Fanatisch

von Patricia Schröder
Rezension von Janett Cernohuby | 19. Februar 2018

Fanatisch

Religiöser Fanatismus wird heutzutage schnell mit dem Islam in Verbindung gebracht. Kein Wunder, denkt man an die Terrorakte der jüngsten Vergangenheit zurück. Trotzdem gibt es Fanatismus nicht nur dort. Auch Anhänger anderer Religionen überschreiten bei der Auslegung ihres Glaubens Grenzen. Patricia Schröder greift dieses brisante Thema in ihrem Jugendbuch "Fanatisch" auf.

Sechs Mädchen, sechs Tage, sechs Gaben

Sechs Mädchen sind spurlos verschwunden und tauchen nach sechs Tagen plötzlich wieder auf. Wo sie waren und was ihnen wiederfahren ist, darüber schweigen sie.
Nara ist eine von ihnen. Sie wurde zu einer Adresse gelockt, niedergeschlagen und wacht in einem komplett dunklen Raum wieder auf. Sie ist gefesselt und wurde bis auf die Unterwäsche entkleidet. In den nächsten sechs Tagen lässt der Entführer ihr erst etwas zu essen, dann zu trinken und später Kleidung zukommen. Er bringt sie kurz mit den anderen entführten Mädchen zusammen, versorgt eine ihr zugefügte Wunde an der Hand und lässt sie dann wieder laufen.
Was hat er vor? Was bedeutet das Martyrium der Mädchen? Und welche Rolle spielt Nara dabei?

Packender und beklemmender Thriller für Jugendliche

Patricia Schröder greift in ihrem neuesten Jugendroman ein brisantes Thema auf und setzt es unglaublich spannend um: religiöser Fanatismus. Doch während in den Nachrichten der Islam für negative Meldungen sorgt, begegnen wir im Buch christlichen Fanatikern, die die Religion für ihre Zwecke missbrauchen. Trotz dieses Hintergrunds steht die Religion als solches nicht im Mittelpunkt, sondern der Thriller selbst.
Zunächst beginnt die Geschichte recht entspannt. Wir lernen Nara kennen, eine ganz normale Jugendliche mit einer besten Freundin, einem besten Freund und einem Jungen, für den sie schwärmt. Doch schon bald kommen die ersten Drohungen und nicht nur bei Nara macht sich ein ungutes Gefühl breit. Auch der Leser spürt mehr und mehr, wie die Handlung bedrohlicher wird - und plötzlich findet man sich zusammen mit Nara in dem dunkeln Kellerverlies wieder. Genau wie sie hat man keine Ahnung, was vor sich geht. Was der der oder die Täter planen und welche Beweggründe sie haben. Nur eines weiß man: Nara hat - laut Täter - Schuld auf sich geladen. Sie muss, wofür auch immer, bestraft werden und diese sechs Tage sind erst der Anfang der Strafe. So durchlebt man zusammen mit dem jungen Mädchen Tage der Angst und des Schrecken. Aber auch Widerstand und Willenskraft. Denn Nara ist eine Kämpfernatur und gibt nicht auf. Allerdings beginnt der Psychoterror mit ihrer Freilassung erst richtig. Ihr und den anderen Mädchen wird unter Androhung schwerwiegender Konsequenzen verboten über die Erlebnisse zu sprechen.
Sehr geschickt hat Patricia Schröder die Handlung aufgebaut. Erzählt aus der Ich-Perspektive bekommt der Leser nur so viel mit, wie auch Nara weiß. Man tappt im Dunkeln, kann nur raten, worauf alles hinauslaufen soll. Doch eines ist klar: Die Motive sind religiös motiviert und Nara soll für irgendetwas büßen. Doch was hat das junge Mädchen verbrochen? Worin liegt ihr Fehler?
Wie ein Puzzle setzt sich Stück für Stück ein Bild zusammen. Das Ende ist auf jeden Fall sehr überraschend, aber auch schrecklich. Hier hat die Autorin eine Wendung eingebaut, mit der man keineswegs gerechnet hat. Im Gegenteil, die man ganz anders vermutet hätte. Damit hält das Buch einen ziemlichen Knalleffekt für den Leser bereit und einen gelungenen Abschluss.

Patricia Schröder liefert mit ihrem Jugendroman "Fanatisch" einen unglaublich packenden und beklemmenden Thriller für Leser ab 14 Jahren. Sie thematisiert Schuld und religiösen Fanatismus, ohne dies zu sehr in den Vordergrund zu rücken. Dort steht die Geschichte von Nara und fünf weiteren Mädchen, die verschwunden sind, gequält wurden und dann plötzlich wieder auftauchen. Wer das Buch zur Hand nimmt, wird es erst dann wieder weglegen können, wenn auch die letzte Seite, der letzte Satz gelesen wurde.

Details

Bewertung

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