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Zeit. Manchmal wünscht man sich, man hätte mehr davon. Manchmal könnte ein Tag ruhig noch ein paar Stunden mehr haben. Doch unsere Kalender sind gefüllt mit Terminen und lassen kaum Platz für Entspannung und Freizeit. Dabei wäre das doch so wichtig, für unsere Seelen und für unsere Herzen. Davon erzählt Michael Endes Erfolgsroman "Momo", der im Hörbuch Hamburg Verlag als ungekürzte Lesung erschienen ist.

Momo ist ein kleines Mädchen, das in zerlumpten Kleidern im alten Amphitheater am Rande der Stadt lebt. Woher sie gekommen ist, weiß niemand. Doch Momo verzaubert die Menschen. Sie hat die Gabe, anderen Menschen Zeit zu schenken. Sie hört ihnen zu, schenkt ihnen Aufmerksamkeit und hat immer ein offenes Ohr für sie. Dadurch hilft sie so manches Mal beim Schlichten von Streit oder dem Lösen von Problemen. Die Kinder der Stadt verbringen gerne ihre Zeit mit Momo, denn nirgends können sie so toll und ungezwungen spielen. Doch diese heile Welt ist in Gefahr. Seltsame graue Herren streifen durch die Stadt und stehlen den Menschen ihre kostbare Zeit. Schnell merken die grauen Herren, dass Momo eine Gefahr für sie darstellt. Als sie fast die Welt in ihre Finger gebracht haben, beschließt Meister Hora, der Hüter der Zeit, die Welt anzuhalten. Er gibt Momo eine Stundenblume, die ihr eine Stunde Zeit schenkt, um die grauen Herren zu besiegen.

Eine einzige Stunde, mehr Zeit hat das kleine Mädchen aus Michael Endes Geschichte nicht, um die ganze Welt zu retten. Eine Stunde - wie soll die denn ausreichen um all das zu tun, was nötig ist? Eine Stunde geht so schnell vorbei, das wissen wir dank unseren Uhren und Zeitmessern so genau. Doch ist das Wahrnehmen von Zeit ein sehr subjektives Empfinden. Wir alle wissen zu gut, wie lang fünf Minuten sein können, wenn wir auf den Bus oder die U-Bahn warten, während die einstündige Mittagspause viel zu schnell vorbei ist.
Michael Endes Märchen ist zeitlos und spiegelt in vielen Dinge unsere Gegenwart wider. Der Stress und die Hektik, welche bei den Menschen aufkommen, nachdem sie einen Pakt mit den grauen Herren geschlossen haben. Die Lieblosigkeit, Kaltherzigkeit und Rücksichtslosigkeit, die aufkommt, ist auch in unserer Gesellschaft häufig anzutreffen. Und so wird Michael Endes Märchen aktuell. Es ermahnt uns, innezuhalten und unsere Zeit zu nutzen - für uns, die Menschen die uns lieb sind und für das Miteinander.
Das Kinderbuch "Momo" ist viel mehr, als nur eine phantastische Erzählung. Sie spiegelt einen Teil unserer Gesellschaft wider, die unter dauerndem Stress und Termindruck steht, in der Leistung und Gewinn an oberster Stelle stehen. In der Kinderspiele in erster Linie lehrreich sein sollen, anstatt Kindern Spaß zu machen. So wird aus diesem Kinderbuch gleichzeitig ein Erwachsenenbuch.
Sprachlich ist "Momo" ein Genuss. Der Autor spielt mit Sprache, verwandelt sie in Zeit und wieder zurück. Wenn Momo von ihren Freunden im Amphitheater besucht wird, dann vergisst auch der Hörer die Zeit. Dann umgibt ein Mantel von Ausgeglichenheit und Ruhe die Szene, wohingegen man sich regelrecht gestresst fühlt, wenn die grauen Herren ihren Auftritt haben und anderen Menschen Zeitmodelle vorrechnen. Treffen dagegen Momo und die grauen Herren aufeinander, spürt man als Leser den Unterschied dieser beiden Wesenszüge. Die von Momo ausgehende Ruhe wird ebenso greifbar wie das rastlose Wesen der grauen Herren.
Vielleicht trägt hierzu auch Sprecher Gert Heidenreich einen wesentlichen Beitrag bei. Manchem wird er noch von der ungekürzten Lesung der "Unendlichen Geschichte" bekannt sein. Erneut gelingt es dem Sprecher, mit seiner sonoren, wandelbaren Stimme den Hörer in den Bann zu ziehen und der Geschichte Lebendigkeit, Spannung und Stimmung zu verleihen. Er liest "Momo" einfach grandios, wodurch der Hörer ganz in das Geschehen hineintauchen kann.

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