Interview mit Max von Thun

"Das Buch ist ein Geschenk an meinen Sohn."

Beitrag von Janetts Meinung | 23. Oktober 2018

Abends, wenn es dunkel wird, macht sich der Sandmann auf die Reise und bringt den Kindern auf der Erde die schönsten Träume. Währenddessen knipst der Mann im Mond seine Laterne an und leuchtet ihm den Weg. Doch wer setzt eigentlich die vielen großen und kleinen Sterne an den Nachthimmel und sorgt dafür, dass sie nachts in die Kinderzimmer leuchten? Na klar, der Sternenmann. Über ihn hat Max von Thun ein ganz bezauberndes Bilderbuch geschrieben. Wir haben den Schauspieler auf der Frankfurter Buchmesse getroffen und ihm einige Fragen zu seinem ersten Bilderbuch gestellt.

Interview mit Max von ThunMit "Der Sternenmann" ist ein zauberhaftes Bilderbuch erschienen. Worum geht es in der Geschichte?

Der Sternenmann ist zunächst einmal eine der wenigen Figuren, die nie beschrieben wurden. Es gibt den Sandmann, den Mondmann…
Der Sternenmann ist dafür zuständig, die Sterne abends am Firmament zu verteilen, damit sie zur Freude der Kinder in die Zimmer leuchten können. Eines Abends fällt ihm auf, dass sein kleinster Stern abhandengekommen ist. Es beginnt eine Suche, die den Sternenmann zu den bekannten Figuren führt: zum Sandmann, zum Mondmann, zur Sonne - und er trifft eine Astronautin, die vorbeifliegt. Alle fragt er, aber niemand hat den kleinen Stern gesehen. Der Sternenmann weiß nicht mehr, wo er noch suchen soll und geht zurück nach Hause. Dort entdeckt er den Stern, baut ihn wieder auf, macht ihm Mut und sagt ihm, dass es nicht schlimm ist, wenn man klein oder schwächer ist. Jeder hat seinen Platz und wir alle sollten auch unterschiedlich sein. Das macht die Welt viel interessanter.

Ist das die kleine Botschaft des Buchs?

Ja und es ist nicht nur eine kleine, sondern eine ganz große Botschaft. Das war mir beim Schreiben gar nicht so bewusst. Die Geschichte entstand eher zufällig, ohne große Ambitionen.
Natürlich sind das in Österreich und Deutschland gerade große Themen. Ich bin der Meinung - so wurde ich erzogen - dass eine Kultur spannend ist, wenn viele Einflüsse vorhanden sind. Wenn man weltoffen ist und die Welt als spannenden Ort sieht, an dem man ganz verschiedene Kulturen und Menschen treffen kann. Und nicht dieses Abschotten und sagen, wir machen alles dicht.

Wie kamen Sie auf die Idee zu der Geschichte?

Ich bin als Schauspieler viel unterwegs, übernachte in Hotels und kann dann nicht zuhause bei meinem Sohn sein, um ihn ins Bett zu bringen. Ich kann ihm nicht vorlesen oder vorsingen. Da kam mir die Idee, ihm ein paar Schlaflieder zu komponieren. Ich habe ein kleines Studio zuhause, in dem ich die Lieder aufgenommen habe. Von diesem Moment an hat sie mein Sohn immer dann, wenn ich weg war, vorgespielt bekommen. Abends auf seiner kleinen Box. So habe ich ihn in den Schlaf gesungen, obwohl ich gerade irgendwo in einem Hotel und in einer anderen Stadt war. Das fand ich sehr schön und mittlerweile gibt es acht solcher Schlaflieder. Die greifen immer Themen auf, für die sich mein Sohn zu der jeweiligen Zeit interessierte: Er hatte eine Tigerphase und eine Baggerphase. Das wird alles in den Liedern verarbeitet - und es gibt eben auch den Sternenmann. Das war eines der ersten Lieder, die wir zusammen geschrieben haben. Mein Sohn hat am Xylophon eine Melodie gespielt, die habe ich übernommen und daraus ist der Sternenmann entstanden. Eines Tages, er war gerade am Einschlafen, die Musik lief, da kam mir der Gedanke, dass man die Geschichte des Sternenmanns doch mal aufschreiben könnte.

Interview Max von Thun

Das Lied, das Sie gerade erwähnten, kann man sich auf der Verlagsseite anhören.
 
Das ist auch die Originalversion, die mein Sohn immer hört. Es wurde nichts neu aufgenommen, ich wollte das so authentisch wie möglich halten.
Als sich mir die Möglichkeit geboten hat, die Geschichte zu veröffentlichen, war mir ziemlich schnell klar, dass ich das genauso will. Für mich ist das aber kein Geschäftsmodell, sondern es ist ein Geschenk an meinen Sohn. Darum auch die Widmung im Buch. Es ist sein Buch, sein Ding und die Veröffentlichung lediglich eine Möglichkeit, die Geschichte schön aufzumachen. Und nebenbei dürfen auch andere Kinder es kaufen, lesen und genießen. Aber ich habe es wirklich für meinen Sohn gemacht.

Und wie gefällt es Leo?

Toll. Wir lesen überhaupt sehr viel und sehr unterschiedliche Bücher. Den Sternenmann kennt er natürlich schon lange, daher sind neue Bücher erst einmal interessanter. Als ich die ersten Exemplare bekommen habe, haben wir dem Kindergarten auch eines geschenkt. Das wurde dann gleich im Morgenkreis vorgelesen. Die Kindergärtnerin erzählte mir später, dass mein Sohn ein paar Zentimeter größer war als sonst. Er war sehr stolz. Übrigens hätten die anderen Kinder zuhause gefragt, wann sie denn jetzt ihr eigenes Buch bekämen. Der Leo hat seines schon.
Leo findet das irgendwie lustig. Am 25. November haben wir in München eine Lesung, quasi ein Heimspiel. Da ist er dann auch dabei. Ich habe ihm erklärt, dass das sehr skurril wird, denn alle Menschen kommen wegen ihm. Gäbe es ihn nicht, dann gäbe es das Buch nicht. Ich habe ihn gefragt, ob er auch auf die Bühne kommen möchte. Er sagte nein. Jetzt haben wir einen Deal, dass ich sagen darf, er sei da, aber nicht verraten werde, wo er sitzt. Er findet das lustig.

Die Illustrationen im Buch stammen von Marta Balmaseda. Wie haben Sie sich gefunden?

Ganz ursprünglich hatte ich für kurze Zeit den Ehrgeiz, die Bilder selber zu zeichnen, da ich früher viel gezeichnet habe. Aber vermutlich hätte der Sternenmann dann auf jeder Seite anders ausgesehen. Der Verlag arsEdition hat mir Marta Balmaseda vorgeschlagen. Es gab die ersten Gespräche, die eine große Herausforderung waren. Die Geschichte entstand bei mir zuhause, im Wohnzimmer, und plötzlich wurde ich gefragt, wie der Sternenmann aussehen soll. Ich habe mich dann dabei ertappt, dass ich mir darüber noch gar nicht so viel Gedanken gemacht habe. Marta hat mir viele Vorschläge gezeigt.
Die Bilder entstanden auch in sehr enger Absprache mit meinem Sohn. Zum Beispiel war der Hund vom Sternenmann anfangs eine Katze. Da wir beide Hunde lieber mögen, wurde aus der Katze ein Hund mit Namen Carlchen, denn mein Sohn heißt mit drittem Vornamen Carl.
So sind viele Details nach den Wünschen meines Sohns entstanden. Er wollte, dass der Sternenmann einen Umhang trägt, weil er selber in der Superheldenphase ist und Batman mag. Ich habe mit Marta ganz viele verschiedene Entwürfe gemacht, wie das Flugmobil oder die Landschaft aussehen sollen. Der Sternenmann lebt ja schließlich auf einem anderen Planeten. Ich hatte zwischenzeitlich schon die Angst, Marta würde mich hassen, weil ich immer wieder mit anderen Vorstellungen kam.
So haben wir uns gefunden und jetzt bin ich sehr froh über die Zusammenarbeit. Die Illustrationen kommen bei allen Lesern sehr gut an. Ich bekomme viele Zuschriften von Eltern, die es toll finden, dass wir eine Astronautin im Buch haben. Ihre Töchter möchten nun auch Astronautin werden. Sie finden es schön, dass hier kleinen Kindern schon gezeigt wird, dass Berufe nicht geschlechterspezifisch sind, sondern jeder alles machen kann.

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Das Buch greift also viele aktuelle Themen auf.

Ja, ich bekomme auch Briefe von Eltern die mir schreiben, dass sie nach der Lektüre des Buchs auch viel darüber reden.
Die Geschichte enthält auch diese Message zu einem alltäglichen Thema aus dem Kindergarten: Einer ist blöd, weil er kleiner ist als die anderen. Man muss Kindern klar machen, dass er nicht blöd ist, nur weil er kleiner ist. Dafür hat er andere Stärken und die muss man herausfinden.
Es war nie angedacht, dass das Buch so pädagogisch wird. Aber es scheint so zu sein. Es ist ein Spaßprojekt und jetzt bin ich umso glücklicher, dass so tolle Sachen um das Buch passieren. Dass ich Lesungen vor Kindern halten. Das hätte ich alles nie erwartet.

Wie sind diese Lesungen vor Kindern?

Lustig! Kinder sind ein anderes Publikum. Sie reagieren ehrlicher und sind mit Begeisterung dabei. Lesungen mit Kindern sind viel lebendiger. Ich spiele dann auch einige meiner Schlaflieder und sehe, wie sie ankommen.

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Werden Sie weitere Kinderbücher schreiben? Wie sehen Ihre Pläne aus?

Ausschließen will ich gar nichts, aber ich habe dieses Buch für meinen Sohn geschrieben. Was ich nicht machen kann, ist noch einmal so ein Bilderbuch mit einem weiteren Abenteuer vom Sternenmann herauszubringen. Bis dieses Buch fertig ist, ist mein Sohn aus diesem Alter raus und interessiert sich nicht mehr dafür. Ich sehe wenig Berechtigung und es hätte einen komischen Beigeschmack für mich. Aber ich liebäugle gerade mit einem Kinderroman für 6/7-jährige. Das wäre dann die nächste Stufe für ihn. Aber solch ein Projekt ist natürlich schon etwas anderes. Es ist mehr Schreibarbeit. Ich habe schon einige Ideen und vielleicht geht es dann in diese Richtung.

Wir sind auf jeden Fall neugierig, wünschen Ihnen aber zunächst einmal viel Erfolg mit dem Sternenmann. Vielen Dank, dass Sie sich hier auf der Frankfurter Buchmesse die Zeit für ein Interview mit uns genommen haben.

Der Sternenmann Der Sternenmann
32 Seiten, ab 3 Jahren, ISBN: 978-3-8458-2524-3, Verlag arsEdition

Auf einem winzig kleinen Planeten, in einer weit entfernten Galaxie lebt der Sternenmann. Seine Aufgabe ist es, die Sterne zum Leuchten zu bringen und am Himmel zu verteilen. Doch eines Tages geht ihm sein kleinster Stern verloren!
So beginnt eine magische Reise durch die Nacht, bei der schließlich der kleine Stern wiedergefunden wird und wir erfahren, warum er für jemanden etwas ganz Besonderes ist ...

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