Alle Farben grau

von Martin Schäuble
Rezension von Janett Cernohuby | 23. Oktober 2023

Alle Farben grau

Seit Jahren nehmen bei Kindern und Jugendlichen psychische Erkrankungen und suizidale Gedanken zu. In welchem Umfang die Pandemie dazu beigetragen hat, wird unter Fachleuten unterschiedlich diskutiert. Doch eines ist klar: Immer mehr sind auf Hilfe angewiesen, doch es mangelt an psychiatrischen Einrichtungen und Hilfsprogrammen. Jugendbuchautor Martin Schäuble begleitete über ein Jahr Betroffene und Hinterbliebene eines Jugendlichen, der Suizid beging. Seine Geschichte präsentiert der Autor in dem bewegenden Jugendbuch „Alle Farben grau“.

Aufgegeben

Der 16-jährige Paul ist anders als seine Klassenkameraden. Er hört Musik, die in seinem Alter keiner mehr kennt. Er begeistert sich für Mangas und Japan und lernt spielend einfach die japanische Sprache. Er ist unheimlich schlau, doch das alles hilft ihm nichts gegen seine Ängste und Abgründe. Sie engen ihn immer weiter ein, bis es schließlich zum ersten Suizidversuch kommt. Paul wird in die Akutstation der Jugendpsychiatrie eingewiesen, wo er Alina kennenlernt, die vor ähnlichen Abgründen steht. Beide teilen auch die Liebe zu Katzen. Doch Paul hat schon lange aufgegeben und als er aus der Klinik in sein Leben zurückkehrt, nimmt er endgültig Abschied.

Nach einer wahren Geschichte

Martin Schäuble präsentiert einen bewegenden Jugendroman, dessen Hintergrund auf einer wahren Geschichte beruht. Die Namen der hier handelnden Personen wurden geändert, manche auf mehrere Personen aufgeteilt oder zu einer zusammengefasst. Doch der Kern, worum es geht, ist geblieben. Es geht um das Sichtbarmachen von psychischen Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen. Es geht darum, ihnen eine Stimme zu geben und auf ihre Probleme hinzuweisen. Viele psychische Erkrankungen werden erst viel zu spät entdeckt, und selbst dann fällt es manchen Beteiligten schwer, damit umzugehen. So wie im Fall von Paul, der immer ein bisschen seltsam war, dessen Asperger erst diagnostiziert wurde, als er seinen ersten Selbstmordversuch hinter sich hatte. Seine Geschichte bewegt, erschreckt und stimmt traurig. Fragmentarisch, nicht immer chronologisch, aber dennoch schlüssig nachzuvollziehen, erzählt Martin Schäuble Pauls Geschichte. Dabei wechselt der Autor immer wieder die Perspektive, lässt sowohl Paul selbst, als auch seine Freunde, Lehrkräfte, Eltern und andere Wegbegleiter*innen zu Wort kommen. So entsteht nach und nach das Bild eines Jugendlichen, der unter der Last seiner psychischen Krankheiten zerbricht. Der Autor will mit seinem Werk sensibilisieren und zu Gesprächen anregen. Er will aufrütteln und zeigen, wie wichtig es ist, psychische Erkrankungen frühzeitig zu erkennen, anstatt abzuwarten, dass sich alles irgendwie legt. Denn das tut es nicht, wie Pauls Geschichte zeigt. Daher sollte dieses Jugendbuch nicht nur von Jugendlichen gelesen werden, sondern auch und ganz besonders von Erwachsenen.

In seinem Roman “Alle Farben grau” erzählt Martin Schäuble nicht nur die tragische Geschichte des 16-jährigen Pauls, der alles konnte, nur nicht leben. Der Autor will mit seinem Roman auch auf die Nöte und Sorgen von Jugendlichen hinweisen und psychische Erkrankungen stärker ins Bewusstsein rücken.

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