Damals hieß ich Rita


Die Geschichte von Rozette Kats
von Lutz van Dijk, Rozette Kats, Francis Kaiser (Illustrator*in)
Rezension von Janett Cernohuby | 29. Februar 2024

Damals hieß ich Rita

Übergriffe auf Juden und auf jüdische Einrichtungen nehmen immer mehr zu. Es scheint, als hätten die Menschen die Gräueltaten während des Holocaust vergessen. Das darf niemals geschehen, umso wichtiger ist es, dass auch weiterhin die Geschichten der Menschen erzählt werden. Leider gibt es nur noch wenige Zeitzeugen. Eine von ihnen ist Rozette Kats, die in einem bewegenden Kinderbuch die Geschichte ihrer Rettung erzählt.

Hoffnung in einer der dunkelsten Epochen

Nur durch den Mut eines Amsterdamer Ehepaars hat die kleine Rozette die Zeit des Holocausts überlebt. Geboren 1942, versteckten sich ihre Eltern mit dem acht Monate alten Baby vor den Nazis. Doch sie drohten aufzufliegen. Darum gaben die jüdischen Eltern das Baby zu einem nichtjüdischen Ehepaar in Pflege. Rozette wird zu Rita und wächst in einer liebevollen Umgebung auf. Kurz vor ihrem sechsten Geburtstag erzählt ihr Pflegepapa Henk die Wahrheit von ihren leiblichen Eltern, die im Konzentrationslager ermordet wurden.

Lebendige Zeitgeschichte

Diese Geschichte hat Lutz van Dijk behutsam für Kinder aufgeschrieben. Damit sie nie vergessen wird. Damit der Schrecken der Nazizeit nie vergessen wird, ebenso die mutigen Menschen, die trotz aller Gefahren Juden bei sich aufnahmen, um sie zu retten.
Rozette Kats Geschichte ist an eine Biographie angelehnt und dennoch ganz anders wiedergeben. Wir bekommen keine klassische Erzählung präsentiert, bei der sich die Handlung nach einem bestimmten Verlauf aufbaut. Vielmehr ist es eine Erzählung in Dialogform, ein lockeres Gespräch zwischen der Überlebenden und einer kleinen Gruppe Kinder. Diese Kinder sind sehr unterschiedlich und haben verschiedene Hintergründe. Sie sind ein Querschnitt unserer Gesellschaft, darunter das Mädchen aus der Ukraine und der muslimische Junge.
Ihnen also erzählt Rozette die Geschichte ihrer Rettung. Es ist eine konstruktive Erzählweise, in der sie immer wieder die Kinder anspricht, auf ihre Fragen und Antworten eingeht. Es werden Verbindungen zu verschiedenen, aktuellen Kriegen hergestellt, mit denen die Kinder dieser Gruppe konfrontiert sind. Das holt dieses Buch auf eine ganz neue Ebene. Es ist nicht mehr nur Geschichtsstoff, sondern eine lebendige, greifbare Erzählung. Durch die Zwischenfragen der Kinder wird Rozettas Geschichte realer und spürbarer. Das erfährt man auch als Lesende. Man hat das Gefühl, selbst Teil dieser kleinen Gesprächsrunde zu sein und ist tief berührt von dem, was man hier erzählt bekommt.

Außergewöhnliche Illustrationen

Bewegend sind auch die Illustrationen, die dieses Buch begleiten. Aus kompositorisch interessanten Blickwinkeln zeigen sie sehr realistische Bilder, deren Farbgebung an Fotos aus den Alben der Großeltern erinnern. Schon zu Beginn sieht man Szenen in gedeckten Farben, die durch bewusst gesetzte Farbakzente durchbrochen sind. Wichtige Teile einiger Bilder sind an den Rand gesetzt und angeschnitten, wie es in der Fotografie so nicht gemacht wird. Doch hier funktioniert es. Es verlieht den Bildern eine extreme Tiefe und löst in den Betrachtenden starke Emotionen aus. Schon der Blick auf diese Bilder bewegt, ohne dass man sich dem Text gewidmet hat. Dieser verstärkt den gewonnen Eindruck und hinterlässt ein tiefes Gefühl der Betroffenheit, Trauer, aber auch des Respekts.

  • Damals hieß ich Rita. Die Geschichte von Rozette Kats
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„Damals hieß ich Rita“ ist ein bewegendes Bilderbuch gegen das Vergessen. Hierin wird aber nicht einfach nur die Geschichte von Rozette Kats erzählt, durch dialogisches, konstruktives Erzählen werden wir Teil einer unglaublichen Rettungsgeschichte, die tief bewegt und berührt. Ein Bilderbuch gegen das Vergessen, nicht nur für Kinder, sondern auch für Erwachsene eine absolute Leseempfehlung.

Details

Bewertung

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