Das Telefon in der Birke

Antolin Quiz
von Alison McGhee
Rezension von Janett Cernohuby | 28. März 2025

Das Telefon in der Birke

Der Tod steht immer plötzlich und unerwartet vor der Tür. Er bricht über uns herein und lässt uns mit Schmerz und Trauer zurück. Manchmal ist diese Trauer aber so groß, dass die Heilung mehr braucht, als nur Zeit.

Ein besonderes Telefon

In der Straße, in der Ayla lebt, stehen viele Bäume. Manche sind groß und stark, andere noch klein und jung. Diese Bäume sind etwas Besonderes. Wird jemand geboren, pflanzt die Familie einen neuen Baum. Aber auch für Verstorbene werden Bäume gepflanzt, um sich auch weiterhin an sie zu erinnern. Aylas Baum ist eine Birke, der ihrer besten Freundin Kiri ist eine Kiefer. Die beiden Mädchen verbringen viel Zeit bei ihren Bäumen, spielen in deren Zweigen, fühlen sich mit ihnen verbunden. Sie sind die besten Freundinnen, die ständig ihre Köpfe zusammenstecken. Doch seit einiger Zeit ist Kiri weg und Ayla wartet auf sie. Sie ist davon überzeugt, dass Kiri zurückkommen wird, spätestens an ihrem Geburtstag, der in nicht einmal zwei Wochen ist.
Doch Kiri wird nicht zurückkommen, denn Kiri ist bei einem Unfall tödlich verunglückt. Davon will Ayla nichts hören. Sie hat sich in einen Mantel des Verdrängens gehüllt, sammelt Kerzen, die in wenigen Tagen auf Kiris Geburtstagskuchen brennen sollen. Eines Tages steht zwischen den Ästen von Aylas Baum ein Telefon. Ein altes Telefon, mit einer Wählscheibe. Wo kommt es her? Was ist sein Zweck? In den nächsten Tagen beobachtet Ayla, wie Menschen zu dem Telefon kommen, um mit Verstorben zu telefonieren. Der Pizzabote, ein Vater mit Baby, die Nachbarin aus der Straße. Ayla beobachtet sie, spricht mit ihnen, ist sich aber ganz sicher, dass sie auf keinen Fall dieses Telefon benutzen wird.

Das Telefon in der Birke

Gefühlvolle Geschichte über Trauer und Abschied nehmen

Noch ein letztes Mal mit einem geliebten Menschen sprechen zu können, ihm zu sagen, was man noch hätte sagen wollen, das wünschen sich viele Menschen, doch es ist ein Wunsch, der unerfüllt bleibt. Der Tod bricht über Familien herein, unerwartet, mit seiner ganzen Härte. Genau das ist auch der zehnjährigen Ayla widerfahren. Ihre beste Freundin wurde aus dem Leben gerissen, unerwartet und viel zu früh. Doch Ayla will davon nichts hören. Sie verschließt sich vor dieser schmerzlichen Tatsache. Stattdessen flüchtet sie sich in den Glauben, Kiri würde wieder zurückkommen, rechtzeitig zu ihrem Geburtstag. An diesem Punkt des Verdrängens lernen wir Ayla kennen. Mit einer reduzierten Sprache und sich immer wiederholenden Schilderungen lässt die Autorin das Mädchen selbst zu Wort kommen. Fragmenthaft erfährt die Leserschaft, was geschehen ist, wobei schnell klar wird, dass Ayla sich in etwas flüchtet und der Wahrheit aus dem Weg geht. Nicht aus Ignoranz, sondern aus Selbstschutz. Der tragische Verlust ihrer Freundin wiegt schwer. Ayla ist verstört, von der Trauer überwältigt und weigert sich nun, die Wahrheit anzunehmen. Wie kann sie aus dem endlosen Strudel herauskommen? Wie wieder neue Hoffnung, neuen Mut finden? Der Großvater hat eine Idee. Er platziert das alte Telefon in Aylas Baum. Ein Telefon, das nicht angeschlossen ist, über das man dennoch mit jemanden sprechen kann. Nämlich mit all den Menschen, die von uns gegangen sind. Zu ihnen stellt das Telefon eine Verbindung dar. Natürlich will Ayla davon nichts hören, doch als sie Menschen dabei beobachtet, wie sie dieses Telefon benutzen, desto mehr ist sie bereit, den Schmerz und die Trauer zuzulassen..
Es ist eine unglaublich bewegende Geschichte, die gerade durch den minimalistischen, repetitiven Schreibstil noch mehr an Gefühl gewinnt. Die Autorin gewährt uns einen direkten Einblick in Aylas Gefühls- und Gedankenwelt. Ihre Trauer wird für uns spürbar, ebenso ihre Verzweiflung. Als schließlich der Heilungsprozess beginnt, atmet auch die Leserschaft auf, denn man spürt, dass es für Ayla nun bergauf gehen wird.

Das Telefon in der Birke

Gefühlvoll und bewegend erzählt Alison McGhee in „Das Telefon in der Birke“ von dem schmerzhaften Trauerprozess eines zehnjährigen Mädchens. Inspiriert von dem Windtelefon in Japan, schuf sie eine gefühlvolle Geschichte, die tröstet und eindrucksvoll die Kraft der Freundschaft beschreibt.

Details

  • Autor*in:
  • Originaltitel:
    Telephone of the Tree
  • Übersetzer*in:
    Birgitt Kollmann
  • Genre:
  • Erschienen:
    03/2025
  • Umfang:
    208 Seiten
  • Typ:
    Taschenbuch
  • Altersempfehlung:
    10 Jahre
  • ISBN 13:
    9783423641265
  • Preis (D):
    18,00 €

Bewertung

  • Gesamt:
  • Anspruch:
  • Gefühl:

Könnte Ihnen auch gefallen: