Mythen der Monster

Medusa

von Katherine Marsh
Rezension von Janett Cernohuby | 18. September 2024

Medusa

Besondere Talente erfordern besondere Schulen, an denen sie gefördert werden. Wer gerne Sport betreibt, wird sich an einer Sportschule anmelden, während Sprachbegabte Schulen mit diesem Schwerpunkt wählen. Doch wohin geht man, wenn man in direkter Linie von den Monstern der griechischen Mythologie abstammt? Richtig, nach Venedig an die Accademia del Forte.

Ein Monster als Ahne

Nachdem Ava von ihrem Mitschüler Owen richtig auf die Palme gebracht wurde und sie einen Wutanfall bekommt, erwachen in ihr magische Kräfte. Sie lässt ihren Mitschüler versehentlich erstarren, kann sich darauf aber keinen Reim bilden. Ihre Mutter allerdings schon. Sie schickt das Mädchen nach Venedig auf die Accademia del Forte. Bei dieser handelt es sich um ein besonderes Internat, in dem die Nachfahren der Monster der griechischen Mythologie unterrichtet werden. Neben Biologie und Sport stehen hier Mythologie, Latein und Altgriechisch auf dem Stundenplan. Unterrichtet werden die Schülerinnen und Schüler von Göttern und Halbgöttern selbst. Ava ist hin- und hergerissen. Einerseits ist sie fasziniert von der neuen Welt, die sich vor ihr ausbreitet, andererseits schämt sie sich für ihre Ahnin, bei der es sich um die grausame Medusa handelt. Doch da ist noch etwas. Nicht nur, dass die Lehrkräfte sehr engstirnig in ihren Ansichten sind, sie verhalten sich auch seltsam, manche einzelnen Schülern gegenüber sogar feindlich. Ava spürt, dass sich hinter der Fassade mehr verbirgt. Doch was? Als ihrer besten Freundin ein Schulverweis droht, beginnt Ava mit Nachforschungen. Und dabei stößt sie auf ein großes Geheimnis.

Mythen der Monster: Medusa

Griechische Mythologie unter feministischem Stern

Die griechische Mythologie inspirierte bereits zahlreiche Schreibende zu Neuinterpretationen und Nacherzählungen. Katherine Marsh zählt zu ihnen, doch ließ sie sich nicht nur von den griechischen Gottheiten und Monstern inspirieren, sie setzt sie auch in einen feministischen Kontext. Schon sehr früh rückt sie zwar Athena in den Fokus, doch wird zugleich klar, dass sie nur Vorzeigecharakter hat. Denn die Accademia del Forte ist sehr patriarchalisch und schenkt den weiblichen Figuren der griechischen Mythologie keine große Beachtung. Das wird immer wieder im Buch thematisiert und auch zum Streitpunkt zwischen Schülerinnen und Lehrenden. Doch abseits dieser Debatte dreht sich alles um Ava, Nachfahrin der Medusa. Sie steht den Vorgängen in der Accademia misstrauisch gegenüber. So manche Frage nach dem Warum spukt ihr durch den Kopf, die durch einen Besuch der Göttin Athene nur mehr werden. Immer mehr wird ihr klar, dass hier etwas nicht mit rechten Dingen zugeht. Auch das Schweigen ihrer Mutter, deren Ausflüchte auf bestimmte Fragen und Andeutungen einzelner Lehrkräfte auf die Schulzeit der Mutter bringen Ava dazu, hinter die Kulissen schauen zu wollen. Als es schließlich zum Schulverweis ihrer besten Freundin kommt, gegen den sich Ava auflehnt, gerät die Sache außer Kontrolle. Plötzlich werden Ava und ihre Freunde zu Gejagten, die sie zur Geisterinsel Povgelia und Friedhofsinsel San Michele führen. Sie steigen hinab in den Tartaros und hinauf bis in den Olymp. Dabei erfahren sie Geheimnisse, die bisher nur wenigen ausgewählten Göttern bekannt waren und die niemals hätten erzählt werden sollen. Denn sie vermögen es, die Herrschaft Zeus‘ ins Wanken zu bringen. Dabei fällt auf, dass es immer wieder Göttinnen sind, die zu großen Opfern bereit waren, die große Taten vollbracht haben, die von Zeus aber mundtot gemacht wurden. Mit dieser Neuinterpretation und dem Hinterfragen der patriarchalisch geprägten Überlieferungen rückt die Autorin die griechische Mythologie in ein völlig neues Licht. Zugleich schuf sie den Grundstein für eine fesselnde und vor allem feministische Fantasyreihe, auf deren Fortsetzung man gespannt wartet.

Mythen der Monster: Medusa

Mit „Mythen der Monster: Medusa“ startet eine neue Fantasyreihe für Lesende ab zehn Jahren, die nicht nur eine Neuinterpretation des spannenden Stoffs darstellt, sondern diesem auch einen modernen und feministischen Anstrich gibt. Zudem werden aus Monster Kreaturen, die missverstanden, übergangen und verstoßen wurden. Man wird sich also auch die Frage stellen, wer hier eigentlich die wahren Monster sind.

Details

Bewertung

  • Gesamt:
  • Spannung:
  • Anspruch:

Könnte Ihnen auch gefallen: