Der erste Schritt

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von Pija Lindenbaum
Rezension von Janett Cernohuby | 26. April 2023

Der erste Schritt

Wer entscheidet darüber, ob wir in Reichtum oder in Armut geboren werden? Ob wir jeden Tag entspannt genießen können oder hart schuften müssen? Es ist der Zufall, doch es liegt in unserer Hand, ob wir diese Ungleichheit in ein Gleichgewicht bringen wollen oder ob wir die Hände in den Schoß legen und unsere Augen davor verschließen. Genau darum geht es in Pija Lindenbaums Bilderbuch „Der erste Schritt“.

Die Ringelblumen und die Primeln

In den Bergen liegt ein idyllisches kleines Tal, in dem vier Häuser stehen. Eines mit roten Fensterläden, in dem die Ringelblumen leben, eines mit grünen Läden, in dem die Primeln leben, ein Gemeinschaftshaus und das Haus der Schäfin. Das Gelände wird von einer weißen Linie umgehen, die keines der Kinder überschreiten darf. Denn auf der anderen Seite, so sagt die Schäfin, passieren schreckliche Dinge. Dort schlägt der Blitz ein, sagt die Schäfin. Die Kinder denken auch gar nicht daran, denn das Leben in der Bergidylle macht Spaß. Die Tage sind gefüllt vom Trampolin springen und Purzelbäume schlagen, vom Bilder malen und Dösen in der Sonne. Zumindest für die Ringelblumen. Die Primeln dagegen haben kein so entspanntes Leben. Sie schälen Kartoffeln, putzen Schuhe und waschen die Socken. Schließlich muss ja jemand all die Arbeit machen.
Doch es gibt ein Kind das beginnt, die Autorität der Schäfin zu hinterfragen und damit einen Stein ins Rollen bringt. Heimlich beginnen die Kinder, die Gruppen zu tauschen. Ohne, dass es die Schäfin bemerkt, übernehmen nun die Ringelblumen die Aufgaben der Primeln, während sich diese zum Sonnen ins Gras legen. Dabei bleibt es aber nicht und irgendwann gibt es ein Kind, das den ersten Schritt über die verbotene Grenze wagt…

Der erste Schritt

Parabel über Autorität, Ungerechtigkeit und Chancengleichheit für alle

Seite um Seite entfaltet sich eine Geschichte, voller Vielschichtigkeit, voller Deutungsmöglichkeiten und mit Gesprächsansätzen zu zahlreichen Themen. In bewundernswert kindlicher Sprache verfasste Pija Lindenbaum diese moderne Parabel, die Raum für viele Deutungen gibt. Damit das gelingt, erzählt ein Kind der Ringelblumen vom Leben im Bergidyll. Auf den ersten Blick unterscheidet sich dieses Kind kaum von den anderen. Wie alle trägt es einen kurzen Haarschnitt und hat die gleichen Ringelsöckchen und das dunkelblaue Gewand mit der weißen Halskrause an. Doch es verrät uns, dass es heimlich ein blaues Armband trägt, was eigentlich verboten ist. Je mehr uns das Kind vom Leben in den Bergen erzählt, desto mehr wird ihm selbst die Ungerechtigkeit, die Ausbeutung der anderen, die autoritäre Art und der Machtmissbrauch der Schäfin bewusst. Gleichzeitig wächst in diesem Kind der Wunsch heran, etwas dagegen zu unternehmen. Und so gerät etwas ins Rollen, dass für alle weitreichende Veränderungen mitbringt.

Der erste Schritt

„Der erste Schritt“ in eine gerechte Welt ist zugleich der schwerste Schritt. Doch ist er getan, stehen alle Möglichkeiten offen. Pija Lindenbaum erzählt mit ihrer Parabel genau davon. Sie beschreibt Ungerechtigkeit und Machtmissbrauch, schildert eine stille Rebellion mit mutigen Kinderfiguren. Herausgekommen ist ein großartiges Bilderbuch.

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