33 Bogen und ein Teehaus

von Mehrnousch Zaeri-Esfahani
Rezension von Janett Cernohuby | 29. Januar 2016

33 Bogen und ein Teehaus

In den letzten Monaten ist das Thema Flüchtlinge immer mehr ins Blickfeld geraten. Derzeit erleben wir einen bisher noch nicht dagewesenen Andrang von Flüchtlingen. Doch was bedeutet es, ein Flüchtling zu sein? Wie fühlen sich die Menschen, die ihr Zuhause, ihre Existenz und ihre Identität zurückließen, auf der Suche nach Frieden und Freiheit? Die Iranerin Mernousch Zaeri-Esfahani erzählt in "33 Bogen und ein Teehaus" ihre eigene Geschichte als Flüchtling.

Mehrnousch erlebt als Tochter eines Arztes eine privilegierte Kindheit. Zusammen mit drei Geschwistern wächst sie glücklich und behütet in der iranischen Stadt Isfahan heran. Als Ende der 1970iger der Schah vertrieben wird und Ayatollah Chomeini der neue Machthaber, jubelt auch Mehrnouschs Familie über dieses Ereignis, nicht ahnend, dass der neue Machthaber eine Willkürherrschaft errichtet und alle ihrer Freiheit beraubt. Angst und Unterdrückung halten Einzug in alle Lebensbereiche und bald schon bricht der Krieg gegen den Irak aus. Als die Regierung immer rücksichtsloser männliche Jugendliche für den Krieg einberuft und auch Mehrnouschs 14jähriger Bruder in Gefahr gerät, in den Krieg geschickt zu werden, flieht ihre Familie nach Istanbul. Doch hier sind sie nicht willkommen und so geht ihre Reise weiter über Ostberlin nach Westdeutschland. Dort angekommen beginnt eine Odyssee durch mehrere Flüchtlingsheime. Die Familie lebt zwischen Hoffnung und Verzweiflung und der allgegenwärtigen Angst, wieder nach Iran zurückkehren zu müssen. Doch in Heidelberg finden sie nicht nur eine Wohnung, sondern auch endlich eine neue Heimat.

"33 Bogen und ein Teehaus" ist die autobiografische Gesichte eines Flüchtlingskindes und seiner Familie, die auf der Suche nach einer Ort sind, an dem sie in Frieden leben können und Kinder heranwachsen lassen. Bisher war dies die iranische Stadt Isfahan. Doch mit dem Machtwechsel, dem beginnenden Krieg gegen den Irak ist ihre geliebte Heimat für sie nur noch ein Ort der Angst und des Schreckens. Als die Gefahr für eines der Kinder immer größer wird, wagen die Eltern eine Flucht ins Ungewisse. Von nun an leben sie nur noch für den nächsten Tag, ohne wirkliche Zukunftspläne. Trotzdem bieten die Eltern all ihre Kräfte auf, um ihren Kindern eine solche zu bieten. Eine Zukunft, in der sie etwas lernen und etwas werden können.
Mit schlichter, aber schöner Sprache erzählt Mehrnousch Zaeri-Esfahani ihre Geschichte und die ihrer Familie. Dieser Erzählung wohnt eine poetische Kraft inne, die den Leser berührt und in der Geschichte gefangen hält. Deutlich spürt man die Angst, die vom iranischen Regime ausgeht. Die Angst, dass die eigenen Kinder in den Krieg geschickt werden. Die Grausamkeit, wie Jungs, Kinder noch, zu Objekten degradiert werden, die lediglich dazu da sind, Minenfelder zu säubern. Man spürt die Traurigkeit und Verzweiflung der iranischen Familien und man versteht, warum Mehrnouschs Eltern Iran verlassen haben. Ein Jahr lang flüchten sie ins Ungewisse. Mit jeder Station scheinen sie dabei ihrem Ziel, einer sicheren Heimat, noch weiter entfernt zu sein. Doch es gibt auch schöne Momente, die Hoffnung und Kraft geben. Als die Familie dann in Heidelberg ankommt, Mehrnousch endlich wieder die Schule besuchen darf und kann, atmet nicht nur die Familie erleichtert auf, sondern auch der Leser.
Das Buch, mit einem Schicksal, das stellvertretend für viele andere Familien steht, berührt mit seinem Leid, macht betroffen und zeigt, dass wir doch alle nur einen Wunsch haben: Ein glückliches Leben in Frieden und Freiheit zu führen.

"33 Bogen und ein Teehaus" ist ein Jugendbuch über Flucht, Migration und Neuanfang. Es ist eine Geschichte, die trotz ihrer Kürze und ihrer schlichten Sprache so viel erzählt. Sie berührt, macht betroffen und ist ein ganz wichtiger Beitrag für unsere Zeit, in der so viele Menschen auf der Flucht sind, wie nie zuvor.

Details

Bewertung

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