Vom Fuchs, der ein Reh sei wollte

von Kirsten Boie, Karl Menrad (Sprecher*in)
Rezension von Janett Cernohuby | 15. März 2019

Vom Fuchs, der ein Reh sei wollte

Kann man über seinen Schatten springen, Gewohnheiten, die durch Herkunft, Familie, Mentalität zu Eigen geworden sind, einfach über Bord werfen und jemand ganz anderes werden? Nein, werden die einen jetzt sagen. Doch zum Glück sind nicht alle so festgefahren in ihrer Meinung, sondern geben jemandem, der sich ändern möchte, eine Chance. Das wird auch zum zentralen Thema in Kirsten Boies neuestem Meisterwerk für Kinder: „Vom Fuchs, der ein Reh sein wollte“. Für die Hörbuchfassung lieh Karl Menrad den Tieren des Waldes seine Stimme.

Eine Tierfabel über Familie, Freundschaft und Vertrauen

Bei einem Waldbrand fliehen alle Tiere auf die Sommerwiese, um ein neues Zuhause zu suchen. Dabei entdecken sie ein Fuchsjunges, das sich unter einem Strauch versteckt. Doch wo ist seine Familie? Ob sie bei dem Feuer… Doch obwohl jeder mit dem kleinen Fuchs Mitleid hat, will ihn keiner bei sich aufnehmen. Ein Fuchs ist ein Fuchs, heißt es da, und dass man ihm nicht trauen könne. Nur Mama Reh hat Mitleid mit dem Kleinen und nimmt ihn bei sich auf. Sie gibt ihm den Namen Blau-Auge und von nun an begleitet er sie und ihre drei Kitze, ja gehört zur Familie von Mama Reh. Als jedoch eines Tages eines der Mäusekinder verschwindet, wird sofort Blau-Auge verdächtig. Doch der kleine Fuchs zeigt, dass er ein Freund ist, auf dem man sich verlassen kann.

Ein wunderbares Hörbuch für die ganze Familie

Was macht eine gute Geschichte aus? Der Uhu weiß es und verrät es: Sie muss mindestens tausend Wörter haben, sie muss spannend sein, lustig und manchmal auch ein bisschen traurig, doch am Ende müssen alle wieder fröhlich sein.
Mit diesen Worten beginnt Kirsten Boie ihr wundervolles Kinderbuch „Vom Fuchs, der ein Reh sein wollte“. Was folgt, ist eine atmosphärische, warmherzige Geschichte aus der Tierwelt. Eine Tierfabel mit einer ganz klaren Botschaft. Nach den einleitenden Worten darüber, was eine gute Geschichte ausmacht, finden wir uns auch schon mittendrin im Wald, oder eigentlich nicht im Wald, denn der ist ja abgebrannt. Stimmungsvoll und dicht erzählt Kirsten Boie ihre Geschichte, baut mit Worten eine Kulisse, die beim Zuhören vor dem inneren Auge Gestalt annimmt,deren Bewohner lebendig werden und ganz wunderbar sind. Auf faszinierende Weise beschreibt Kirsten Boie alles Geschehen aus der Perspektive der Tiere. Dabei benennt sie vieles neu, vor allem das, was von uns Menschen stammt. Da ist nicht von Straßen, Autos oder Häusern die Rede. Nein, diese Dinge werden so umschrieben, wie sie von den Tieren wahrgenommen werden. Ebenso die Erklärungen für deren Notwendigkeit passieren aus der Sichtweise der Tiere. Hier zeigt Kirsten Boie, wie kreativ und fantasievoll sie ist. So manches Mal muss man als Zuhörer genau überlegen, bevor sich der Sinn der tierischen Wortkreation erschließt. Aber einleuchtend sind sie immer!
Doch auch das Miteinander zwischen den Tieren verströmt eine ganz besondere Atmosphäre. Hier hört man nicht einfach irgendeine Tiergeschichte, nacherzählt von uns Menschen, nein, hier taucht man ein in eine Erzählung von Tieren über Tiere. Genau das ist es, was diese Geschichte so zauberhaft macht.
Für die Spannung sorgt das Verschwinden des Mäusekindes. Spätestens jetzt wird klar, dass die Tiere ihr Misstrauen, ihre Vorurteile gegenüber dem kleinen Fuchs keineswegs abgelegt haben. Sie sehen in ihm nach wie vor jemanden, dem man nicht trauen kann. Jemand, der ihnen nichts Gutes will und der sie früher oder später hintergehen wird. Das stimmt nicht nur den kleinen Fuchs traurig, sondern auch die Leser. Zumal sie ja wissen, wie es wirklich war. Anders als die Waldtiere, ist der Fuchs viel toleranter. Er beweist ihnen seine Unschuld und hilft ihnen darüber hinaus noch in einer sehr gefährlichen und beängstigenden Situation. Und zwar mit genau mit dem, worüber sie alle geschimpft hatten: seiner Schläue.
Kirsten Boies Botschaft hinter der Geschichte ist klar, kommt aber nicht mit dem erhobenen Zeigefinger. Sie erzählt von Toleranz, von Vertrauen, von der Überwindung von Vorurteilen und von der Bedeutung von Freundschaft. Sie zeigt, dass Aussehen und Herkunft nicht bestimmen, wie es in jemandem aussieht. Welche Charaktereigenschaften er wirklich hat.
Gelesen wird das Hörbuch von Karl Menrad. Der erfahrene und gern gehörte Sprecher nimmt seine jungen Zuhörer und Zuhörerinnen mit in die Welt der Tiere und lässt sie in dieses spannende Waldabenteuer eintauchen. Wunderbar verleiht er den Tieren ihre eigenen Stimmen, lässt sie mal piepsig, mal hochnäsig oder ungeduldig klingen. So wird die Geschichte lebendig und man hört noch begeisterter zu.

„Vom Fuchs, der ein Reh sein wollte“ ist eine neue warmherzige und charmante Geschichte von Kirsten Boie. Sie erzählt ein tierisches Abenteuer, in dem es um Toleranz, um die Bedeutung von Freundschaft, Mut und Zugehörigkeitsgefühl geht. Ebenso stimmungsvoll von Karl Menrad gelesen, verzaubert sie die ganze Familie.

Details

  • Verlag:
  • Genre:
  • Sprache:
    Deutsch
  • Erschienen:
    02/2019
  • Umfang:
    3 Audio-CDs
  • Typ:
    CD
  • Altersempfehlung:
    6 Jahre
  • ISBN 13:
    9783833739774
  • Spieldauer:
    338 Minuten

Bewertung

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