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Mats und Rea drehen am Rad der Geschichte


Die Telefonzelle
von Dorit Linke
Rezension von Janett Cernohuby | 07. Februar 2025

Mats und Rea drehen am Rad der Geschichte

Zeitreisemaschinen haben die unterschiedlichsten Formen. Manche sind hochkomplexe Gerätschaften, die aus vielen Knöpfen und Bauteilen bestehen. Andere sind einfache Konstruktionen wie eine Telefonzelle. Diese bringen einen allerdings selten dorthin, wohin man möchte, aber immer dorthin, wo man gebraucht wird. Mats und Rea werden ganz dringend in einem Ferienlager der DDR gebraucht.

Mit der Telefonzelle durch die Zeit

Eher unfreiwillig nehmen Mats, Rea und die anderen aus dem Handballverein an der Einweihung eines Denkmals teil. Bei diesem handelt es sich um eine alte Telefonzelle, wie man sie früher zum Telefonieren nutzte. Als die beiden nach der Veranstaltung das Artefakt vergangener Zeiten näher ansehen, passiert es. Grelle Lichter blinken rund um sie auf und kurz darauf finden sich Mats und Rea an einem seltsamen Ort wieder. Sie sind in einem Ferienlager der DDR gelandet! Während die anderen Kinder sie neugierig umrunden, spüren die beiden, dass sie sich unauffällig verhalten müssen. Da kommt es ihnen gelegen, dass zwei Kinder aus dem Ferienlager abhauen und Richtung Ostsee wollen. Damit die nicht auffliegen, sollen Mats und Rea an ihre Stelle treten. Die beiden lassen sich nicht lange darum bitten und erleben so das Ferienlagerleben vor über 30 Jahren mit. Doch bald fliegt ihr Schwindel auf und plötzlich werden sie mit der Härte des damaligen Regimes konfrontiert…

Mats und Rea drehen am Rad der Geschichte: Die Telefonzelle

Ferienzeit in der DDR

Für die heutigen Kinder ist die DDR nur noch der Stoff aus Geschichtsbüchern. Freilich gibt es noch viele Zeitzeugen, die das Regime auch miterlebt haben. Die selbst Teil der Pionierorganisation waren oder die regelmäßig in Ferienlager fuhren. Doch was für uns Erinnerungen sind, ist für heutige Kinder langweiliger Stoff aus dem Unterricht. Um ihnen mehr Bezug zu jener Zeit zu geben und sie lebendiger und greifbarer werden zu lassen, hat Dorit Linke einen unterhaltsamen Rahmen geschaffen, in dem politische und gesellschaftliche Strukturen wieder lebendig werden. Mittels einer Telefonzelle reisen zwei Kinder durch die Zeit zurück ins Jahr 1985. Statt aber den Alltag in Familie und Schule mitzuerleben, wie es in ähnlichen Büchern erzählt wird, wählte Dorit Linke ein anderes Setting. Sie platziert ihr Abenteuer in einem Ferienlager, wie sie von vielen Kindern damals besucht wurden. Damit bieten sich gleich zwei Gelegenheiten: Zum einen haben wir ein Setting, in dem Kinder unter sich sein können und zum anderen sehen wir, dass selbst in den Ferien der Staat die Kinder nicht aus den Augen gelassen hat. Wir erfahren vom eng getakteten Tagesablauf, der schon früh mit Sport begann, und dem System, das auch hier ganz genau darauf achtete, alle Kinder im sozialistischen Gedanken zu erziehen. Mats und Rea werden Zeugen zweier Fluchtaktionen. Einmal sind es zwei Kinder, die aus dem Ferienlager im Wald abhauen, weil sie lieber Ferien an der Ostsee machen wollen. Dass die beiden nicht weit kommen, bzw. schnell merken, dass ihr Plan nicht funktioniert, dürfte zumindest uns Erwachsenen von Anfang an klar sein. Ein anderer Fluchtversuch dagegen ist wesentlich dramatischer. Denn eine Familie versucht sich in den Westen abzusetzen, was schiefgeht. Mats und Rea bekommen dies mit, ja sie geraten sogar selbst ins Visier der Polizei. Denn das seltsame Verhalten der beiden, ihre Sprache und die Sachen, die sie mit sich tragen, heben sie nicht nur zeitlich von den anderen ab, sondern lassen sie wie typische Kinder aus dem Westen erscheinen.
Dorit Linke erzählt ihre Geschichte einerseits sehr unterhaltsam, baut an den richtigen Stellen auch Drama und Spannung ein, vergisst dabei aber nicht, die Härte jenes Regimes zu zeigen, mit der es gegen seine Leute vorging. Immer wieder schwingen die Angst vor falschen Aussagen und falschem Verhalten mit durch. Selbst die Kinder wissen genau, welchem ihrer Gruppenleiter oder Gruppenleiterinnen sie vertrauen können und bei wem Vorsicht angebracht ist. Damit zeichnet sie ein gutes Bild jener Zeit, zwischen persönlichen kleinen Freiheiten und sozialistischer Erziehung und macht es vor allem für eine junge Leserschaft greifbar.

„Mats und Rea drehen am Rad der Geschichte“ ist eine neue Kinderbuchreihe, in der Dorit Linke ihre junge Leserschaft mit auf eine Reise in die Vergangenheit der DDR mitnimmt. Der Auftaktband „Die Telefonzelle“ führt uns zurück ins Jahr 1985, wo wir gemeinsam mit den beiden Protagonistinnen in ein typisches Ferienlager der DDR reisen und den Ferienalltag zwischen Frühsport und Ausflügen miterleben.

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