Margarete Tausendschön

von Gaëlle Callac, Marie Desbons (Illustrator*in)
Rezension von Stefan Cernohuby | 20. September 2016

Margarete Tausendschön

Viele Eigenschaften und Eigenheiten von Erwachsenen sind kleinen Kindern noch nicht vertraut, beziehungsweise müssen sie erst damit vertraut werden. Eine jener Eigenschaften ist Eitelkeit. Und auf diese bezieht sich auch das aktuelle Werk „Margarete Tausendschön“, das von Gaëlle Callac und Marie Desbons geschaffen wurde. Wir waren auf das sehr künstlerisch anmutende Werk gespannt.

Margarete Tausendschön ist eine Blume. Obwohl sie inmitten von verschiedenen wundervollen Tieren und Pflanzen wächst, gilt der erste Blick der Margarete am Morgen immer sich selbst, wenn sie sich in einem Tautropfen spiegelt. Doch Schönheit ist vergänglich, das ist etwas, das sie bereits weiß – schließlich gibt es Wind und Regen – und sie hat bereits einige ihrer Schwestern gesehen, die ihre Blütenblätter verloren haben. Jegliche Möglichkeit einer Bedrohung ihrer Schönheit macht sie traurig und ihr Angst. Sie beneidet andere, besser geschützte Blumen. All ihre Gedanken beginnen um einen möglichen Verlust zu kreisen und sie vergisst, die Schönheit des Lebens anzunehmen. Bis neben ihr eines Tages eine stattliche Tulpe erblüht…

Die Bilder im Buch sprechen eine deutlich klarere Sprache als der Text, der sich immer nur um Margaretes Gedanken rund um sich selbst dreht. Denn man erkennt, dass sie in einer Welt der Wunder lebt, in der Tiere, andere Pflanzen und vor allem der ewige Kreislauf der Natur herrschen. Kurz gesagt, es geht darum, blind für die Schönheit anderer Dinge zu sein, während man sich Gedanken darum macht, etwas von sich selbst zu verlieren. Selbst für Kinder wird dies deutlich, während sie auf die bunten, farbenfrohen und stets abwechslungsreichen Bilder sehen. Erst am Ende, als Herr Tulpe auftaucht, wird dieser Kreislauf endlich durchbrochen.
Textlich ist der Band sehr minimalistisch gehalten, aber das ist in Ordnung. Denn an der Handlung würde sich nicht viel ändern, nur weil die Protagonisten-Blume in längeren Sätzen denkt. Einzig und allein in Frage stellen könnte man, ob Kinder die Gedankenbrücke von Liebe zum Abzählreim „Sie liebt mich, sie liebt mich nicht…“ ohne Hilfe selbst bauen können. Falls nicht, sollten Eltern hier helfend eingreifen. Das Buch ist für Kinder ab fünf Jahren gedacht, kann aber bestimmt schon früher vorgelesen werden, man muss es dann vielleicht ein wenig näher erklären. Doch das sollte kein Problem darstellen. Es ist ein hilfreiches Werk, wenn es um Äußerlichkeiten und die scheinbare Wichtigkeit des Erscheinungsbildes geht.

„Margarete Tausendschön“ ist ein faszinierendes Kinderbuch von Gaëlle Callac und Marie Desbons. Es wird nicht nur darauf eingegangen, inwiefern ewige Sorge um das eigene Wohlergehen und die eigene Schönheit den Blick für das Wesentliche einengt. Auch die bunten, immer ein wenig surrealen Bilder überzeugen. Insofern erhält man ein kurzes aber gut geeignetes Buch, um Kinder für das Thema Eitelkeit zu sensibilisieren.

Details

Bewertung

  • Gesamt:
  • Anspruch:
  • Gefühl:
  • Illustration:

Könnte Ihnen auch gefallen: