Ich will das HABEN!

von Katja Reider, Michael Schober (Illustrator*in)
Rezension von Janett Cernohuby | 24. Juni 2015

Ich will das HABEN!

"Was heißt teilen?", wurden wir unlängst von einem Dreijährigen gefragt. Was für uns Große so selbstverständlich ist, müssen Kinder erst einmal lernen. Um teilen zu können, müssen Kinder jedoch verstehen, dass nicht nur sie selbst Bedürfnisse haben, sondern auch ihr Gegenüber. Das ist ein längerer Entwicklungsprozess und so hören Eltern in den ersten Lebensjahren sehr oft Ausrufe wie "Ich will das HABEN!" Katja Reider und Michael Schober haben ein Bilderbuch geschaffen, welches genau diesen Titel trägt.

Pelle ist das süßeste Kälbchen und hat schon eine Menge gelernt. Sein Lieblingswort ist zweifellos "Haben!". Und er will wirklich alles haben. Das Gras vom höchsten Hügel, die größte Sonnenblume, Papas Schubkarre, Matz' Trommel, Opas Zylinder, Omas Korb - und Mollis neuen Roller. Doch Molli möchte nicht mit Pelle teilen und sagt "nein". Das versteht das kleine Kälbchen gar nicht und nimmt sich den Roller einfach. Molli ist stinksauer und will nun nichts mehr mit Pelle zu tun haben. Das trifft den Kleinen hart…

Alle Eltern kennen die Situation: Ihr (Klein-)Kind sieht etwas, das ihm gefällt und schon will es den begehrten Gegenstand haben. Das kann ein Shirt mit speziellem Aufdruck sein, ein Becher, eine Trinkflasche, ein Spielzeug oder etwas zu naschen. Plötzlich scheint das Kind nur noch dann wieder glücklich zu werden, wenn es eben den begehrten Gegenstand bekommt. Es sieht nur noch sich und seinen Wunsch. Ob es diese Dinge braucht oder sie vielleicht einem anderen sogar wegnimmt, ist ihm dabei egal. Nun helfen keine noch so tröstenden Worte der Eltern. Es ist auch nicht ratsam, jedem Wunsch nachzukommen. Ein Kind muss lernen, dass es manchmal auf etwas verzichten oder mit jemandem teilen muss. Letzteres ist Thema des Buchs. Erst als der für Kinder so essenzielle wie vernichtende Satz "du bist nicht mehr mein Freund" fällt, lenkt der kleine Protagonist ein. Er beginnt nachzudenken, über sein Verhalten, was es ihm bringt, alles nur alleine zu besitzen und über das gemeinsame Spielen mit Freunden.

Natürlich können das Kleinkinder nicht einfach so, wie Bilderbuchhelden. Doch diese Helden können ihn auf einfache Art erklären, warum teilen Spaß macht. Und sie können das noch um einiges besser, als Eltern oder Pädagogen. So lange man für seine Geschichte die richtigen Figuren wählt und den richtigen Ton anschlägt. Das tut Katja Reider in ihrem Bilderbuch auf jeden Fall. In kindgerechter Sprache und lockerem Umgangston erzählt sie vom kleinen Pelle, der alles für sich haben möchte. Sie schafft es, Kinder direkt anzusprechen und sie sofort an das Buch und seine Geschichte zu fesseln. Gebannt lauschen die Kleinen, hören ganz konzentriert zu und sind am Ende erleichtert, dass Pelle und Molli sich wieder vertragen. Die Geschichte beschäftigt sie und - je nach Entwicklung des Kindes - stellen sie Fragen. Warum Pelle alles haben will. Warum er Molli die Blumen bringt und warum sie diese mit ihm teilen möchte.

Genauso ansprechend wie die Geschichte sind auch die Illustrationen von Michael Schober. Leuchtende, kräftige Farben, liebevoll gezeichnete Tierkinder und so manches witzige Detail vereint er in seinen Zeichnungen. Diese erzählen die Geschichte auf ihre Art nach und geben Kindern die Möglichkeit, das Buch anzuschauen, auch ohne dass es ihnen jemand vorliest.

"Ich will das HABEN!" ist ein tolles Bilderbuch, welches auf wunderbar kindgerechte Weise ein wichtiges Entwicklungsthema anspricht. Bereits Kinder ab drei Jahren spricht das Buch an und zeigt ihnen auf leicht verständliche Weise, dass man nicht immer alles für sich haben kann, sondern mehr Spaß hat, wenn man Dinge mit anderen teilt. Nur ein einziges Mal können Eltern ruhigen Gewissens eine Ausnahme machen. Nämlich dann, wenn das Kind im Buchladen steht, auf dieses Bilderbuch zeigt und brüllt "Ich will das HABEN!".

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