Musik vermag vieles und steckt voller Kraft. Sie berührt uns in der Tiefe unseres Herzens. Sie hilft uns, Emotionen zu erforschen und zu verstehen, die wir manchmal nur schwer in Worte fassen können. In diesen Momenten der Reflexion vermag die Musik uns sogar zur Selbstfindung zu verhelfen. So wie bei Adrian.
Zwischen Cello und Tutu
Musik spielt in Adrians Leben eine große Rolle. Mit seinen Eltern und seiner Oma besucht er Konzerte und Ballettaufführungen. Adrian selbst spielt Cello und möchte später einmal in einem berühmten Orchester spielen. Doch er hat noch einen Traum, einen geheimen, verborgenen. In der Musikschule, die er besucht, beobachtet er oft die Ballettänzer*innen bei ihren Proben. Sehr gerne würde er auch bei ihnen mittanzen, doch seine Eltern ermahnen ihn, darüber nicht das Cello-Spiel zu vernachlässigen. Darum übt er zuhause nicht nur auf dem Instrument, sondern versucht auch dazu zu tanzen. Als Adrian seiner Oma von seiner Freude am Tanzen erzählt, holt diese ein kleines Paket und ein Foto aus dem Schrank. Auch sie hat als junge Frau im Ballett getanzt. Nun gibt sie ihr Tutu an Adrian weiter. Auf das Foto, das sie als Ballerina zeigt, schreibt sie ein großes A. Ein unscheinbarer Buchstabe der für so viel stehen kann. Er kann ein Anfang sein, aber auch aus Adrian eine Adriana machen. Bestärkt geht Adrian an diesem Tag nach Hause und entdeckt eine neue Melodie in sich.
Empowernde Geschichte
Jungs die im Ballett tanzen, sind nichts Ungewöhnliches. Von daher könnte das Buch recht schnell aus sein: Adrian belegt zusätzlich zum Cello-Spiel noch den Ballettkurs.
Doch darum geht es gar nicht. Leise deutet der Autor die Frage nach der eigenen Geschlechtsidentität an. Adrian möchte nicht einfach nur tanzen, er möchte dabei ein Tutu tragen. Eine starke Stütze und Unterstützerin in diesem Wunsch wird seine Oma. Adrians Traum erinnert sie an ihre Jugend, als sie selbst auf der Bühne stand. Sie kann Adrians Sehnen nachempfinden und bestärkt ihn in seinem Traum. Mehr noch: Sie holt ihr eigenes Ballettkleid hervor und gibt es an ihren Enkel weiter. Zusammen mit dem Buchstaben A. Was dieser bedeutet, wofür er steht, deutet sie nur an. Denn dieses A kann so viel mehr sein, als nur eine Ergänzung zur Geschlechtsidentität. Plötzlich ist da eine Frage, die Adrian umtreibt, über die er sich Gedanken macht und mit der er sich auseinandersetzt. Adrian entdeckt, was A für ihn alles bedeuten kann. So wird es zu einem wertvollen Symbol, das ihn von nun an begleitet.
Die Botschaft dieses Bilderbuchs ist sehr bestärkend und ermutigend. Sie zeigt, dass man an seinen Träumen festhalten soll, damit sie wahr werden. Ebenso zeigt sie, dass es überall verständnisvolle Unterstützer und Verbündete gibt, die im rechten Moment zur Stelle sind. Mit kleinen Gesten, die ganz große Wirkungen haben.
Was Thomas J. Hauk so kraftvoll und bewegend in seiner Geschichte einfängt, setzt Carmen Tung in ihren Bildern um. Diese tragen die Handlung und die Botschaft und verdeutlichen beide durch einfache Formen und leuchtende Farben. Obwohl Adrian uns als Junge begegnet, ist seine Darstellung geschlechtsneutral gehalten. Unter seinen kurzen braunen Haaren und der Brille kann sich auch ein Mädchen befinden. Damit wird auch in den Bildern das Thema der Geschlechtsidentität umgesetzt.
„Ich schenk dir ein A“ von Thomas J. Hauck und Carmen Tung ist eine starke und ermutigende Botschaft über die Suche nach der eigenen Geschlechtsidentität, aber auch dem Festhalten und Umsetzen der eigenen Träume. Als verbindendes Glied wird dabei die Musik in ihren unterschiedlichen Erscheinungsbildern eingesetzt. Ein starkes Bilderbuch mit empowernder Botschaft.
Details
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Erschienen:09/2024
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Umfang:32 Seiten
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Typ:Hardcover
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Altersempfehlung:5 Jahre
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ISBN 13:9783903408241
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Preis (D):22,50 €