Introvertierte, schüchterne Kinder haben es nicht leicht, in einer Gruppe Anschluss zu finden. Meist haben sie einen Freund, eine Freundin an den/die sie sich klammern. Wenn diese Person dann wegzieht, führt das zu großer Verunsicherung. Genauso geht es Carla, der neuen Heldin aus Franziska Gehms Kinderbuch.
Wenn man sich in Nichts auflösen möchte und das tatsächlich tut
Carla Niemann ist tief betrübt. Ihre beste Freundin ist ans andere Ende der Welt gezogen und so graut es Carla vor dem ersten Schultag nach den Sommerferien ganz besonders. Bloß nicht auffallen, lautet ihr Motto. Doch leider ist das gar nicht so einfach, vor allem da ihre Klassenkameraden wissen wollen, wie Carlas Sommerferien waren. Doch dann kommt der absolute Gau. Die Klasse bekommt Zuwachs: Jan-Ole Heinz, kurz Jole genannt. Der entpuppt sich nicht nur als neuer Klassenclown, sondern setzt sich auch prompt neben Carla. Dorthin, wo vorher ihre beste Freundin saß. Damit nicht genug, hängt sich Jole auch noch an sie dran und sucht ihre Freundschaft. Carla ist das ganze so peinlich, dass sie sich am liebsten Luft auflösen möchte. Doch was ist das? Plötzlich sieht sie ihre Füße nicht mehr, dann ihre Beine! Löst sie sich etwa wirklich auf und wird unsichtbar?
Unsichtbarkeit als Geheimwaffe
Wer hat sich nicht schon einmal gewünscht, in einer peinlichen Situation unsichtbar zu werden? Einfach so zu verschwinden, wenn es unangenehm wird. Carla Niemann kann das seit kurzem, doch wer jetzt glaubt, dass sie sich darüber freut, der irrt. Denn ihre Unsichtbar-Anfälle verunsichern das ohnehin schon schüchterne Mädchen nur noch mehr. Und Carla ist verdammt schüchtern. So sehr, dass sie sich noch nicht einmal traut, mit ihren Klassenkameraden unverfängliche Gespräche zu führen. Manchmal ist diese Schüchternheit aber schon ein bisschen zu übertrieben und überzeichnet. Hinzu kommt, dass die Geschichte, trotz ihrer originellen Grundidee, stellenweise sehr langatmig ist. Carla dreht sich im Kreis. Sie analysiert ihre „Anfälle“, versucht damit klarzukommen. Währenddessen drängt sich Jole in ihr Leben, was grundsätzlich nicht schlecht ist. Seine witzige, lebendige Art ist das, was Carla fehlt, was ihrem Selbstvertrauen helfen könnte. Doch auch hier passiert mit Joles Charaktere das gleiche wie mit Carla: Manchmal sind seine Sprüche einfach zu viel, zu nervig und zu wenig originell. Trotzdem ist er es, der der Handlung etwas Pepp gibt und sie ein wenig vorantreibt.
Während die Leserschaft sich noch mit den beiden Kindern vertraut macht, bahnt sich im Hintergrund etwas an. Eine zwielichtige Gestalt schleicht herum, wird auf Carla aufmerksam und beobachtet sie. Droht dem Mädchen Gefahr? Also dieser Handlungsstrang endlich aufgenommen wird, ist das Buch eigentlich schon zu Ende. Natürlich gibt es eine Fortsetzung, die den geheimnisvollen Unbekannten sicherlich noch näher beleuchten wird. Dennoch kann man sich jetzt, nach der Lektüre dieses Auftakts noch keinen richtigen Reim auf das ganze machen. Man muss also den zweiten Band abwarten.
„Carla Chamäleon: Oh Schreck, ich bin weg!“ ist der Auftakt zu einer neuen Kinderbuchreihe mit einer originellen Idee. Das schüchterne Mädchen Carla entdeckt nach den Sommerferien, dass sie sich nicht nur wünscht, unsichtbar zu sein, sondern dass sie es in bestimmten Situationen sogar wird. Warum und vor allem welche Vorteile das für sie bringt, bleibt noch unklar. Vielleicht vermag hier die Fortsetzung Licht ins Dunkel zu bringen.
Details
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Band:1
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Erschienen:10/2020
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Umfang:240 Seiten
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Typ:Hardcover
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Altersempfehlung:9 Jahre
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ISBN 13:9783499218477
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Preis (D):12,99 €