Tiere trifft man nicht nur draußen in der Natur, auch in den Großstädten haben sich neben Vögeln, Ratten und Mäusen noch ganz andere Arten angesiedelt. Darum nimmt man es Anne Fleming auch sofort ab, wenn sie von einer Ziege erzählt, die auf dem Dach eines New Yorker Wohnhaus lebt.
Eine Bergziege in New York
Die 11-jährige Kid zieht mit ihren Eltern für ein paar Wochen nach New York. Ihre Mutter wird hier bei einer Theateraufführung mitspielen, was dem Cousin von Kids Vater sehr gelegen kommt. Der fährt nämlich für einige Zeit nach England und braucht daher jemanden, der sich um seinen Hund kümmert. Kid fühlt sich in der großen Stadt zunächst überhaupt nicht wohl. Doch dann hört sie, dass auf dem Dach ihres Hochhauses angeblich eine Bergziege lebt. Das Mädchen wird hellhörig und macht sich mit ihrem neuen Freund Will auf die Suche nach dem Tier. Immerhin winken demjenigen, der die Ziege sieht, sieben Jahre Glück.
Ungewöhnliche Geschichte für Jung und Alt
Anne Fleming erzählt mit „Ziegen bringen Glück“ eine äußerst ungewöhnliche und außergewöhnliche Geschichte für Kinder. Voller Charme, Lebendigkeit und philosophischer Ansätze erzählt sie diese Geschichte, die ganz sicher nicht linear ist. Fleming wechselt immer wieder die Perspektiven, bringt viele mitunter parallel verlaufende Handlungsstränge ein, die alle mit dem Hochhaus und der darauf lebenden Ziege verbunden sind.
Die wohl wichtigste Person ist Kid, die mit ihren Eltern für kurze Zeit nach New York gezogen ist. Kid selbst ist extrem introvertiert und ihr fällt es schwer, fremden Menschen auf die einfachsten Fragen zu antworten. Ihre Mutter lebt in ständigen Selbstzweifeln darüber, ob ihr Stück ein Desaster oder vielleicht doch gut wird. In New York lernt Kid den gleichaltrigen Will kennen, dessen Eltern im World Trade Center gestorben sind und der unter Höhenangst leidet (was natürlich sehr ungünstig ist, wenn man in einem Hochhaus wohnt). Auch unter den Nachbarn finden sich ein paar ganz eigenwillige und verschrobene Personen. Da wäre das alte Ehepaar, bei dem der Mann einen Schlaganfall erlitten und nun seine Lebensfreude verloren hat. Da ist der blinde Skater, der beim Schach spielen eine geheimnisvolle Frau kennenlernt, diese gerne wiedersehen möchte, aber einfach nicht ausfindig machen kann. Und dann ist da Kenneth, der regelmäßig Heu in einer Zoohandlung kauft und mit nach Hause nimmt. Für seine Meerschweinchen, die es gar nicht gibt. Sie alle leben unter dem Dach, auf dem die Ziege herumklettert. Von dem sie manchmal gerne herabsteigen möchte, es dann aber doch nicht tut. Keiner weiß von ihr und dennoch hat sie fast jeder schon einmal gesehen oder anderweitig wahrgenommen. Und am Ende? Am Ende bringt die Ziege alle zusammen, lässt sie über ihre Ängste und Hemmschwellen hinwegsteigen, lässt sie neuen Lebensmut und neue Kraft finden, um dann gestärkt als Gemeinschaft hervorzutreten und zueinander zu finden.
Diese mit Feingefühl und Witz erzählte Geschichte, die ganz ungewöhnliche Charaktere vorstellt und auf noch ungewöhnlichere Art vereint, steckt voller versteckter Andeutungen und philosophischer Gedanken. Es ist eine besondere Geschichte, die aber nicht unbedingt für jedes zehnjährige Kind bereits geeignet ist. Denn sie verlangt beim Lesen viel Aufmerksamkeit, viel Konzentration und enthält vor allem einige ungewöhnliche Persönlichkeiten, mit denen Kinder nicht immer etwas anfangen können. Es ist definitiv ein Lesevergnügen für Ältere, aber ob es auch Jüngeren gefällt, hängt von ihren persönlichen Leseinteressen und ihrem Leseniveau ab.
Details
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Originaltitel:The Goat
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Sprache:Deutsch
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Erschienen:02/2019
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Umfang:160 Seiten
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Typ:Hardcover
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Altersempfehlung:10 Jahre
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ISBN 13:9783551553829
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Preis (D):10,99 €