Dönerröschen

von Jaromir Konecny
Rezension von Janett Cernohuby | 09. Mai 2013

Dönerröschen

Wenn man aus einem wohlbehüteten und überschaubaren Umfeld in die große, wilde Stadt umzieht, sind Vorurteile gegenüber gewissen Bevölkerungsgruppen noch das kleinste persönliche Übel. Viel schlimmer ist die eigene hinterwäldlerische Sichtweise auf die Dinge. Diese abzulegen ist dabei eine weit größere Herausforderung - und einer solchen muss sich auch der sechzehnjährige Held aus Jaromir Konecnys neuem Jugendroman "Dönerröschen" stellen.

Jonas ist erst gerade erst mit seinen Eltern aus dem ländlichen Oberhaching in das Neuperlacher "Ghetto" von München gezogen. Der Kulturschock ist gewaltig. Schon bei seinem ersten Streifzug durchs Viertel muss er feststellen, dass es zwar einen Bolzplatz gibt, dort aber nur Türken kicken. Bei der anschließenden Schlägerei lernt er Schnauze kennen, einen Wahltürken aus Franken. Durch ihn bekommt er Zugang zu den türkischen Jugendlichen der Gegend. Von nun an geht es rund für Jonas. Durch Schnauze lernt er Sibel kennen, ein süßes türkisches Mädel, das ihn ganz schön ins Schwitzen bringt. Denn einerseits mag er sie und möchte sie zur Freundin haben. Auf der anderen Seite sind da ihre türkische Familie und die türkische Tradition und...wie war das gleich wieder? Sibels Vater hat sicherlich eine ordentliche Säbelsammlung zuhause, mit der er jedem den Schniedel abschneidet, der seiner Tochter zu nahe kommt. Auch Sibels Bruder ist eine drohende Gefahr, ist doch in den Medien ständig von Ehrenmorden zu lesen. Doch gerade als er sich in Sibels Familie eingefunden hat und merkt, dass alles heißer gekocht als gegessen wird, meldet sich die anatolische Oma zu Besuch an. Mit Oma ist nicht zu spaßen. Bereits in ihrer Jugend hat sie Bösewichte mit dem Nudelholz aus ihrem Dorf vertrieben. Sicherlich wird sie auch Jonas an die Eingeweide wollen. Vor ihr gilt es sich also in Acht zu nehmen. Doch dann kommt alles ganz anders, als Jonas beherzt eingreift und Oma das Leben rettet...

Wer Jaromir Konecny kennt, weiß was ihn bei der Lektüre des Buches erwartet. Wer ihn nicht kennt, sollte nicht vor dem Thema des Buches zurückschrecken. Denn es handelt sich keineswegs um einen Standard-Liebesroman für Jugendliche, der mit Vorurteilen zwischen Deutschen und Türken aufräumt. Im Gegenteil. Ja, es ist eine Liebesgeschichte vorhanden, aber sie ist eigentlich nur Mittel zum Zweck. Jaromir Konecny lebt alle möglichen kulturellen Missverständnisse, Vorurteile und Klischees herrlich aus. Für den jungen Protagonisten Jonas bedeutet dies zwar allgegenwärtige Angst vor körperlichem Schaden, für den Leser allerdings urkomisches Lesevergnügen. Sofern man überhaupt noch zum Lesen kommt und sich nicht halb totlacht. Taschentücher sind unabdingbar, wenngleich eher zum Wegwischen der zahlreichen Lachtränen.
Die Charaktere sind äußerst liebenswert ausgearbeitet, obwohl man dem Autor an mancher Stelle auch fehlenden Tiefgang vorwerfen könnte. So sind die Hintergründe, warum Jonas mit seiner Familie nach Neuperlach zieht, spärlich bis nicht vorhanden. Im Laufe der Handlung erfährt man am Rande von Geldproblemen. Aber eigentlich vermisst man dieses Hintergrundwissen nicht wirklich, denn der nächste Fauxpas und das nächste Fettnäpfchen warten schon im neuen Absatz. Und das macht jeglichen fehlenden Tiefgang mehr als nur wett.
Die Handlung ist einfach gestrickt. Ein junger Bursche verliebt sich in junges Mädchen. Doch alles was nun dazwischen geschieht, macht das Buch so lesenswert. Es ist die Art, wie der Autor die Geschichte erzählt. Aus welchen banalen und normalen Alltagssituationen er komische Momente und Szenen herausholt, ohne die Stelle aber albern oder übertrieben zu machen, ist beinahe genial. Oftmals sind es nur kleine Taten, Kommentare oder Ereignisse, die beim Leser ein Kopfkino mit Lacheffekt auslösen.
Einzig der Schluss des Buchs ist nicht gut gelungen. Denn plötzlich ist die Geschichte aus; ein wenig zu abrupt, wie wir fanden.

Trotzdem, das Buch hat uns nicht nur die Tränen in die Augen schießen lassen, es hat auch für sehr lustige Lesestunden gesorgt. Eigentlich kann, nein muss man es allen jugendlichen Lesern empfehlen. Ohne Grund. Einfach nur, weil es komisch, stimmungsvoll und kurzweilig ist. Weil es Klischees bedient und diese so richtig auskostet. Weil "Dönerröschen" einfach nur gelungen ist.

Details

  • Autor*in:
  • Verlag:
  • Genre:
  • Sprache:
    Deutsch
  • Erschienen:
    04/2013
  • Umfang:
    224 Seiten
  • Typ:
    Hardcover
  • Altersempfehlung:
    13 Jahre
  • ISBN 13:
    9783570161340
  • Preis (D):
    12,99 €

Bewertung

  • Gesamt:
  • Spannung:
  • Anspruch:
  • Humor:
  • Gefühl:

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