Das komische Gefühl

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von Hans-Christian Schmidt, Andreas Német (Illustrator*in)
Rezension von Janett Cernohuby | 29. Juni 2022

Das komische Gefühl

Gefühle sind nicht nur da, um Stimmungen und Gemütszustände auszudrücken. Gefühle schützen uns auch. Die Angst etwa warnt uns vor Gefahren. Der Hunger erinnert uns daran, unserem Körper Energie zukommen zu lassen. Dann gibt es aber auch ein komisches Gefühl, eines, das wir nicht so recht beschreiben können. Es rumort in unserem Bauch und wird von jedem anders empfunden. Doch bei allen weist dieses komische Gefühl darauf hin, dass irgendetwas nicht stimmt und eine Grenze überschritten wurde.

Bis hierhin und nicht weiter

Um eben dieses komische Gefühl geht es in Hans-Christian Schmidts Bilderbuch. In unterschiedlichen Alltagssituationen beschreibt der Autor, wann dieses komische Gefühl in unserem Bauch auftaucht. Manchmal ist es in dunklen Umgebungen, manchmal kommt es, wenn man von fremden Personen angesprochen wird. Es tritt auf, wenn die Tante bei der Begrüßung mal wieder überschwänglich Umarmungen und Küsse verteilt oder wenn der Freund der Familie einen beim Vorlesen so komisch anfasst. In all diesen Situationen will uns das komische Gefühl vor gefährlichen Situationen beschützen. Und es zeigt uns, laut und deutlich Nein zu rufen.

Das komische Gefühl

Ein Kraftbuch

Körperliche und seelische Grenzüberschreitungen bei Kindern sind leider keine Seltenheit. Doch viele Kinder wissen nicht, was zu tun ist. Sie fühlen sich nicht wohl, haben Angst, einem Erwachsenen zu widersprechen und sich Hilfe zu holen. Dürfen sie sich überhaupt wehren oder müssen sie alles tun, was ein Erwachsener sagt? An dieser Stelle hakt das Buch ein. Es spricht ihnen Mut und Kraft zu, laut Nein zu sagen, wenn sie sich bei etwas nicht wohlfühlen. Es zeigt ihnen, dass sie ein Recht dazu haben, eigene Grenzen aufzuzeigen und sich Hilfe zu holen. Diese Grenzen definieren die Kinder und kein anderer. Denn jeder hat eigene, jeder empfindet anders. Das wird auch in den Texten entsprechend formuliert. Der Autor erzählt nicht als Außenstehender oder Kind, sondern lässt das komische Gefühl selbst zu Wort kommen. Dadurch kann er behutsam unterschiedliche Situationen beschreiben und vage, aber deutlich genug formulieren, was geschieht. Meldet sich beim Lesenden in solch einer Situation das komische Gefühl, wird sofort auf die gelben Notrufseiten verwiesen. Diese sind deutlich hervorheben und schnell aufgeschlagen. Nein heißt es hier. Nein, wenn die beschriebene Situation sich nicht gut anfühlt, darf und soll das Kind Stopp rufen.
Es ist mitunter eine Gratwanderung, die angesprochenen Situationen nicht als Bedrohung darzustellen und Kindern keine übermäßige Angst zu machen. Denn wie schon gesagt, empfindet jeder seine persönlichen Grenzen anders. Dem Autor ist dieser Balanceakt gut gelungen. Dazu tragen auch die Illustrationen von Andreas Német bei. Minimalistisch, mit einfachem Strich und klaren Linien zeichnet er die Bilder zu den beschriebenen Alltagssituationen. Um sie nicht zu düster und bedrückend wirken zu lassen, bringt er einen feinen Humor bei der Darstellung der Figuren ein. Damit findet auch er eine ausgewogene Mischung aus Ernsthaftigkeit und Leichtigkeit.

Das komische Gefühl

„Das komische Gefühl“ kennen wir alle. Es begegnet uns in Situationen, die gefährlich werden können. Doch während wir Großen wissen, wie wir damit umzugehen haben, während wir ganz klar unsere Grenzen abstecken, sind Kinder sich dessen nicht bewusst. Ihnen müssen wir helfen, Selbstbewusstsein zu finden, um in zweifelhaften Momenten ganz klar Nein zu rufen. Dabei hilft das vorliegende Bilderbuch.

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