Phie und die Hadeswurzel

von Angela Pointner
Rezension von Stefan Cernohuby | 15. Januar 2016

Phie und die Hadeswurzel

Schicksalsschläge, die einen geliebten Menschen an der Grenze zwischen Leben und Tod zurücklassen, sind eine äußerst schwierige Situation. Dabei wird einem die eigene Machtlosigkeit vor Augen geführt. Denn obwohl man bereit wäre buchstäblich alles zu tun, um den anderen wieder zurück ins Leben zu holen, hat man kaum die Möglichkeit dazu. Angela Pointner hat in ihrem Jugendroman „Phie und die Hadeswurzel“ nicht nur dieses Thema, sondern auch eigene Erfahrungen verarbeitet.

Sophies Familie steht seit dem Autounfall ihres Vaters, der seitdem im Koma liegt, stark unter Druck. Ihre Mutter versucht normalen Alltag zu suggerieren. Als jedoch zuerst Sophies Bruder Jonas und dann noch sie selbst krank werden, wird ihr das Ganze zu viel. Sophie, die schon vor einiger Zeit beschlossen hat, ihren im Koma liegenden Vater nicht mehr im Krankenhaus zu besuchen, findet nur Zuflucht in ihren Träumen, in denen sie eine eigene Welt erschaffen hat. Während sich die Situation in der realen Welt zuspitzt, lernt sie in ihrer Traumwelt andere Kinder kennen, die ihr erzählen, dass es viele Traumwandler gibt. Sie sind begeistert davon, was „Phie“ – so nennt sie sich – ganz alleine und ohne Unterweisung geschafft hat. So besuchen sich Sophie und ihre neuen Freunde Shirin und Amin gegenseitig in ihren Welten. In der Realität bittet Sophies Mutter, nach langem Kampf mit sich selbst, ihre Schwester Kati, sich in den Ferien eine Weile um die Kinder zu kümmern. Die ehemalige erfolgreiche Geschäftsfrau, die sich jetzt mit dem Künstler Nino in einem Haus im Wald niedergelassen hat, hat sich vor längerer Zeit mit ihr zerstritten. Doch für die Kinder ist die entspannte Umgebung eine Wohltat. Und dort beginnt Sophie auch, ihre wachsenden Fähigkeiten zu erproben. Und sie erfährt erstmals, dass sie unter Umständen ihren Vater von der Schwelle zwischen Träumen und Tod zurückholen könnte. Mit Hilfe der der Hadeswurzel...

Es macht durchaus einen Unterschied zu wissen, dass der Auslöser für ein Buch durchaus einen realen Hintergrund hat. Vor selbigem liest man „Phie und die Hadeswurzel“ mit etwas anderen Augen. So war es im Fall der Autorin nicht ihr Vater oder Ehemann, der ins Koma gefallen ist, sondern die eigene Tochter. Vermutlich ist dies sogar noch ein größerer Schock und eine Ausnahmesituation, mit der man erst umzugehen lernen muss. Während Alexandra Pointner letztendlich einen Schlussstrich unter seine Karriere als Skisprungtrainer setzte – man meint als aufmerksamer Leser, die eine oder andere Anspielung darauf zu finden –, verarbeitete Angela Pointner die Erlebnisse in Form des vorliegenden Jugendbuchs. Eines Buchs, das ihr überzeugend gelungen ist. Die Protagonistin durchläuft einen Lernprozess, der ihr trotz der phantastischen Handlung zeigt, dass sie nie zu hoffen und zu träumen aufhören soll, aber dennoch lernen muss, die Situation so zu akzeptieren, wie sie ist - selbst für den Fall, dass es kein Happy End geben sollte. Die Gefühle, die in diesem Buch verarbeitet wurden, sind ehrlich und echt. Sie sind es, die die Geschichte letztendlich überzeugend werden lassen. Insofern kann man das Buch durchaus empfehlen, auch wenn man den Hintergrund seiner Entstehung nicht kennt – denn es funktioniert einfach als gutes Jugendbuch, das etwas mehr Tiefgang als gewöhnlich hat.

„Phie und die Hadeswurzel“ ist ein Jugendroman von Angela Pointner, den man getrost dem Genre Fantasy zuordnen kann. Das Werk besitzt Tiefgang und kann, auch ohne die eigentliche Entstehungsgeschichte zu kennen, die auf einem wahren Hintergrund basiert, überzeugen. Da auch die Mischung aus ernstem Grundthema und phantastischen Traumwelten gelungen ist, kann man das Buch allen, die auf der Suche nach einem Jugendroman mit etwas mehr Anspruch sind, nur empfehlen.

Details

Bewertung

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