Ich kann an einem Tiergesicht sehen, ob es ihm gut geht.

Janett Cernhuby
Könnten Sie sich vorstellen, auch einmal in einem anderen Kinderbuch-Genre zu schreiben? In dem es vielleicht um beste Freundinnen geht oder um Abenteuergeschichten für Jungs?

Suza Kolb
Ja, also ehrlich gesagt habe ich da schon etwas fertig. Da geht es dann wirklich um Kinder. Aber ich darf natürlich noch nichts verraten. Nur so viel: Es wird Suza Kolb-mäßig werden. Mit der „Haferhorde“ habe ich ganz unbewusst einen eigenen Stil geschaffen und in dem schreibe ich weiter.

Janett Cernohuby
Es heißt immer wieder, Kinder lesen zu wenig. Können Sie das auch bestätigen oder ist dies eher ein subjektives Empfinden?

Suza Kolb
Ich würde mal sagen, dass es sich schon immer weiter verbreitet, dass Kinder keine Bücher mehr zuhause haben. Das beobachte ich an den Grundschulen und an den Mittelschulen.
Dass Kinder bis zur fünften Klasse weniger lesen, glaube ich nicht. Es haben zwar mehr ein Tablet und Handy und wischen wild drauf rum, doch der Trend zu weniger lesen liegt daran, dass es sich die Eltern einfacher machen. Dass sie das Kind lieber vor ein Tablet setzten, was keine Sendepause hat. Dennoch lesen noch immer viele Kinder

Janett Cernohuby
Was muss ein gutes Kinderbuch Ihrer Meinung nach haben, damit es Kinder auf der einen Seite anspricht, auf der anderen aber auch motiviert, weiterzulesen?

Suza Kolb
Das Buch muss spannend und witzig sein. Ich selbst habe immer ungern Problembücher gelesen. Ich muss lachen können, einfach mal unbeschwert sein. Denn der Alltag bringt genug Sorgen und Druck mit sich. Trotzdem sollte es einen Bezug zur Alltagswelt der Kinder geben. Der Charakter soll Kinder abholen und darf auch Sorgen haben.

Janett Cernohuby
Es gibt immer wieder Listen mit den besten Kinderbüchern aller Zeiten. Mit Klassikern, die jedes Kind gelesen haben muss. Welche Kinderbücher haben Sie durch Ihre Kindheit begleitet?

Suza Kolb
Es gibt auf jeden Fall die Klassiker, die unsterblich sind. Wie Erich Kästner oder Astrid Lindgren. Sie sind zeitlos und sind zudem auch ein Vorbild für Kinderbuchautoren.
Meine Söhne haben sie gelesen, ebenso „Räuber Hotzenplotz“ und „Tom Sawyer“.

Janett Cernohuby
Welches Buch sollte Ihrer Meinung nach in keinem Kinderzimmer fehlen?

Suza Kolb
Pipi Langstrumpf – ich war ein großer Fan von ihr. Ebenso war ich ein Fan der Abenteuerreihe von Enid Blyton. Das hat mich schon begleitet.

Janett Cernohuby
Was sind Ihre nächsten Pläne und Projekte?

Suza Kolb
Die Haferhorde geht weiter und im Januar erscheint Band sieben. Zudem arbeite ich noch an einem weiteren Projekt mit nur zwei Beinen.
 
Janett Cernohuby
Vielen Dank für Ihre Zeit und das Interview. Ich wünsche Ihnen noch viel Spaß auf der Messe.

Suza Kolb im Interview