Während der Anfangszeit der Pandemie bekam Home Office einen starken Aufwind. Plötzlich mussten alle zuhause blieben und von dort aus arbeiten. Auch Kindergärten und Schule blieben zu und so mussten auch Kinder von zuhause aus lernen. Doch während sie irgendwann wieder zurückkehrten, blieben viele Eltern im Home Office - und vergaßen darüber, wann Zeit zum Arbeiten und Zeit für ihre Kinder ist.
Die Arbeit mal zur Seite legen
Vater und Sohn haben einen Ausflug in die Natur geplant. Schon früh brechen sie auf, doch kaum sitzen sie im Bus, klingelt auch schon Papas Handy. Während er telefoniert und telefoniert und telefoniert, schaut der kleine Junge verträumt aus dem Fenster. Bald schon sind sie am Ziel angekommen, doch schon klinget wieder Papas Handy. Er sucht sich einen ruhigen Platz unterm Baum, holt sein Laptop heraus und beginnt zu arbeiten. „Es dauert nicht lange“, verspricht er seinem Sohn, der schon einmal alleine loszieht, um die Gegend zu erkunden. Was er da alles entdeckt! Einen weißen Hirsch, Blumenkobolde, Seifenblasen machende Feen und viele mehr. Als er seinem Vater von seinen Entdeckungen erzählen will, gerät der in Zorn über die ständigen Störungen und wird zu einem richtigen Brüllbären. Bis es seinen Fehler erkennt und es ihm hinterher leid tut.
Botschaft an die Eltern
Die moderne Technik ist Fluch und Segen zugleich. Sie bietet uns viele neue Chancen und gleichzeitig legt sie uns in Fesseln. Dank Handys und Laptops sind wir mittlerweile überall erreichbar und können jederzeit „mal kurz arbeiten“. Doch gleichzeitig ist die Gefahr groß, darüber die eigne Freizeit und Familienzeit zu vergessen. Genau darum geht es in QiaoQiao Lis Bilderbuch. Was als schöner Ausflug zwischen Vater und Sohn geplant war, entwickelt sich zu einem Home Office Tag in freier Natur. Der Vater vertieft sich immer mehr in seine Arbeit und vertröstet seinen Sohn. Der soll sich doch bitte mal eben alleine beschäftigen.
Hand aufs Herz, wie viele Eltern haben nicht selbst schon mal in einer ähnlichen Situationen gesteckt? Ja, ständige Erreichbarkeit ist eine Tücke der modernen Technik, bei der man aufpassen soll, seine Zeit mit den Kindern nicht zu vergessen. Denn es ist Zeit, die man nicht zurückbekommt. Es ist Zeit, in der Kinder lernen, dass sie alleine sind und in der sie ihre Entdeckungen ohne uns Eltern machen. Wollen wir das?
Und so hält uns QiaoQiao Li auf behutsame, aber doch sehr klare Weise einen Spiegel vor. Sie lässt den kleinen Jungen vom Ausflug erzählen und wie er das Verhalten seines Vaters empfindet. Man spürt eine von Abstumpfung geprägte Akzeptanz, aber auch eine Ungeduld, diesen Ausflug mit dem Vater für sich haben zu wollen. In den Bildern können wir die blühende Fantasie des kleinen Jungen sehen, aber auch wie sein Vater über die ständigen Störungen immer mehr in Wut gerät. An dieser Stelle bleibt die Autorin in der fantastischen Ebene. Sie lässt den Vater zu einem vor Wut brüllendem Bären werden, der den Sohn und alle Fabelwesen wegbrüllt. Es ist eine Fee, die die Situation rettet. Während der Versöhnung bekommt der Vater seine menschlichen Züge zurück und nimmt seinen Sohn in den Arm. Diese fantasievollen Bilder sind nicht nur eine Metapher für uns Erwachsene, sondern sie entschärfen diese doch sehr bedrohliche Situation und machen sie für Kinder weniger beängstigend.
„Papa und die blöde Arbeit“ ist mehr als nur ein Kinderbuch. Es ist auch ein Buch für uns Eltern, das uns durch Kinderaugen erleben lässt, wie Kinder unsere ständige Erreichbarkeit für den Beruf sehen. Der Beruf wird zu einem Rivalen, gegen den sie sich behaupten müssen. In dessen Schatten sie zu stehen scheinen. Werden wir nicht zu Brüllbären, die großartige Abenteuer verpassen, sondern lassen wir Handy und Laptop einfach mal ausgeschaltet.
Details
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Erschienen:10/2022
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Umfang:32 Seiten
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Typ:Hardcover
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Altersempfehlung:3 Jahre
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ISBN 13:9783039340255
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Preis (D):14,00 €