Eine Nachtlegende

von Paul Biegel
Rezension von Stefan Cernohuby | 04. Oktober 2013

Eine Nachtlegende

Ein Literaturpreis macht noch keinen Bestseller. Das stimmt. Aber er macht es ein wenig unwahrscheinlicher, dass man beim Lesen eines preisgekrönten Buchs eine totale Enttäuschung erlebt. Der niederländische Autor Paul Biegel hat zudem mehr als nur ein einzelnes Werk erschaffen. Da seine größten Schöpfungen im Bereich der Kinderliteratur jetzt im Verlag Urachhaus neu aufgelegt werden, freuen wir uns, sein Werk "Eine Nachtlegende" einmal näher unter die Lupe nehmen zu können.

Der Kobold lebt in einem Speicher unter dem Dach einer alten Villa. Er lebt dort schon ziemlich lange, alle Kinder im Haus hat er zu Erwachsenen heranwachsen gesehen und nur noch eine alte Großmutter teilt das Haus noch mit ihm. Als guter Hauskobold sorgt er dafür, dass der Herd abgeschalten wird, das Feuer nicht gefährlich glimmt und die Speisekammer von Ungeziefer verschont bleibt. Nur freitags gönnt sich der Kobold mit Ratte und Kröte, die im Keller leben, eine kleine Auszeit - sie spielen Karten. Doch da die beiden immer zanken, bereitet ihm das keinen wirklichen Spaß. Als in einer Nacht, in der ein gewaltiges Gewitter über das Haus zieht, eine nasse, kalte Fee vor seiner Tür steht, lässt er sie ein, trotz der Angst, die er vor ihr hat. Und als sie ihm ihre Geschichte erzählt, die nur in der Nacht erzählt werden kann, will er sie gar nicht mehr fortlassen. Denn er taucht ein in eine Welt von Riesen, Elfen und bösen Kobolden sowie einer Fee, die einen ganz unüblichen Wunsch hegt. Sie möchte verstehen, was es mit dem Heiraten, Nachkommen und vor allem dem Tod auf sich hat.
Dabei vernachlässigt der Kobold allerdings seine Pflichten. Kröte und Ratte vermuten, dass er verhext wurde und versuchen die Fee zu vertreiben. Und gleichzeitig geht etwas ganz Seltsames im Haus vor...

Wer in "Eine Nachtlegende" leichte Lektüre vermutet, die man Kindern ohne weiteres vorlesen kann, irrt. Denn die Handlung, so leicht und unbeschwert sie vorgetragen wird, hat einen ernsten Hintergrund. Sie betrachtet das Dasein des Menschen so, als wäre der Betrachter einen Schritt zurückgetreten und könnte es aus einer externen Perspektive sehen. Ein interessanter Schachzug dabei ist, dass jene Perspektive ein Wesen darstellt, das (laut unserer Auffassung) nur in der Phantasie des Menschen existiert, also gewissermaßen von ihm erschaffen wurde. Naivität und Verständnis unter sterblichen und unsterblichen Wesen ist gleichermaßen gestreut, so dass Fehleinschätzungen und Missverständnisse vorprogrammiert sind. Ab welchem Alter die unterschiedlichen Episoden für Kinder geeignet sind, ist schwer zu beurteilen. Gerade die Auseinandersetzung mit derartig elementaren Dingen wie Leben, Tod und Fortpflanzung legt schon eine höhere Schwelle nahe, da es sich aber auch um Kobolde, Feen, sprechende Kröten und Ratten handelt, steht dem wieder entgegen. Eine Entscheidung, die wir Eltern nicht abnehmen können und wollen. Aber Fakt ist, die Geschichte hat Tiefgang, ist spannend und die Illustrationen ergänzen das Werk hervorragend. Aus diesen Gründen können wir das Werk durchaus empfehlen.

"Eine Nachtlegende" von Paul Biegel ist eine zurecht ausgezeichnete Sammlung aus Geschichten, die alle einen roten Faden und einen Metaplot besitzen. Ergänzt durch stimmungsvolle Illustrationen entführt das Werk in ein geheimnisvolles Reich. Da die Erzählungen darüber jedoch tiefgründige Themen behandeln, fällt es uns schwer, das Buch für eine bestimmte Altersklasse zu empfehlen. Gelungen ist es auf jeden Fall, nur Verwendung und Einsatz muss jeder für sich entscheiden.

Details

  • Autor*in:
  • Verlag:
  • Sprache:
    Deutsch
  • Erschienen:
    08/2013
  • Umfang:
    192 Seiten
  • Typ:
    Hardcover
  • Altersempfehlung:
    8 Jahre
  • ASIN:
    3825178056
  • ISBN 13:
    9783825178055
  • Preis (D):
    15,9 €

Bewertung

  • Gesamt:
  • Spannung:
  • Anspruch:
  • Humor:
  • Gefühl: