Als Teenager hat man es echt nicht leicht, vor allem nicht mit seinen Eltern. Die wollen nicht einsehen, dass man kein Kind mehr ist und dass man daher auch nicht mehr so behandelt werden möchten. Vor Freunden, oder schlimmer noch, bei Schulveranstaltungen blamieren sie einen unentwegt. Davon kann auch Karli ein Lied singen, zumal seine Familienmitglieder auch noch ziemlich bunt hervorstechen.
Ein Zuviel an Diversity
Karli hat es nicht leicht mit seiner Familie. Sein Vater sitzt im Rollstuhl, seine Mutter isst Unmengen an Keksen und sieht dementsprechend aus und dann gibt es da noch seinen Onkel, der lieber eine Frau wäre und ständig mit irgendeinem Glitzerfummel daherkommt. Mit dieser Familie fällt Karli nicht nur überall auf, sie ist ihm auch oberpeinlich. Und nun steht mal wieder ein Klassenfest bevor, bei dem sich Karli schon jetzt für seine verrückte Familie schämt. Das Tüpfelchen auf dem i ist schließlich die umwerfende Jona, die Karli auf einer Schulparty kennenlernt. Denn es stellt sich heraus, dass Jona gehörlos ist. Warum kann er es nicht einmal mit normalen Menschen zu tun haben? Wie viel einfacher hat es da sein bester Freund Robin. Seine Familie ist wie aus den Bilderbuch: Völlig normal, super organisiert und Robin ist obendrein ein Genie in Puncto Ordnung und Zuverlässigkeit. Doch dann ist es ausgerechnet Robin, der Karlis Verständnis von normal und anormal auf den Kopf stellt. Denn Robins übermäßiger Ordnungswahn entpuppt sich als Zwangsstörung. Karli fragt sich, ob es normal überhaupt gibt, wenn selbst sein bester Kumpel zu den Verrückten zählt.
Was ist schon normal?
In ihrem neuen Buch erzählt Jutta Nymphius eine rabenschwarze Komödie zwischen Teenageralltag, Teenagerproblemen und der Suche nach Normalität. Dabei stellt sich im Laufe der Ereignisse die Frage, was ist überhaupt normal? Im Mittelpunkt ihres Buchs steht Karli, ein junger Pubertierender, der mitten im Umbruch vom Kindsein zum jungen Erwachsenen steckt, was er durch seine sehr spezielle Familie nicht gerade leicht findet. Die Autorin greift in ihrer temporeich und gleichzeitig emotionalen Geschichte verschiedene Personen auf, die nicht dem Normempfinden vieler entsprechen: die übergewichtige Mutter, der im Rollstuhl sitzende Vater, der Trans-Onkel, die gehörlose Freundin. Da kommen schon ziemlich viele Extreme in einer Familie auf einen Teenager zu. Klar, dass Karli die Nerven schmeißt und nicht weiß, wie er damit umgehen soll. Denn gerade in der Schule werden Stereotypen nach wie vor stark gepflegt und Toleranz ist oft nur ein schönes Schlagwort, was man sich auf die Schulhomepage schreibt. Diese jugendliche Erlebniswelt, dieses Gefühlschaos im Kopf eines Pubertierenden bringt die Autorin absolut glaubhaft rüber. Sie begibt sich auf Augenhöhe ihrer Leserschaft und lässt den Protagonisten vor allem selbst erzählen. So werden seine Gefühle, seine aufgewühlten Gedanken spürbar und nachvollziehbar. Die junge Leserschaft kann sich mit Karli identifizieren, selbst wenn sie keinen im Rollstuhl sitzenden Vater oder Trans-Onkel hat. Besonders emotional wird es, als Robin, Karlis Fels in der Brandung, doch nicht so perfekt ist, wie er es bisher glaubte. Spätestens jetzt muss man die Frage stellen, ob es Normal überhaupt gibt oder ob Normal nicht etwas ist, was keinen allgemeinen Regeln entspricht. Vielfalt ist kein Makel, sondern etwas, dass unser Leben abwechslungsreich, bunt und besonders macht. Das ist eine wichtige Botschaft für alle jungen Heranwachsenden, deren Gefühle Achterbahn fahren und deren Welt sich gerade grundlegend verändert.
„Total irre“ ist weiteres gelungenes Buch von Jutta Nymphius. In ihm erzählt sie sehr emotional aber auch humorvoll, dass Norm nichts ist, dem man entsprechen und wofür man kämpfen muss. Vielmehr ist es wichtig, großartige Freunde und eine wunderbare Familie zu haben, die trotz ihrer Macken und Marotten immer für einen da sind. Und umgekehrt.
Details
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Erschienen:09/2022
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Umfang:176 Seiten
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Typ:Hardcover
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Altersempfehlung:12 Jahre
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ISBN 13:9783864295485
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Preis (D):15,00 €