Es gibt einige Dinge, die haben an bestimmten Orten nichts verloren. So findet man selten einen Pinguin in der Wüste oder einen Sandsturm in der Antarktis. Genauso wenig würde man ein U-Boot auf einem Berg vermuten. Ulrich Fasshauer sieht das definitiv anders. Denn sonst würde sein aktuelles Buch nicht „Das U-Boot auf dem Berg“ heißen. Oder geht es hier doch um ein anderes Thema?
Mauritius Winkler ist ein eher ruhiges Kind. Obwohl er es nicht unbedingt genießt, mit seinen Eltern aus der Stadt aufs Land zu ziehen, weit weg von allen Freunden, ist er niemand der aufbegehrt. So viel Stress, kurz bevor er zwölf Jahre alt wird. In der neuen Schule macht er es wie immer, er ist ein Meister des Schweigens. Bis man ihm eine Redefalle stellt. Zu dem einzigen Thema, bei dem er immer etwas zu sagen hat, nämlich der Tiefsee. Da holt er weit aus und erzählt von Teufelsanglern, Pottwalen und Blobfischen. Etwas, was den anderen Schülern Angriffsfläche bietet. In solchen Situationen zieht er sich zurück. In die Tiefsee, wo Herr Glimm auf ihn wartet und mit ihm spricht. Da taucht plötzlich sein Onkel Christoph auf. Der Musiker ist laut, extrovertiert und alles andere als Langweilig. Offenbar will er zu sich selbst finden und hat sich stattdessen zu den Winklers verirrt. Mit Leichtigkeit überwindet er Probleme, gewinnt Freund und selbst die Frauen interessieren sich trotz seiner Verrücktheit für ihn. Und irgendwie will Mauritius eher wie sein Onkel sein. Vielleicht ist es dann einfacher mit den Mitschülern auszukommen, die täglichen Herausforderungen zu bewältigen und sich sogar mit seiner Nachbarin Mieke zu unterhalten. Dabei übersieht er jedoch ein kleines aber wichtiges Detail. Denn sein Onkel ist nicht ein klein wenig verrückt sondern leidet an einer ernsthaften Krankheit …
Es ist keine einfache Aufgabe, einen ernsten Hintergrund in einem absolut nicht ernsten Werk einzubinden, ohne dabei unglaubwürdig zu werden. Doch Ulrich Fasshauer gelingt der Spagat. Man hat das Gefühl sich inmitten einer leichten, unbeschwerten Lektüre für Kinder zu befinden. Man erlebt Ausflüge in die Welt der Phantasie eines beinahe Zwölfjährigen, nimmt Teil an seinem Alltag und freut sich über seine kleinen Erfolge. Sein Onkel ist so etwas wie eine unberechenbare Unbekannte. Er ist so etwas wie ein Joker, eine Karte in einem Spieldeck, die alles möglich macht – selbst ein U-Boot auf einem Berg. Doch mit sich selbst ist der Onkel gar nicht im Reinen, was auch klar thematisiert wird. Spannend ist auch der schmale Grat, der für den Protagonisten angedeutet wird. Man begleitet ihn von harmlosen Phantastereien über eigene Wünsche bis hin zu tatsächlich lebensgefährlichen Situationen. Trotz des leichtgängigen Tonfalls wird klar, dass es nicht immer schlecht ist, in der Realität verhaftet zu sein – und nicht alles für seine Träume zu riskieren. Und schließlich ist das Werk ein Kinderbuch, das aller Spannung und Gefahr zum Trotz letztendlich gut ausgeht. Junge Leser können hier nicht nur den spannenden Abenteuern eines introvertierten und phantasievollen Protagonisten folgen, sie werden darüber hinaus auch noch mit einem nicht ganz einfachen Thema konfrontiert, nämlich geistigen Erkrankungen, aber das auf eine humorvolle und alternative Art und Weise.
„Das U-Boot auf dem Berg“ von Ulrich Fasshauer ist kein gewöhnliches Kinderbuch. Zwar erlebt man die täglichen Abenteuer eines phantasievollen, introvertierten und tiefseebegeisterten Jungen. Doch gleichzeitig wird mit seinem Onkel ein Charakter mit psychischen Problemen eingeführt, der der Handlung in jeder Hinsicht den letzten Schliff verleiht. Und da er so perfekt in die Konstruktion der Geschichte eingebunden ist, muss man keine Bedenken haben, ein Problembuch vor sich zu haben. Oder zumindest nicht nur.
Details
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Erschienen:01/2017
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Umfang:192 Seiten
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Typ:Hardcover
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Altersempfehlung:10 Jahre
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ISBN 13:9783864293672
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Preis (D):13,00 €