Wölfchen

Antolin Quiz
von Gerda Wagener, Józef Wilkon (Illustrator*in)
Rezension von Janett Cernohuby | 13. Juli 2016

Wölfchen

Wie kann ich meinem Kind Toleranz und Aufgeschlossenheit beibringen? Wie kann ich ihm Offenheit für jegliche Orientierung vermitteln? Natürlich indem man den eigenen Kindern eben jene Toleranz und Offenheit vorlebt. Dabei können Kinderbücher hilfreich sein. Sie zeigen auf unterhaltsame, einfache Art, dass wir in einer vielfältigen Welt leben. "Wölfchen" von Gerda Wagner ist ein solches Bilderbuch, das wir uns in seiner Neuauflage angesehen haben.

Wölfchen ist anders als die anderen Wölfe. Wölfchen jagt nicht Kaninchen, er spielt mit ihnen Verstecken. Wölfchen angelt mit seiner Pfote keine Fische aus dem Wasser, er spritzt es herum, bis ein bunter Regenbogen erscheint. Und obendrein isst er am liebsten Sauerampfer. Natürlich sehen das seine Wolfseltern und Geschwister gar nicht gern. So benimmt sich doch kein echter Wolf! Um ein bisschen gefährlicher zu wirken, legt sich Wölfchen die Streifen des Tigers, die Zähne des Löwen und die Stacheln des Igels zu. Doch egal wie es sich verkleidet: Wölfchen ist Wölfchen und kein anderer.

Eltern haben eine klare Vorstellung davon, wie ihre Kinder sein sollen. Natürlich sind sie enttäuscht, wenn das Kind von dieser Norm abweicht. So geht es auch Wölfchens Eltern, die zunächst entsetzt über ihr Junges sind. Doch auch Wölfchen selbst leidet darunter, aufgrund seiner Andersartigkeit nicht akzeptiert zu werden. Mit Hilfe von Freunden versucht er, sich zu verkleiden. Er hofft durch äußere Veränderungen eine andere Identität zu übernehmen. Doch das tut er nicht. Man sieht ihm seine Verstellung an, obendrein macht sie ihn in den Augen anderer lächerlich. Doch diese Verkleidung hat auch etwas Gutes. Sie zeigt seiner Familie, dass nicht jeder gleich ist. Einer ist groß, ein anderer klein und ein Dritter isst nun mal gerne Sauerampfer statt Kaninchen. Das wichtigste ist, was man im Herzen trägt und dass man weiß, wohin man gehört. Trotzt seiner Andersartigkeit weiß Wölfchen sehr wohl, wer er ist und wohin er gehört. Und so kehrt er auch immer wieder zu seiner Familie zurück, wenn der Vater unterm Mond nach ihnen ruft.
Die Geschichte ist herzerwärmend und einfühlsam geschrieben. Mit einfachen Worten erzählt Gerda Wagener von dem kleinen Wolf und vom Anderssein. Sie zeigt den jungen Lesern, aber auch den Eltern, dass anderssein in Ordnung ist. Es kommt nicht auf das Äußere an, darauf, ob jemand nach den gewohnten Schemen und Vorstellungen lebt. Vielmehr kommt es auf die inneren Werte an, wie man seinen Mitmenschen und seiner Familie begegnet. Denn letztlich ist man Teil der Familie, egal ob man Sauerampfer mag oder nicht. Genau das gibt Gerda Wagener altersgerecht und einfühlsam an die Leser weiter.
Begleitet wird die Geschichte von wunderschönen, hochwertigen Illustrationen. Auch sie entsprechen nicht den typischen Illustrationen, die Eltern von Kinderbüchern erwarten. Doch sie fangen die Stimmung, den Charakter und den Charme der Geschichte wunderbar ein und geben ihn an das Lesepublikum weiter.

"Wölfchen" ist eine herzige Geschichte vom Anderssein und trotzdem Dazugehören. Sie zeigt Kindern, aber auch Eltern, dass man sich nicht verstellen oder verkleiden muss, um geliebt und respektiert zu werden. Man muss keinem Ideal entsprechen, sondern darf so sein, wie man ist. Eine tolles Bilderbuch, das in keiner Familie fehlen sollte.

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