Wir Kinder im Zug

Antolin Quiz
von Andrea Hensgen, Hannah Brückner (Illustrator*in)
Rezension von Janett Cernohuby | 15. Dezember 2025

Wir Kinder im Zug

Krieg. Naturkatastrophen. Zerstörung der Heimat. Unsere Zeit ist geprägt von zahlreichen Krisen, die uns Erwachsene belasten und die für Kinder noch unfassbarer sind. Diese Welt aus Zerstörung und Verlust in Worte zu fassen scheint unmöglich, und doch gelingt es Kinderbuchschaffenden wie beispielsweise Andrea Hensgen und Hannah Brückner mit „Wir Kinder im Zug“.

Ein Zuhause inmitten von Zerstörung

Jamil, der Erzähler, seine Geschwister und viele andere Kinder sind seit Wochen in einem Zug zuhause. Dieser fährt ununterbrochen durch das Land, vorbei an zerstörten Häusern, während die Kinder darin lernen, spielen und schlafen. Der Zug gibt ihnen Sicherheit, die mitreisenden Erwachsenen schenken Geborgenheit und versorgen die Kinder. Jeden Sonntag fährt der Zug über eine Brücke und bleibt dort für wenige Minuten stehen. Auf der Wiese rund um die Brücke versammeln sich die Eltern der Kinder und winken ihnen zu. Das ist der Höhepunkt, der Moment, auf den sich die Kinder besonders freuen. Lächelnd und winkend stehen sie an den Fenstern, blicken zu ihren Eltern, bevor die Reise weitergeht. Doch an diesem Sonntag fehlt jemand; Sergeys Vater ist nicht da, dabei wäre heute Sergeys Geburtstag. Ob der Vater verschlafen hat? Unterwegs gestolpert ist? Nichts von all dem trifft zu, denn Sergeys Vater hat sich für den Geburtstag seines Sohnes eine besondere Überraschung ausgedacht.

Wir Kinder im Zug

Kinder im Krieg

Ganz schön starker Tobak, den sich Andrea Hengsen und Hannah Brückner für dieses Bilderbuch ausgesucht haben. Doch leider ein aktuelles Thema, denken wir nur an den Krieg in der Ukraine. Wie dieser den Alltag von Kindern verändert hat, welchen Gefahren und damit verbundenem Stress sie ausgeliefert sind, beschreiben aktuelle Nachrichten ausführlich. Da wird die Geschichte über einen Zug, der Kinder sicher durch Krisenzeiten bringt, zu etwas Haltgebenden, Schützenden. Andrea Hensgen erzählt die Geschichte aus kindlicher Perspektive und mit den Worten von Kindern. Der Zug gibt den Kindern Geborgenheit, Zuhause und Halt. Hier sind die Kinder geschützt, warten darauf, in nicht so ferner Zukunft wieder nach Hause zu können. Ein Zuhause, das ihre Eltern gerade aufbauen, weswegen sie sie derzeit nur vom Zug aus sehen können. Sie sind aber nicht alleine, denn im Zug gibt es ebenfalls Erwachsene, die sich um die Kinder kümmern. Lokführer, Schaffner, Köchin. Sie versorgen sie, schenken ihnen Geborgenheit in einer Welt, in der es keine gibt. So wird der Zug zu einem Ort der Hoffnung und der Zuversicht. Er ist immer in Bewegung, um die Kinder zu schützen, macht nur dieses eine Mal sonntags Halt und, wie wir später erfahren, auch an geheimen Bahnhöfen, um Vorräte aufzunehmen. Wie ungewöhnlich und wohltuend ist doch diese Insel des Friedens, in der Kinder nicht den Schrecken von Zerstörung ausgeliefert sind.
Was Andrea Hengsen in klaren Worten skizzierte, ließ Hannah Brückner mit feinen Illustrationen Bild annehmen. Warme, freundliche Farben, schützende nächtliche Blautöne, angedeutete Zerstörung und Tunnel, in denen der Zug wie zum Schutz verschwindet - es braucht keine opulenten Bilder, um die Emotionen so zielgerichtet an die Leserschaft weiterzutragen.

Wir Kinder im Zug

So entstand ein außergewöhnliches und vielschichtiges Bilderbuch, das in einer krisenhaften Zeit Vertrauen und Hoffnung gibt. Das durch seine feinfühlig erzählte und illustrierte Geschichte Gesprächsanlässe bietet und damit Kindern hilft, Schmerz und Leid zu überwinden, den die multiplen Krisen unserer Zeit auslösen.

Details

Bewertung

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