Es gibt für jede Person ein Szenario, das sie selbst für das denkbar schlechteste hält. Doch zwischen Theorie und Praxis gibt es gewaltige Unterschiede, wie auch der Junge Luke Parker im Jugendroman „Mein Bruder ist ein Superheld“ feststellen muss. So wie auch Janett nicht damit rechnete, dass ihr das Rezensionsexemplar während des Lesens entrissen werden sollte - doch dazu später mehr.
Zack und Luke sind mehr oder weniger typische Geschwister. Zumindest wenn man davon ausgeht, dass der ältere Bruder ein Streber und der jüngere ein absoluter Comicfan ist. So haben sie sich nicht immer viel zu sagen. Bis zu jenem Tag, als Luke aus dem Baumhaus auf die Toilette verschwindet. Denn als er zurückkehrt hat sein Bruder, der rein gar nichts davon versteht, Superkräfte. Von nun an ist er „Star Typ“, da „Starman“ und „Star Boy“ schon vergeben sind. Offenbar hat ein außerirdischer „Bestimmer“ die Gelegenheit genutzt, um Zack Kräfte zu verleihen, damit dieser eine geheimnisvolle Nemesis abwehren kann. So tut er unter Lukes Anleitung mit seinen neuen telekinetischen Fähigkeiten Gutes. Das erregt immer mehr Aufmerksamkeit, auch wenn seinen Fans missfällt, dass er kein Cape trägt – auch Luke ist das ein Dorn im Auge. Überhaupt findet er, dass sich der Außerirdische den falschen Jungen ausgesucht hat, er selbst würde es viel mehr verdienen, Kräfte wie in Comics zu besitzen. Zu allem Überfluss will nun Lukes Mitschülerin Lara den Superhelden demaskieren, um endlich Anerkennung für ihre journalistischen Bemühungen zu erhalten – wenngleich ihre kreative (und falsche) Wortwahl meist eher zu Verblüffung führt. Doch während sie, insgeheim von Luke gebremst, dem Geheimnis seines Bruders langsam auf die Spur kommt, tritt eine tatsächliche Katastrophe ein – just nachdem Zack von einem Unbekannten in einem Roboteranzug entführt wurde. Steht nun das Ende der Welt bevor oder kann „Star Typ“ (im Original „Super Guy“) die Welt noch retten?
Den Ausschlag dazu, dieses Buch zu rezensieren, gab ein erster Blick ins Glossar . Es beginnt mit „Ant-Man“ und beinhaltet über „Darth Vader“, „Hobbit“, „Green Arrow“ und „Xenomorph“ alles bis zu „Zatanna“. Daher wanderte das Buch vom Stapel der Chefin auf den des Obernerds im Hause von „Janetts Meinung“. Und es hat sich gelohnt. Nicht nur jugendliche Fans von Comics kommen hier auf ihre Kosten, auch der eine oder andere Nerd-Generationenkonflikt wird amüsant gezeichnet. Selbst wenn das Verhalten der Superschurken beinahe erwartungsgemäß äußerst klischeehaft ist, ist es spannend dem kleinen Nicht-Superhelden auf seinem Weg zu folgen, um die Identität seines Bruders zu schützen und ihm letztendlich auch dabei zu helfen, seine Aufgabe zu erfüllen. Besonderen Tiefgang darf man von der Materie natürlich nicht erwarten – dafür geht es zu nerdig zu. Auch die Nennung der vielen Begriffe im Glossar war etwas übertrieben, kommen doch die meisten von ihnen nur in einem Nebensatz vor. Und ja, es ist nicht ganz angemessen „Doctor Strange“ als Superschurken anzuführen – auch wenn Stan Lee und Steve Ditko ihn zu Beginn als solchen im Sinn hatten. Die volle Punktezahl gibt es nur deshalb nicht, weil man noch weit mehr amüsante (Comic-)Elemente mit einbinden hätte können.
„Mein Bruder ist ein Superheld“ ist ein Jugendbuch, das nicht nur jungen Comicfans gefallen wird. Nerdig, mit eindeutigen Anspielungen in Richtung Comic und Fandom durchsetzt, gibt es eine unterhaltsame Geschichte mit einigen vorhersehbaren Wendungen und einem allzu typischen Bösewicht. Da das Buch jedoch trotzdem sehr amüsant ist, obwohl die im Glossar angeführten „Black Bolt“ und „Starman“ maximal in einem Nebensatz vorkommen, können wir das Werk allen heranwachsenden Nerds und Eltern, die ihre Kinder in eine solche Richtung (v)erziehen wollen, nur empfehlen.
Details
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Erschienen:07/2015
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Umfang:352
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Typ:Hardcover
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Altersempfehlung:10 Jahre
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ISBN 13:9783848920594
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Preis (D):14,90 €