Das Sagenbuch zum Stephansdom

Antolin Quiz
von Barbara Schinko, Leonora Leitl (Illustrator*in)
Rezension von Janett Cernohuby | 18. September 2017

Das Sagenbuch zum Stephansdom

Für die Wiener ist der Stephansdom viel mehr als ein Wahrzeichen. Er ist das, womit sie sich identifizieren, ihr Fels in der Brandung, der stolz und erhaben den Jahrhunderten getrotzt hat und den selbst das Feuer nicht zerstören konnte. Seit über 800 Jahren steht er im Herzen Wiens und genauso lange wird an ihm gebaut und repariert. An einem solchen besonderen Ort geschehen natürlich Dinge, die man nicht immer erklären kann. Übernatürliche Geschehnisse, die zu Sagen wurden, welche man heute noch erzählt. "Das Sagenbuch zum Stephansdom vereint diese und präsentiert darüber hinaus auch drei neue Erzählungen.

Von Linden, Wetterhähnen, Kegelpartien und himmlischen wie teuflischen Helfern

Die meisten Wiener kennen sie, die Sagen vom Meisterkegler von Wien, der sein Schicksal herausforderte und eine List gegen den Tod ersann. Von Meister Puchsbaum, der mit dem Teufel einen Pakt einging, um den Nordturm schneller zu errichten. Von den drei Studenten, die sich über eine Jesusstatue lustig machten und anschließend von fürchterlichem Zahnweh heimgesucht wurden. Von Neidhard Fuchs, dem die Bauern aus Neid übel mitspielten, vom Fenstergucker, der Himmelspförtnerin, der Diensbotenmuttergottes, dem Hahn auf dem Stephansdom oder den Tattermännern. Neu dagegen ist die Sage von den Wasserspeiern, die rund um den Stephansdom zu finden sind, genau wie jene vom Streit zwischen Wien und Linz, wer die höchste Kirche hat, und von der Händlerin, die sich wünschte, den Dom nicht mehr sehen zu müssen.

Die Sagen zum Stephansdom in gesammelter Form

Sagen faszinieren uns Menschen. Ihre phantastischen Elemente und die Wirklichkeit übersteigende Ereignisse üben auf uns eine magische Anziehung aus. Stimmt es, was uns da erzählt wird? Ein jeder weiß, dass in jeder Sage ein Körnchen Wahrheit steckt, besonders dann, wenn man Spuren jener Ereignisse noch sehen kann.
Sagen gibt es überall. Jede Region, jede Stadt und fast jede Kirche hat seine ganz eigene Legende, manchmal auch mehrere. So auch der Wiener Stephansdom. Vieles an ihm erinnert noch heute an die phantastischen Begebenheiten, die man sich seit Jahrhunderten erzählt: der unvollendete Nordturm, der Zahnwehherrgott, das Neidhart-Grab, die Dienstbotenmuttergottes, um nur einige wenige zu nennen. Bei einem Besuch des Doms gehen wir an ihnen vorbei, betrachten sie, doch kennen wir auch alle Geschichten dahinter? Einige vielleicht, bei anderen erinnern wir uns, dass es da etwas gegeben hat und vieles übersehen wir auch, weil wir uns der Bedeutung gar nicht bewusst sind. Mit dem neuen Sagenbuch können sowohl alteingesessene Wiener, neu hinzugezogene und Touristen den Stephansdom auf eine andere Weise kennenlernen. Modern, in frischem Gewand und lebendig erzählt Barbara Schinko die alten Sagen des Stephandoms nach. Stimmungsvoll und atmosphärisch entfalten sich die alten Geschichten vor uns, hüllen uns ein und nehmen uns mit in vergangene Zeiten. Wir dürfen einen Blick zurückwerfen und einen Eindruck davon erhalten, wie die Menschen einst in Wien lebten. Inhaltlich sind die Sagen breit gefächert. Sie ranken sich um den Dombau, um Geistliche, die hier lebten und andere große Persönlichkeiten. Ebenso erzählen sie aber auch von den einfachen Menschen, die zum Dom kamen um Trost zu finden. Bei vielen Sagen hat natürlich der Teufel seine Hand im Spiel. Es wird gewettet und gefeilscht und jeder versucht sein Gegenüber auszutricksen. Das ist nicht immer ratsam.
Begleitet werden die Erzählungen von Leonora Leitls besonderen Illustrationen. Mit ihrer Wachs-Nadel-Technik schuf sie ganz unverkennbare Bilder in leuchtenden Farben, die wunderbar zu diesem Buch passen. Die Illustrationen der Vorsatzseiten, insbesondere den hinteren, erinnern ein wenig an van Goghs Sternennacht. Eine Hommage an den großen Künstler?

Auf jeden Fall ist "Das Sagenbuch zum Stephansdom" eine Hommage und eine Liebeserklärung an eben jenes imposante Gebäude, das seit Jahrhunderten in Wien steht. So einzigartig und bedeutend dieser Ort für die Menschen ist, so wichtig sind seine Sagen für ihn. Das Buch ist ein Stück Heimat, ein Stück Kultur und ein Stück Wien, das man sowohl seinen Bewohnern als auch Touristen ans Herz legen kann.

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