Der Stern vor meinem Fenster

Antolin Quiz
von Onjali Q. Raúf
Rezension von Emilia Engel | 24. April 2023

Der Stern vor meinem Fenster

Das Leben meint es nicht immer gut mit Kindern. Aniya und Noah haben einiges erlitten, doch das bedeutet nicht, dass das den Rest des Lebens so weitergehen muss. Das Geschwisterpaar hält eng zusammen und die große Schwester spendet dem kleinen Bruder Trost in dieser schwierigen Zeit. Als am Himmel ein neuer Stern erstrahlt, beginnen die Augen der Kinder endlich wieder zu leuchten und sie gehen in eine Zukunft, die viel Hoffnung bereithält.

Aniya und Noah kommen als Pflegekinder zu Mrs. Iwuchukwu. Noch frisch ist die Trauer um die Mutter, die erst kurz zuvor von ihnen gegangen ist. Die zehnjährige Aniya hat sogar ihre Stimme verloren und spricht nicht mehr. Doch wie die Kinder von ihrer Mutter wissen, werden die ganz besonderen Menschen zu Sternen, wenn sie ihre Körper verlassen. Darum sind Aniya und Noah, der erst fünf Jahre alt ist, mehr als begeistert, als sie in den Nachrichten hören, dass vom Königlichen Observatorien Greenwich ein neuer Stern entdeckt wurde. Für die Kinder ist sofort klar, das muss ihre Mutter sein. Das große Problem ist nur, dass die Astronomen bzw. die Sternenjäger, wie Aniya diese nennt, den Stern unbedingt mit dem Namen ihrer Mutter taufen müssen. Deshalb müssen sie unbedingt zum Observatorium fahren und die Sternenjäger dort überzeugen, diesen besonderen Namen zu vergeben. Das ist natürlich kein einfaches Unterfangen, denn der Weg nach London ist für ein zehnjähriges Kind weit. Doch Ben und Travis, die beiden Jungs in ihrer Pflegefamilie, haben nicht vor, Aniya allein durch dieses Abenteuer zu schicken. Die beiden haben Aniya in dieser kurzen Zeit schon sehr lieb gewonnen und wollen ihr daher helfen. Immerhin wissen sie, wie wichtig diese Sache für Aniya ist.
Das Abenteuer, dass Aniya und ihr Bruder gemeinsam mit Ben und Travis erleben, verläuft ganz anders als geplant. Sie müssen improvisieren, was nicht immer leicht ist. Doch sie sind zusammen und füreinander da und sie haben ein gemeinsames Ziel. Das ist letztlich alles, was zählt.

Onjali Q. Raúf ist eine brillante Autorin, die sich nicht scheut, Themen aufzugreifen, die unangenehm sind oder als Tabu gelten. Mit “Der Stern vor meinem Fenster” hat sie sich ein ganz besonders schwieriges Thema ausgesucht, um das noch mehrere andere kreisen, über die man ebenfalls selten etwas liest. Der Autorin liegt es aus sehr persönlichen Gründen am Herzen, häusliche Gewalt anzusprechen - eindeutig kein leichtes Unterfangen in einem Kinderbuch. Aber es geht auch um den Tod der Mutter und um Pflegefamilien.
Die Protagonistin Aniya ist zehn Jahre alt und ihr kleiner Bruder Noah ist erst fünf, als sie zu einer Pflegefamilie kommen. Die Mutter ist gestorben, als sie vor dem gewalttätigen Vater flüchtete. Aniya und ihr Bruder haben mit ihrer Mutter immer viele Spiele gespielt. Sich im Zimmer einschließen, wenn der Vater unten wieder laut” Möbel umstellt”, und manch andere. Aus Aniyas Erzählweise lässt sich leicht erkennen, dass sie ganz arglos ist. Zwischen den Zeilen liest man - zumindest als Erwachsene, aber vielleicht ahnen es auch schon die jungen Leser und Leserinnen -, dass es hier eindeutig darum geht, dass der Vater seine Frau schlägt.
In der Pflegefamilie sind bereits drei andere Pflegekinder. Es sind drei ganz unterschiedliche Charaktere - der schüchterne Travis, der lustige und nette Ben und die arrogante Sophie. Es ist natürlich kein leichtes Ankommen in der Pflegefamilie, die Trauer sitzt so tief, dass es Aniya sogar wortwörtlich die Sprache verschlagen hat. Als genau zu diesem Zeitpunkt der neue, unbekannte Stern auftaucht, passt natürlich perfekt in das Weltbild der Kinder, wo doch die Mutter erzählte, dass manche Menschen zu Sternen werden.
Es ist herzerwärmend zu sehen, wie Ben und Travis sich Aniya und ihrem kleinen Bruder annehmen, damit beide den waghalsigen Plan durchführen können. Denn - wie die beiden Jungs sagen - Pflegekinder halten immer zusammen.
Onjali Q. Raúf hat so eine angenehme Art zu schreiben. Sie erzählt aus Aniyas Sicht, aber es steht so unglaublich viel zwischen den Zeilen. Dieses Buch rührt zu Tränen, spendet dabei aber zugleich eine Menge Hoffnung. Obwohl der Tod einer Mutter und das Leben als Pflegekind hart sind, zeigt die Autorin wie viele Menschen es gibt, die gütig und liebevoll zu diesen Kindern sind.

Mit “Ein Stern vor meinem Fenster” bekommen die Leser und Leserinnen einen wertvollen, einfühlsamen Kinderroman. Was naturgemäß keine einfache Lesekost ist, verpackt die Autorin so geschickt, dass man auch als junger Lesende damit zurechtkommt. Dennoch ist es ratsam - darauf weist die Autorin am Anfang des Buchs hin - wer mit häuslicher Gewalt Berührung hat, für den ist dieses Buch natürlich nur mit Bedacht zu lesen. Dennoch können wir dieses Buch den großen und kleinen Lesern und Leserinnen sehr ans Herz legen und empfehlen dabei, sich gemeinsam mit den Kindern mit der Lektüre zu befassen.

Details

  • Autor*in:
  • Originaltitel:
    The Star Outside My Window
  • Verlag:
  • Genre:
  • Sprache:
    Deutsch
  • Erschienen:
    02/2023
  • Umfang:
    304 Seiten
  • Typ:
    Hardcover
  • Altersempfehlung:
    10 Jahre
  • ISBN 13:
    9783855356614
  • Preis (D):
    17 €

Bewertung

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