Die Händlerin der Worte

von Thomas Lange, Claude Theil
Rezension von Janett Cernohuby | 26. Februar 2017

Die Händlerin der Worte

Was wären wir ohne unsere Sprache und ohne Worte? Wir könnten Gefühle und Stimmungen nicht ausdrücken, keine Wünsche und Bitten äußern. Wir könnten nicht loben, unsere Freude nicht zum Ausdruck bringen. Doch wo Licht ist, ist auch Schatten und so gibt es manche Worte, die weniger schön sind und die man besser nicht ausspricht. All diese Worte liegen nicht einfach auf der Straße herum, sondern werden gehütet und vertrieben von der "Händlerin der Worte". Das Theaterstück, das durch Schulen in Deutschland, Österreich und der Schweiz tourt, fand nun auch seinen Weg in die Buchform.

Es ist ein seltsamer Marktstand, auf den Jonas und seine Schwester Leonie da aufmerksam geworden sind. Anstatt Wurst oder Käse, Brot oder Krimskrams liegen dort Wörter aus. Die beiden Kinder stehen vor dem Marktstand der Händlerin der Worte. Doch diese ist verzweifelt. Ihr wurde die Kiste mit allen Wörtern für ein gutes Zusammenleben gestohlen! Zwar sind ihr ein paar alltägliche höfliche Ausdrücke geblieben, aber sie werden auf lange Sicht nicht verhindern können, dass sich die Beziehung zwischen den Menschen verschlechtern wird. Tatsächlich dauert es auch nicht lange und die ersten missgünstigen Töne werden laut. Wer könnte nur hinter dem Diebstahl stecken und warum? Leonie und Jonas versprechen der Händlerin, den Dieb zu finden und die Wörter für ein gutes Zusammenleben wieder zurückzubringen. Beide haben auch schon bald eine heiße Spur.

"Die Händlerin der Worte" ist mehr als nur ein unterhaltsames Kinderbuch mit einer spannenden Detektivgeschichte. Denn das Buch erzählt von viel mehr, als einem Diebstahl. Es erzählt von der Bedeutung der Worte und durchleuchtet sie. Was sind Worte für ein besseres Zusammenleben und warum können sie nicht einfach so durch andere ersetzt werden? Was würde geschehen, wenn plötzlich die süßen und zarten, liebevollen und einfühlsamen Worte verschwinden und stattdessen grobe, harte und befehlende auf den Plan treten? Die Geschichte zeigt dies deutlich.
Gleichzeitig spielt sie viel mit Symbolik. So werden Wörter zu Gruppen zusammengefasst und in Kisten, Säcken oder Schubladen verstaut. Das hilft Kindern beim Verständnis für bestimmte Worte und verdeutlicht deren Bedeutung. Etwa, dass man Schimpfworte am besten unter Verschluss hält, weil sie nur in ganz seltenen Fällen und von Heimwerkern benutzt werden dürfen. Dass es Worte gibt, die verletzen und wehtun. Dass diese Worte so schwer wiegen, dass sie nur durch ganz viele andere, freundlichere wieder vergessen werden können.
Doch bei all den unterschwelligen Botschaften über nette und nicht nette Worte, will die Erzählung eines nicht: mit dem erhobenen Zeigefinger belehren und sich mahnend an Kinder wenden. Die Handlung ist spannend und unterhaltsam. Die Händlerin der Worte hat ein unglaubliches Wissen, aber ohne dass sie sich dessen bewusst ist. Auch sie belehrt Jonas und Leonie nicht, wenn sie von der Bedeutung unterschiedlicher Worte spricht. Nein, es ist vielmehr ein Erzählen, ein angeregter Dialog, an dem auch die beiden Kinder immer teilnehmen. Sie hinterfragen, denken nach und kommen von selbst zu bestimmten Schlüssen. Das macht diese Geschichte zauberhaft und fantastisch.
Das Buch begeistert von der ersten bis zur letzten Seite. Nicht nur inhaltlich, sondern auch sprachlich. Denn diese ist, ganz dem Thema entsprechend, wunderschön, manchmal etwas blumig und natürlich spielerisch.

"Die Händlerin der Worte" ist eine wunderschöne, fantasievolle und zauberhafte Geschichte über die Macht von Worten für unser Zusammenleben. Sie erinnert uns daran, freundlich miteinander umzugehen, zeigt uns, dass manche Äußerungen verletzen können und dass man auf diese ruhig verzichten kann. Das alles ist verpackt in einer spannenden Abenteuergeschichte, die nicht mit dem erhobenen Zeigefinger ermahnen, sondern mit Lesespaß unterhalten will. Ein tolles Kinderbuch, das wir wärmstens empfehlen.

Details

Bewertung

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