Annette Langen im Interview

Beitrag von Janett Cernohuby | 02. Januar 2015

Es gibt Kinderreihen, an denen kommt man nicht vorbei. Nicht etwa, weil sie überall beworben werden, sondern weil sie Charme besitzen, die Vermittlung von Werten verfolgen und sich über kurz oder lang durchsetzen. Eine dieser Serien ist 'Briefe von Felix'. In dieser geht ein kleiner Kuschelhase mehr oder weniger unfreiwillig auf Reise und erkundet dabei fremde Länder und andere Kulturen. Felix' Mutter und Kinderbuchautorin Annette Langen stellte sich uns für ein Interview zur Verfügung.

Janetts Meinung:
'Briefe von Felix' war ihre erste Kinderbuchreihe. Wie kamen Sie auf die Idee, einen kleinen Stoffhasen auf Reisen zu schicken?

Anette Langen:
Dazu musste ich mir gar nicht viel ausdenken: Drei ‚Zutaten’ aus den Felix-Büchern gab es in meinem Leben in echt.

  1. Wie Sophie bekam auch ich einen Kuschelhasen zur Geburt geschenkt, der war für mich so wichtig, wie ein Kuscheltier nur sein kann. Er ging zwar nicht auf Reisen...
  2. ... aber ich! Als Kind haben meine Eltern meinen Bruder und mich auf viele Reisen mitgenommen.
  3. Als Jugendliche hatte ich Brieffreunde in aller Welt, die ich auch besucht habe. So habe ich fast so viele Briefe wie Felix geschrieben.

Der Hase, das Reisen und das Briefeschreiben gab’s in echt – und ich vermute, genau das merkt man den Felix-Büchern an.

JM:
Felix ist schon ziemlich viel herumgekommen. Was waren (für Sie) seine abenteuerlichsten Reisen?


AL:
Oh, das kann ich nicht beantworten. Aber besonders gern lese ich aus „Neue Briefe von Felix“, seiner Reise durch die Vergangenheit, weil die Kinder da viel zu kichern haben.

JM:
Gibt es Ziele, die Felix noch nicht gesehen hat, die er aber gerne einmal sehen möchte?


AL:

Ja, ein neues Manuskript liegt vor. So viel kann ich dazu verraten: im letzten Sommer war ich dazu auf Recherchereise und kam in den Schnee.

JM:
Hat Felix in einer seiner Abenteuer einmal einen ganz anderen Weg eingeschlagen, als Sie ihn eigentlich für ihn geplant haben?


AL:
Meine Bücher sind nicht wirklich geplant, sie ergeben sich meist von selbst, aus Beobachtungen, Erlebnissen und Eindrücken. Ein sehr wichtiges Thema (Diskriminierung) hat mich zu „Zirkusbriefe von Felix“ geführt.

JM:
Felix Heimat ist Münster. Genauer gesagt, das Kinderzimmer des Mädchens Sophie. Welche Bedeutung hat Sophie für die Reihe?


AL:
Sophie ist ein reales Kind, mit ihren Fragen und Wünschen. Sie liebt ihren Felix so, dass er für sie ‚echt’ ist. Typisch für Sophie ist ihre Hoffnung und zugleich ihre Unsicherheit, ob es den Weihnachtsmann ‚in echt’ gibt. Immer wieder rührend fand ich, wie viele Kinder mir in den letzten 20 Jahren geschrieben haben, dass sie so gerne mit Sophie befreundet sein oder sie zu ihrem Geburtstag einladen wollten.

JM:
Welche Werte und welche Botschaft möchten Sie mit dieser Reihe Kindern vermitteln?


AL:
Die Weltoffenheit von Felix möchte ich Kindern gerne mitgeben, sie neugierig machen auf die Welt und die Menschen, die darin leben.

JM:
Felix hat es ja mittlerweile auf die Leinwand und in eine Fernsehserie geschafft. Auch wurden seine Abenteuer in 29 Sprachen übersetzt. Hätten Sie zu Beginn der Reihe mit einem solchen Erfolg gerechnet?


AL:
Oh nein, „Briefe von Felix“ habe ich damals in erster Linie für mich selbst geschrieben, mit einer großen Leichtigkeit und Unbefangenheit. Ohne mich an irgendwelche Regeln zu halten. Ich glaube, wenn mir jemand alle diese Punkte als Zielvorstellung genannt hätte, hätte ich das erste Felixbuch gar nicht schreiben können.

JM:
Wird es bald ein weiteres Abenteuer von Felix geben? Und wenn ja, wohin verschlägt es den kleinen Hasen diesmal?


AL:
(lacht), mehr als oben gesagt, kann ich wirklich dazu nicht verraten.

JM:
Auch wenn sie als 'Mutter von Felix' bezeichnet werden, haben sie auch andere Kinderbücher geschrieben. Welches ist ihr liebstes Buch und warum?


AL:
Nun, für mich ist es wie mit den eigenen Kindern, ich habe jedes auf seine Art gern ... (lacht wieder) Wobei ich gestehen muss, dass ich nicht 87 Kinder habe.

JM:
Wie entstand die Idee zur 'kleinen Motzkuh'?


AL:
Die kleine Motzkuh habe ich entdeckt, als meine Tochter in der Trotzphase war... Auch da musste ich nicht viel erfinden.

JM:
Neben 'Briefe für Felix' und 'Die kleine Motzkuh' haben Sie auch viele andere Kinderbücher geschrieben. Arbeiten Sie aktuell an einem neuen Buch? Und dürfen Sie uns schon etwas darüber verraten?


AL:
Zuletzt habe ein neues Abenteuer für „Ritter Wüterich und Drache Borste“ geschrieben, das wird ein Bilderbuch. Und ich kann verraten, dass ich dabei lachend am Computer gesessen habe. Denn ich stelle mir vor dem Schreiben die Szene und die Situation genau vor. Als Nächstes geht es für mich an etwas sehr viel Umfangreicheres, an einen Roman für Mädchen ab 10 Jahren, auch darauf freue ich mich ganz besonders. Insgesamt empfinde ich den Wechsel zwischen den verschiedenen Altersgruppen für meine Arbeit als sehr belebend und inspirierend.

JM:
Sie sind Mutter von zwei Kindern. Lassen Sie Ihre Kinder an der Entstehung neuer Geschichten und Bücher teilhaben, etwa als Kritiker?


AL:
Ohne meine beiden Kinder, gäbe es viele meiner Bücher nicht. Insbesondere durch die beiden, die Nachbarskinder und unser Landleben entstand die Reihe: „Die Kinder von Kleeberg“ (leider nicht mehr lieferbar). Als Jugendliche hat meine Tochter dann zusammen mit zwei Freundinnen vieles zum Entstehen meiner Mädchenromane: „Mathilda, Mathilda“ beigesteuert. Aber auch meine Schulpatenkinder haben mich auf eine neue Buchidee, „Das Zappeltappel“, gebracht. Letztens war es ein kleines Mädchen in einem Laden, das mir einen wichtigen Impuls gegeben hat... Ja, die Kinder und die Welt aus Kindersicht sehen können, beides hat einen großen Einfluss auf mein Werk.

JM:
Neben dem Schreiben von Kinderbüchern engagieren Sie sich auch für die Leseförderung von Kindern. Wo und wie?


AL:
Ja, das stimmt, da bin ich seit vielen Jahren ehrenamtlich aktiv. Ich glaube, dass Vorlesen eine der besten Investitionen in die Zukunft eines Kindes ist. Dennoch findet es nur noch in 30% der Familien regelmäßig statt... und genau hier setze ich als Autorin, Referentin und LeseBotschafterin an.
Seit 2001 bin ich Patin einer Solinger Grundschule, die vom Solinger Brandanschlag in tragischer Weise betroffen war. Zwei türkische Schülerinnen kamen dabei ums Leben und die Täter hatten auch einst diese Schule besucht.
Seit 2011 unterstütze ich als LeseBotschafterin die Stiftung Lesen in ihrem Ziel, Deutschland in ein Leseland zu verwandeln.
In 2012 übernahm ich die Schirmherrschaft für Mentoring Coesfeld, einem herausragendem Projekt, das Kinder mit Lese-, Sprach- und Schreibschwierigkeiten in 1:1 Betreuung fördert.

JM:
Nun gibt es unterschiedliche Gründe, warum Kinder nicht lesen. Manchmal fehlt einfach die Vorbildfunktion der Eltern. Lesen diese nicht oder nur sehr wenig, lernen auch Kinder den Umgang mit dem Medium Buch nicht. Es gibt aber auch Eltern, deren Kinder sich trotz dem eigenen Interesse für Literatur nicht für das Lesen begeistern können. Wie können diese ihren Kindern das Lesen trotzdem schmackhaft machen?


AL:
Das stimmt, dass Kinder oft erst nicht vom Lesen begeistert sind. Ich spreche da aus eigener Erfahrung! Meine Mutter hatte uns viel vorgelesen, so dass wir als Kindergartenkinder schon über Michel aus Lönneberga und den Räuber Hotzenplotz gekichert hatten... und ich wollte so gerne selbst lesen. Doch dann buchstabierte ich mich mühsam durch eine Zeile, nur um etwas völlig Belangloses zu lesen, wie: „Die Maus sucht ein Haus.“ Hatte ich mich mühsam weitergehangelt, stand in der nächsten Zeile bloß: „Ist das ein Haus für die Maus?“ Noch heute weiß ich, wie frustriert ich damals war. Von Lesespaß keine Spur. Zum Glück hat meine Mutter immer dafür gesorgt, dass interessante Bücher in meiner Reichweite waren . Erst im dritten Schuljahr hat mich dann Das doppelte Lottchen so gepackt, dass ich es in einem Tag durchgelesen habe. Um zu Ihrer Frage zurückzukehren: Ich weiß, dass es die Kunst ist, das ‚richtige’ Buch für ein Kind zu finden. Wenn mir ein Kind sagt, dass es nicht gerne liest, frage ich immer: ‚Nun, was interessiert dich denn?’ Bei vielen Jungs habe ich beobachtet, dass sie sich eher für Inhalte interessieren. Die sind so individuell wie das jeweilige Kind, das könnten Dinos, eine Sportart, Seenotrettungskreuzer oder versunkene Schätze sein. Mein Tipp: Überlegen Sie, ob Ihr Kind hierzu vielleicht eine Zeitschrift oder z. B. der Zeitungsartikel mit den neuesten Fußballergebnissen neugierig aufs Lesen machen könnten? Wie und wo könnte Ihr Kind durch das Lesen etwas Interessantes oder Spannendes herausfinden?

JM:
Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für ein Interview mit uns genommen haben. Wir wünschen Ihnen weiter viel Erfolg und sind auch schon gespannt auf die nächsten Kinderbücher.


AL
Vielen Dank. Ich wünsche allen Lesern ein frohes Neues und das Glück als Wegbegleiter durch 2015!

 

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