---

Nicht so zu funktionieren, wie es das Umfeld erwartet, ist für Kinder eine schwierige Situation. Zu schnell werden sie in Schubladen gesteckt und von oben herab belächelt. Leo beispielsweise leidet unter selektivem Mutismus, also der Unfähigkeit vor bestimmten Personen sprechen zu können. Außer seiner Familie bringt ihm sein Umfeld nur wenig Verständnis entgegen, sondern stempelt ihn eher als Spinner ab. Doch das ändert sich in diesem Sommer.

Eine besondere Freundschaft

Denn gerade, als die Sommerferien beginnen, zieht im Haus nebenan eine neue Familie ein. Beim Hüpfen auf dem Trampolin lernt Leo die gleichaltrige Richa kennen. Und während Leo aufgrund seines selektiven Mutismus‘ nicht mit ihr spricht, sprudeln aus Richa die Worte nur so heraus. Richa merkt schnell, dass mit Leo etwas nicht stimmt, aber das stört sie kein bisschen. Da Leo sich schon lange einen Freund wünscht, fasst er sich ein Herz und schreibt Richa einen Brief. Darin erklärt er ihr, warum er mit ihr nicht sprechen kann, aber dennoch sehr gerne ihr Freund wäre. Richa erhält diesen Brief, doch sie reagiert völlig anders, als Leo es erwartet hat. Während der Sommerferien besuchen beide einen Tanzworkshop, der sie enger aneinanderschweißt. Dabei erkennt Leo, dass seine Freundin ein großes Geheimnis hütet...

Sensibel, einfühlsam und sommerleicht

Camilla Chester präsentiert uns eine besondere Freundschaftsgeschichte, die sommerleicht zur jungen Leserschaft kommt, in der aber auch gleichzeitig große Themen angesprochen werden. Im Mittelpunkt steht ein zehnjähriger aufgeweckter Junge, der jedoch unter selektivem Mutismus leidet, was ihn daran hindert, mit fremden Personen zu sprechen. Fremd bedeutet in seinem Fall jedem, der nicht zu seiner Familie gehört. Während seine Familie ihm mit viel Liebe und Verständnis begegnet, tut das seine Umwelt weniger. Freundschaften hat er nie schließen können, denn wer will schon mit jemandem befreundet sein, der nicht spricht? Dass dieser Gedanke völlig blödsinnig ist, ist vermutlich vielen Lesenden sofort klar. Doch leider nicht den Menschen um Leos. Das bekommt der Junge leider auch während der Sommerferien zu spüren. In diesem Sommer bekommt er aber auch noch etwas anderes, eine Freundin. Richa stört sich gar nicht an Leos Handicap, sondern passt sich ihm einfach an. Sie formuliert ihre Fragen an ihn so, dass er nur nicken oder den Kopf schütteln braucht. Wollen andere etwas von Leo, springt sie ihm zur Seite und spricht für ihn. In Richa scheint Leo eine Seelenverwandte gefunden zu haben, doch auch sie trägt ein großes Geheimnis mit sich rum. Zudem musste ihre Familie aufgrund des Berufs ihres Vaters ständig umziehen, so dass auch Richa bisher keine echten Freunde gefunden hat. Das ändert sich nun in diesem Sommer.
Was dieses Buch so wunderbar warmherzig macht, ist sein feinfühliger und sensibler Erzählstil. Zudem erzählt die Autorin die Ereignisse nicht aus der dritten Person, sondern gibt Leo das Wort. Eben dem Jungen, der sonst nur mit seiner Familie spricht. Das ist schon etwas besonderes, verleiht der Geschichte einen einzigartigen Charakter. Leo lässt uns an seinem Denken, an seinen Gefühlen und an seinen Träumen teilhaben. Es sind große Träume, deren Erfüllung ihn sicherlich viel Mut und Überwindung kosten werden. Doch dank seiner Freundin lernt er, Neues zu wagen und findet auch die Stärke, etwas zu tun, was er bisher nicht für möglich gehalten hat. Hier haben sich zwei Außenseiter gefunden, die der Gesellschaft und ihrem Verständnis von Norm die Stirn bieten. Die sich aufgrund ihrer Gegensätze anziehen und einander mit allen Ecken und Kanten akzeptieren. So entfaltet sich eine Sommergeschichte, die einzigartig, kraftvoll und leichtfüßig erzählt ist.

Könnte Ihnen auch gefallen: