Sturmnacht

von Sophia Cronberg
Rezension von Janett Cernohuby | 22. April 2014

Sturmnacht

Wer in einer Gegend lebt, wo andere gerne Urlaub machen, wird von diesen oft beneidet. Wie schön es wohl sein muss am Meer, in den Bergen oder in anderen markanten Regionen zu leben. Natürlich sehen die Bewohner das nicht unbedingt auch so. Für sie ist manches alltäglich geworden, anderes langweilig. Ähnlich ablehnend steht auch Sophia Cronbergs junge Protagonistin ihrer neuen Heimat Isle of Wight gegenüber.

Nachdem ihre Mutter bei einem Unfall ums Leben kommt, zieht die 16jährige Dora zu ihrem Onkel auf die Isle of Wight. Dort betreibt dieser ein kleines Hotel, das früher das Herrenhaus der Familie war. Doch Dora fühlt sich nicht wohl in ihrem neuen Zuhause. Ihre Mutter flüchtete vor zwei Jahrzehnten vor ihrer Familie von der Insel und hatte seither nie wieder Kontakt zu dieser. Den Grund dafür nannte sie Dora jedoch nie. Auch als das junge Mädchen nun bei ihrem Onkel nachfragt, stößt sie auf beharrliches Schweigen. Bei einem Rundgang über das Grundstück fällt ihr ein alter, verwahrloster Gartenpavillon auf. Dort stößt sie auf geheimnisvolle Briefe, die anscheinend einst von ihrer Mutter geschrieben wurden. Neugierig beginnt Dora, diese Briefe zu lesen. Doch was sie darin erfährt, wirft noch mehr Fragen auf und bringt gleichzeitig eine alte Familientragödie wieder ans Tageslicht. In den Briefen berichtet Doras Mutter von einem seltsamen Hotelgast namens Orphelia. Sie bezeichnete sich als Medium, das mit Verstorbenen sprechen konnte. Orphelia überredete Doras Mutter zu einer Séance, bei welcher der Geist von Violett Clifton heraufbeschworen wurde. Dieser wollte an der Famile Rache üben. Rache für das, was man der Verstorbenen einst als junges Mädchen angetan hatte. Doras Neugier ist geweckt. Wer war diese Violet und welches tragische Schicksal verbirgt sich hinter ihrer Geschichte. Doch je mehr sie nachforscht, auf desto mehr Schweigen stößt sie. Bei ihren Nachforschungen erhält Dora Unterstützung vom gleichaltrigen Eric. Doch ihre Freundschaft und die aufkommenden Gefühle füreinander stehen unter keinem glücklichen Stern. Denn das Schicksal von Violet trieb nicht nur Doras Mutter fort von ihrer Familie und der Insel, sondern entzweite auch ihre beiden Familien...

"Sturmnacht" ist ein zauberhafter und stimmungsvoller Jugendroman aus der Feder Sophia Cronbergs. Es ist eine Mischung aus unglücklicher Liebesgeschichte, tragischem Familienschicksal und fesselndem Krimi. Sophia Cronberg stellt dem Leser die junge Dora vor, die noch unter dem Schock des plötzlichen Todes ihrer Mutter steht. Man spürt die Abneigung Doras gegen ihr neues Zuhause. Doch es ist kein Trotz, der in dieser Abneigung herüber kommt. Anders als in der breiten Masse der Jugendromane mit ähnlicher Ausgangssituation lässt die Autorin ihre Protagonistin eher aus Unsicherheit Angst vor dem bisher unbekannten Onkel und sich unwohl im neuen Zuhause fühlen. Aus dieser Unsicherheit wird Misstrauen, als Dora mit ihren Fragen über den Fortgang ihrer Mutter auf eine Mauer aus Schweigen stößt. Was versucht man ihr zu verheimlichen? Über lange Zeit hält die Autorin sowohl ihre Protagonistin als auch die Leser über die wirklichen Hintergründe im Dunkeln. Man vermutet, ahnt und glaubt zu wissen. Letztendlich aber verhält sich alles doch ganz anders. Vielleicht weniger reißerisch, aber dennoch tragisch. Die Autorin zeichnet das Bild einer Familie, wie es sie durchaus im wahren Leben gegeben haben könnte. So werden die Charaktere nicht nur lebendig, sondern vor allem glaubwürdig.
Die Geschichte besitzt sehr viel Spannung, die den Leser fesselt und durch die man das Buch kaum aus der Hand legen möchte. Die Briefe von Doras Mutter bindet die Autorin als eigenständige Kapitel in das Buch ein. So erfahren Leser nicht nur aus erster Hand, was sich damals bei der Séance zugetragen hat, man taucht hinein, wird fast zum Teilnehmer jener schaurigen Sitzungen. Waren sie echt? Oder nur Hokuspokus der mysteriösen Orphelia? Auch hier beweist die Autorin Fingerspitzengefühl. Weder lässt sie in ihren Schilderungen durchscheinen, dass es sich nur um faulen Zauber handelt, noch deutet sie einen okkulten Hintergrund an. Sie überlässt es dem Leser zu entscheiden, was nun geschehen ist. Zumindest während der Szene selbst. Am Ende bezieht sie freilich Stellung, was aufgrund der Auflösung aller Geheimnisse schon nicht anders geht. Genau das macht den Reiz der Handlung aus, das ist es, was aus diesem Roman so eine stimmungsvolle Geschichte werden lässt.

Kurz gefasst ist "Sturmnacht" ein wunderbar stimmungsvoller Roman, der von tragischer Liebe, großen Gefühlen und einem dunklen, schicksalsträchtigen Geheimnis erzählt. Es ist die Geschichte einer Familie, die über viele Jahrzehnte Menschen unglücklich macht und Familien entzweit. Es ist eine Geschichte die fesselt und den Leser erst wieder zur Ruhe kommen lässt, wenn auch die letzten Worte gelesen sind. Ein gelungener Jugendroman, der aber auch erwachsenen Leserinnen gefallen wird.

Details

  • Autor*in:
  • Verlag:
  • Sprache:
    Deutsch
  • Erschienen:
    03/2014
  • Umfang:
    384 Seiten
  • Typ:
    Hardcover
  • Altersempfehlung:
    14 Jahre
  • ISBN 13:
    9783570157725
  • Preis (D):
    16,99 €

Bewertung

  • Gesamt:
  • Spannung:
  • Anspruch:
  • Humor:
    Keine Bewertung
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