Bennos Bestie

von Jutta Nymphius, Volker Fredrich (Illustrator*in)
Rezension von Janett Cernohuby | 18. Mai 2023

Bennos Bestie

Angst kann uns vor gefährlichen Situationen schützen. Sie kann uns aber auch einengen, eine erdrückende Form annehmen, die unser Leben und unseren Bewegungsradius massiv einschränken. So können unschöne Erlebnisse mit Tieren Kinder sehr verschrecken und zu ausgeprägten Phobien führen. Jutta Nymphius greift dieses Thema in ihrem Kinderbuch auf, das mit einem neuen Leseförderkonzept ausgestattet ist.

Wenn die Angst immer stärker wird

Eigentlich war Benno ein fröhliches Kind, doch seit der Dackel der Gemüsehändlerin ihn in den Bauch gebissen hat, ist er sehr ängstlich geworden. Hinter jeder Ecke wittert er Unheil, jedes unerwartete Geräusch auf der Straße lässt ihn zusammenzucken und vor allem das Rumpeln der Müllabfuhr ist unerträglicher Lärm für ihn. Als dann noch im Nachbarhaus ein Hund eingezogen ist, der laut bellend am Zaun hochspringt, ist die Angst für Benno unerträglich. Sie sitzt in seinem Bauch, bereitet ihm Magenschmerzen und lähmt ihn in allem. Doch dann erfährt er, dass Freddie, der angeblich wilde Hund, ganz und gar nicht gefährlich ist. Im Gegenteil. Er wurde als Welpe misshandelt und hat nun vor allem und jedem furchtbare Angst. Da er jedoch mit seinem lauten Gebell die Leute erschreckt, befürchtet sein Besitzer, dass er ihn bald ins Tierheim zurückgeben muss. Benno ist entsetzt. Zurück ins Tierheim, nur weil er Angst hat? Das findet er total unfair, schließlich weiß er nur zu gut, wie beklemmend Angst sein kann. Daher beschließt Benno, Freddie zu helfen seine Angst zu überwinden. Damit beginnt er aber auch, sich seinen Ängsten zu stellen und der großen Bestie in seinem Bauch Einhalt zu gebieten.

Bennos Bestie

Behutsam erzählt, auf andere Weise illustriert

Jutta Nymphius versteht es, große und schwierige Themen behutsam und einfühlsam an ihre junge Leserschaft heranzutragen. Bei ihr werden Probleme nicht übermäßig thematisiert, sondern sie passieren und werden unaufgeregt behandelt. Im vorliegenden Kinderbuch geht es um die Angst, speziell nach einer schlechten Erfahrung mit einem Hund. Viele haben bestimmt schon einmal ähnliches erlebt und eine unangenehme Erfahrung mit einem Vierbeiner gemacht. Damit sind nicht nur Kinder gemeint, sondern auch wir Erwachsene. Schnell kann sich diese Angst in uns festsetzen und weitere Unsicherheiten schüren. So ist es bei Benno und der Junge gerät in einen Strudel, aus dem er nicht mehr herauskommt. Gleichzeitig traut er sich aber nicht, seinen Eltern davon zu erzählen. Ist es Scham oder Angst, die ihn zurückhält? Diese Frage zu beantworten, überlässt die Autorin ihrer Leserschaft. Sie konzentriert sich dagegen darauf, wie Benno den Klauen der Angst wieder entkommt. Dabei findet der Junge seinen eigenen Weg. Gemeinsam mit einem tierischen Leidensgefährten beginnt er, langsam seine Angst aufzuarbeiten. Stück für Stück stellt er sich ihr, setzt sich kleine Etappen, die er erreicht und aus denen er den Mut schöpft, weiterzumachen. Dabei tut er es in erster Linie für den Nachbarshund Freddie. Dass Benno mit seinem Handeln sich selbst hilft, ist ihm gar nicht so bewusst. Erst am Ende, als er wieder mehr Vertrauen und Mut findet, spürt er, dass auch er seine Angst besiegt hat.
Neben dieser sehr einfühlsamen und auf Augenhöhe der Leserschaft erzählten Geschichte, ist auch das Illustrationskonzept etwas, das den Lesenden auffällt. Denn hier nehmen die Schwarz-Weiß-Illustrationen von Volker Fredrich eine andere Rolle ein. Sie sind dem Text gleichgestellt und führen die Geschichte weiter. Nach jeder Doppelseite Fließtext gibt es eine Doppelseite mit Illustrationen. Darin wird die Handlung fortgeführt, es werden Ereignisse beschrieben und vor allem das Gefühlsleben von Benno gezeigt. So entsteht ein völlig anderes Lesegefühl. Es ist lebendiger und unterhaltsamer. Nach einem längeren Fließtext, auf den man sich anders konzentrieren muss, kann man dann entspannter (aber nicht weniger spannend) sich von Bildern unterhalten lassen. Ein Konzept, das ganz vielen Kindern gefallen und sie an die Geschichte und das Buch fesseln wird.

Bennos Bestie

„Bennos Bestie“ ist ein großartig erzähltes und erfrischend anders illustriertes Kinderbuch von Jutta Nymphius und Volker Fredrich. In gewohnt leichter, aber dennoch tiefgründiger Weise greift die Autorin hierin ein ernstes Thema aus dem Kinderalltag auf. Dabei wird die Handlung zwischendurch von Bildern weitergeführt. Am Ende wendet sich alles zum Guten und man klappt das Buch mit einem guten Gefühl zu.

Details

Bewertung

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