Silberregen glitzert nicht

Antolin Quiz
von Christine Werner
Rezension von Janett Cernohuby | 07. April 2023

Silberregen glitzert nicht

Parentifzierung nennt man es, wenn Kinder die Aufgaben ihrer Eltern übernehmen und sich um kleine Geschwister, Kochen und Aufräumen kümmern. Das passiert beispielsweise, wenn ein Kind in einer Suchtfamilie lebt. Dieses Kind versucht nun alles, um die Probleme zuhause vor seinen Mitmenschen geheim zu halten. Es versucht, seine Familie zu schützen - bis der Druck irgendwann zu groß wird. Genau darum geht es in Christine Werners berührendem Kinderbuch.

Zwischen Silberregen und wildem Gestrüpp

Emelys Mutter ist die Königin der Quizshows. Gemeinsam haben sich die beiden abends vor den Fernseher gesetzt und mitgefiebert, auf welchen Kandidaten oder welche Kandidatin wohl der Silberregen niederrieseln wird. Doch seit der Geburt von Emelys kleiner Schwester ist alles anders geworden. Silberpapier gibt es nun zahlreich bei Emely. Doch es ist das Silberpapier der Tablettenverpackungen, die das Mädchen überall in der Wohnung aufsammelt. Tabletten, die ihre Mutter immer häufiger schluckt, weil ihr der Alltag über den Kopf gewachsen ist. Nun übernimmt ihn Emely. Sie bringt die kleinen Geschwister in den Kindergarten, erledigt die Einkäufe, für die ihre Mutter zu müde ist, tut alles, damit die Familie weiter funktioniert. Dabei wäre sie viel lieber im Skatepark oder würde zusammen mit ihrem besten Freund Mathis Eis essen gehen. Irgendwann erkennt Emely, dass nicht jedes Geheimnis gehütet werden kann und dass es manchmal wichtig ist, sich Hilfe zu holen. Denn man ist nicht alleine und es gibt Hilfe.

Eine Stimme für betroffene Kinder

Das ist die Botschaft, die Christine Werner mit diesem Buch jungen Menschen mit auf den Weg geben möchte: Du bist nicht alleine.
Die Journalistin greift hier wieder ein Thema auf, das von großer Wichtigkeit und sehr emotional ist. Es geht um die Tablettensucht eines Elternteils, um das Zusammenbrechen der Familienstruktur und wie Kinder plötzlich in die Rolle der Erwachsenen schlüpfen, um nach außen hin den Schein der heilen Familie zu wahren. Eine Lebenssituation, von der jedes sechste Kind in Deutschland betroffen ist. Christine Werner gibt diesen Kindern eine Stimme und zeigt Nichtbetroffenen, wie ihr Alltag aussieht. Es ist eine tief bewegende Geschichte, die traurig macht und erschüttert. Gleichzeitig ist das Buch mit einer Leichtigkeit geschrieben, die uns Lesende von Anfang an spüren lässt, dass es Hilfe für Emely gibt. Und das sind letztendlich auch die Worte, mit denen das Buch endet, „…ich bin für dich da.“ Doch bis Emely diesen Satz hört, durchwandert sie ein Auf und Ab. Nie weiß sie, was der neue Tag bringt. Wird ihre Mutter die Kraft finden, um aufzustehen und sich um ihre Familie zu kümmern? Wird die Mutter auch nach Schulschluss noch wach sein, um gegebene Versprechen einzuhalten? Oft wird Emely enttäuscht, oft werden der Morgen und Nachmittag für sie zu einem Drahtseilakt. Sie muss zwischen Schule und Kindergarten, zwischen Skatepark und Haushalt hin- und hertanzen. Stets dabei ist die Angst, ihren besten Freund vor den Kopf zu stoßen und ihn zu verlieren. Doch er ist es letztendlich, der Emely hilft einen mutigen Schritt zu tun. Einen Schritt, der Hilfe bringt und ihr zeigt, dass sie nicht alleine ist.

Christine Werner greift in „Silberregen glitzert nicht“ ein wichtiges Thema auf und gibt Kindern aus Suchtfamilien eine Stimme. Berührend und bewegend erzählt sie davon, wie diese Kinder um ihre Familie kämpfen, wie sie sich aufopfern, um den Schein zu wahren. Es ist ein Buch, das bewegt und das unbedingt gelesen werden muss. Von Kindern, von Lehrkräften, von Pädagoginnen und Pädagogen, von allen Erwachsenen.

Details

  • Autor*in:
  • Verlag:
  • Genre:
  • Erschienen:
    02/2023
  • Umfang:
    208 Seiten
  • Typ:
    Hardcover
  • Altersempfehlung:
    11 Jahre
  • ISBN 13:
    9783958541979
  • Preis (D):
    16,00 €

Bewertung

  • Gesamt:
  • Spannung:
  • Anspruch:
  • Gefühl:

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