Wir sehen uns im Westen

Antolin Quiz
von Dorit Linke
Rezension von Janett Cernohuby | 02. September 2019

Wir sehen uns im Westen

Als vor 30 Jahre die Mauer fiel, geschah nicht nur etwas unglaubliches, das das Schicksal vieler Menschen änderte, sondern es führte auch Freunde wieder zusammen, die glaubten, sich nie wiederzusehen. So wie Lutz und Nina, von denen Dorit Linke in ihrem Jugendbuch „Wir sehen uns im Westen“ erzählt.

Eine Nacht, die alles veränderte

Nina und Lutz können nicht glauben, was sie da im Fernsehen sehen. Nina auf ihrem Gerät in Westberlin, Lutz in Ostberlin: Am 9. November 1989 wird die Grenze zwischen Ost und West geöffnet. DDR-Bürger können von nun an in den Westen reisen - und Nina stellt sich die Frage, ob das auch anders herum möglich ist. Also vom Westen in den Osten. Denn vor einem Jahr waren sie, ihre Schwester und ihre Eltern aus der DDR in den Westen ausgereist. Ihre neue Wohnung befindet sich nicht weit weg von ihrer alten, lediglich die unüberwindbare Mauer liegt dazwischen. Zurücklassen mussten sie nicht nur ihr Hab und Gut, sondern auch ihre Freunde. Vor allem darunter Nina leidet besonders, hat sie doch ihre große Liebe Lutz zurückgelassen. Der sitzt nur wenige Straßen weiter weg in Ostberlin und hört ebenfalls von den unerwarteten Ereignissen.
Sofort ist beiden Jugendlichen klar, sie müssen über die Grenze und zum jeweils anderen. Um all das auszusprechen, was sie damals, vor einem Jahr, nicht sagen konnten.
Doch werden sie sich überhaupt wiederfinden? In einer Nacht wie dieser?

Ein Stück Zeitgeschichte spannend erzählt

Dorit Linke nimmt uns in ihrem Buch mit auf eine Zeitreise zurück zu einem denkwürdigen Ereignis:  zum 9. November 1989. Ein Datum, das vielen Menschen in Erinnerung bleibt und welches ihr Leben massiv verändern sollte. Denn an jenem 9. November wurde die so streng bewachte Grenze zwischen den beiden deutschen Ländern geöffnet. Wie hat sich das damals angefühlt? Was ging in den Köpfen der Menschen vor? In den Köpfen jener Menschen, die in Berlin an der Bornholmer Straße standen und jenen, die zuhause vor dem Fernseher saßen? Mit ihrem Jugendbuch versucht Dorit Linke vor allem der jungen Generation, für die der Fall der Berliner Mauer nur noch Stoff aus dem Schulbuch ist, näherzubringen. Und es gelingt ihr sehr gut. Mit ihren beiden Protagonisten hat sie zwei Ausnahme-Persönlichkeiten geschaffen: Ninas Familie ist ein Jahr vor der Wende aus der DDR ausgereist. Dem ging eine lange und schwere Zeit voller Repressalien voraus. Auch wenn das nur kurz angerissen wird, kann man sich doch gut vorstellen, was dies für die betroffenen Familien bedeute. Auf der anderen Seite haben wir Lutz, dessen Eltern regimetreu sind und mit voller Überzeugung an die Ideale der DDR glauben. Während Ninas Familie fassungslos und glücklich zugleich ist, bedeutet die Grenzöffnung für Lutz‘ Eltern einen Schock. Die beiden jungen Menschen  jedoch machen sich die Situation gleich zunutze und rennen los. Lutz nach Westberlin zu seiner Nina und Nina nach Ostberlin zu ihrem Lutz. Beide mit der Angst im Nacken, dass die Grenze bald wieder geschlossen wird. Sie sehen in diesen Stunden ihre einmalige Chance, wieder zusammenzukommen. Etwas, das bis vor wenige Stunden noch undenkbar gewesen war. Denn die Grenze, die Mauer zwischen ihnen schien ein unüberwindbares Risiko. Beiden ist klar, dass sie ihre Chance jetzt nutzen müssen, , sonst könnte sie für immer verschwunden sein.

Auf gerade einmal 104 Seiten bringt Dorit Linke große Emotionen, Eindrücke und Erinnerungen an ein denkbares Ereignis unter. Ihr gelingt es, mit wenigen Worten einen kurzen, aber nachhallenden Abriss einer Epoche zu zeichnen. Ein Stück Zeitzeugnis zu schaffen, das uns diesem vergangenen Ereignis teilhaben lässt. Das Buch ist packend und mit großen Gefühlen geschrieben. Man scheint alles hautnah mitzuerleben. Es ist ein besonderes Talent, so große Emotionen mit so wenigen Worten ausdrücken zu können.

„Wir sehen uns im Westen“ ist eine Momentaufnahme jenes denkwürdigen 9. Novembers 1989 und eine Erinnerung an die letzten eineinhalb Jahre vor dem Mauerfall. Es ist ein dünnes Buch mit einer starken Geschichte. Stark an Emotionen, stark an besonderen Persönlichkeiten und mit einer packenden Handlung.

Details

  • Autor*in:
  • Verlag:
  • Genre:
  • Erschienen:
    08/2019
  • Umfang:
    112 Seiten
  • Typ:
    Taschenbuch
  • Altersempfehlung:
    13 Jahre
  • ISBN 13:
    9783551318411
  • Preis (D):
    4,99 €

Bewertung

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