Ich sag Hallo und dann NICHTS

von Lilly Axster
Rezension von Janett Cernohuby | 07. Juli 2023

Ich sag Hallo und dann NICHTS

Pubertät. Die Zeit zwischen Kindsein und Erwachsenwerden. Wer bin ich? Wen sehen die Anderen in mir? Wer werde ich werden? Und wer will ich werden? Jede*r junge Heranwachsende sieht sich mit diesen Fragen konfrontiert, aber nicht jeden beschäftigen sich gleichermaßen intensiv. Die 15-jährige  Jecinta steht auch dazwischen und beschließt für sich einen drastischen Schritt.

Wer bin ich und wer will ich sein?

Jecinta ist das mittlere Kind zwischen volljähriger Schwester und kleinem Bruder. Sie hat Wurzeln auf zwei Kontinenten, schwankt zwischen Afrobeat und Deutschrap hin und her. Sie ist keine schlechte Schülerin, zählt aber auch nicht zu den Genies. Sie ist in der Pubertät, die bei ihr aber immer noch nicht so richtig losgegangen ist. Kurzum: Jecinta steht immer und überall genau dazwischen. Ständig soll sie sich entscheiden. Kopf oder Zahl? Zineb oder Victoria? Nun entscheidet sie sich, und zwar für NICHTS. Sie will nirgends mehr dazugehören und auch nichts mehr von dem tun, was alle tun. Sie ist weder Mädchen, noch Junge noch Trans* - sie ist einfach NICHTS. Selbst ihren Namen kürzt sie, streicht ecinta und ist von nun an nur noch J. Englisch ausgesprochen.
Doch mit dem Entschluss, NICHTS mehr zu sein, beginnt für Jay so ziemlich Alles, angefangen bei der Freundschaft zu Leonie, der neuen in der Klasse.

Über Identität, Freundschaft und Familie

Denn Leonie ist das Gegenteil von Jay. Während die nämlich NICHTS ist, ist Leonie Viele. Wer ist dieses seltsame Mädchen, das eines Tages mit quietschgelber Jacke in ihrer Klasse aufgetaucht ist? Warum wohnt sie in einer WG? Warum hat sie Betreuer*innen und keine Eltern? Die Neue und damit das Viele, das sie in sich vereint, weckt das Interesse von Jay, die ja gar nichts mehr sein will. Leonie scheint keine Hemmungen zu haben, das Viele zu leben, es jederzeit hinauszulassen und zu zeigen. Doch mit der Zeit erkennt Jay, dass auch Leonie mit ihrer Vielschichtkeit nicht weiß, wer sie gerade ist.
Während Jay zwischen ihren bisherigen Freundinnen und der Neuen hin und her balanciert, während sie versucht, sich selbst in der Welt zu platzieren und positionieren, beginnt es in ihrem Elternhaus zu kriseln. Die Eltern stehen kurz vor der Trennung, die große Schwester zieht in ihre eigene Wohnung und meldet sich nicht mehr und der kleine Bruder versucht mit all den Veränderungen auf seine Art zurechtzukommen. So wird es für Jay nicht nur schwierig, ihr Nichts-Sein zu untermauern, sie beginnt allmählich auch, wieder jemand zu werden.

Intensiv und kraftvoll erzählt Lilly Axster in ihrem Jugendroman von der Suche nach Identität, Freundschaft und Familie. Es ist ein Coming-of-Age-Roman, der den Lesenden einen jungen Teenager vorstellt, die gefangen ist in der Unscheinbarkeit der Mitte. In nichts zu gut, in nichts zu schlecht; nicht Fisch noch Fleisch, sondern einfach nur mittelmäßig. Dieser Teenager beschließt, daran etwas zu ändern und wenn das Leben keinen Weg zeigen will, dann zeigt sie diesen halt dem Leben. Ein Jugendbuch, das bewegt und zum Nachdenken anregt.

Details

  • Autor*in:
  • Verlag:
  • Genre:
  • Erschienen:
    06/2023
  • Umfang:
    200 Seiten
  • Typ:
    Hardcover
  • Altersempfehlung:
    14 Jahre
  • ISBN 13:
    9783702241537
  • Preis (D):
    18,00 €

Bewertung

  • Gesamt:
  • Spannung:
  • Anspruch:

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