Die Stille zwischen den Sekunden

Antolin Quiz
von Tania Witte
Rezension von Janett Cernohuby | 13. Mai 2019

Die Stille zwischen den Sekunden

Jeder kennt Situationen, in denen der Zufall oder ein Schutzengel verhindern, dass man in einen Unfall verwickelt wird. Oder in denen man durch eine glückliche Fügung, eine einmalige Chance bekommt. Eine solche Fügung des Schicksals erlebt auch Tania Wittes Protagonistin im Jugendroman „Die Stille zwischen den Sekunden“.

Nur einen Augenblick zu spät

Eilig rennt Mara die Treppen hinab. Sie muss unbedingt die U-Bahn erwischen, da ihre Mutter pünktlich zu Abend essen wollte. Doch Mara stolpert, fällt hin. Kaum hat sie sich aufgerappelt, schließen sich die Türen und die U-Bahn fährt ohne sie ab. Frustriert beschließt Mara, zu Fuß heim zu gehen. Zuhause angekommen erfährt sie, dass genau in jener U-Bahn, die sie verpasst hat, ein Bombenattentat verübt wurde.
Mara ist diesem nur knapp entkommen. Sie wird zum Mädchen, das überlebt hat. Doch während ihre Mutter und ihre Mitschüler Betroffenheit von ihr erwarten, hat Mara andere Sorgen. Ihre Freundin Sirîn meldet sich nicht mehr bei ihr. Ihr Vater hat ihr mal wieder das Smartphone weggenommen und ihr Hausarrest verpasst. Mara versucht bei Sirîns Vater ein gutes Wort einzulegen, versucht zu vermitteln. Doch der blockt ab, will mit ihr nichts zu tun haben. Was ist nur los? Woher kommt plötzlich diese Zurückweisung? Schwebt Sirîn in Gefahr? Da bietet ihr Schwarm Chriso Hilfe an und plötzlich kommt Licht ins Dunkel. Doch was Mara erfährt, zieht ihr den Boden unter den Füßen weg…

Spannend, packend, unerwartet

Tania Witte schrieb mit “Die Stille zwischen den Sekunden“ einen unglaublich fesselnden und packenden Jugendroman. Darin präsentiert sie ein Szenario, bei dem einem ein kalter Schauer über den Rücken läuft: Mara entkommt nur knapp einem Bombenattentat in der U-Bahn. Doch wie fühlt man sich, wenn man weiß, dass man durch Zufall, durch ein Stolpern auf der Treppe überlebt hat? Was geht in einem vor?
Ohne lange Vorreden oder Charakterbeschreibungen wirft Tania Witte ihre Leserinnen mitten hinein ins Geschehen. Wir hechten mit Mara die Stufen zur U-Bahn hinab, ärgern uns, die Bahn so knapp verpasst zu haben und atmen erleichtert auf, als wir erfahren, dass sie einem Bombenattentat entgangen ist. Als Mara beginnt sich abzukapseln, den Umstand, nur knapp dem Tod entkommen zu sein, herunterspielt, können wir ein Stück weit mit ihr mitfühlen. Sie will nicht im Mittelpunkt stehen, will nicht als das Mädchen bezeichnet werden, das überlebt. Man kann sie sehr gut verstehen. Aber trotzdem weiß man, dass es besser ist, wenn Mara sich dem Erlebten stellt. Wenn sie mit jemandem darüber spricht. Das will sie auch, doch ausgerechnet jetzt ist die einzige Person, der sie sich ganz öffnen kann, der sie voll vertraut, nicht erreichbar: ihre Freundin Sirîn. Sirîn, mit der sie am gleichen Tag Geburtstag hat, mit der sie so viel mehr verbindet als nur eine Freundschaft. Ausgerechnet jetzt scheint Sirîns Vater ihr wegen einer Kleinigkeit mal wieder das Smartphone abgenommen zu haben. Und schlimmer noch: Droht er womöglich, sie in den Irak zurückzuschicken, um sie dort zu verheiraten? Mara ist in Alarmbereitschaft.
Das ist das Szenario, dass uns Tania Witte präsentiert. Ein Teenager, der ein schreckliches Erlebnis verdrängt und sich Sorgen um die beste Freundin macht. Und dazwischen? Was liegt dazwischen? Man spürt förmlich, dass es hier um mehr geht. Man wartet drauf, dass der große Knall kommt. Und das tut er am auch. Doch mit dem, was uns die Autorin dann präsentiert, hat man absolut nicht gerechnet. Man ist sprachlos, man ist geschockt und vor allem ist man entsetzt. In dem Moment, in dem man zusammen mit Mara die Wahrheit erkennt, muss man kurz das Buch zur Seite legen, einen Augenblick verweilen und das gerade Gelesene verdauen. Hier ist Tania Witte nicht nur eine meisterhafte Wendung gelungen, sie hat insgesamt eine Geschichte geschaffen, die erst fesselt und dann mit einem Knalleffekt endet. Einfach großartig, einfach brillant und absolut lesenswert.

Die Stille zwischen den Sekunden

„Die Stille zwischen den Sekunden“ ist ein großartiger und packender Jugendroman. Tania Witte zeichnet in ihm ein grausames Szenario und zeigt uns, wie unterschiedlich Menschen damit umgehen. Gleichzeitig spürt der Leser in jedem Satz, auf jeder Seite, dass noch mehr hinter allem steckt. Und so ist es dann auch.
Spannung pur, von der ersten bis zur letzten Seite.

Details

  • Autor*in:
  • Verlag:
  • Genre:
  • Sprache:
    Deutsch
  • Erschienen:
    03/2019
  • Umfang:
    296 Seiten
  • Typ:
    Hardcover
  • Altersempfehlung:
    12 Jahre
  • ISBN 13:
    9783401604749
  • Preis (D):
    15,00 €

Bewertung

  • Gesamt:
  • Spannung:
  • Anspruch:
  • Gefühl: