Hektor spielt (nicht) mit Mädchen

Antolin Quiz
von Anne Ameling, Günther Jakobs (Illustrator*in)
Rezension von Janett Cernohuby | 23. Juli 2019

Hektor spielt (nicht) mit Mädchen

Wir alle wissen, dass es an der Zeit ist, sich über die althergebrachten Rollen hinwegzusetzen - und das bereits in der Kindererziehung. Immer häufiger gerät typisches Mädchen- und Jungsspielzeug in die Kritik und auch im Bereich Kinderbuch wird auf mehr Geschlechterneutralität geachtet. Mädchen- oder Jungskram wird auch in Anne Amelings neuem Bilderbuch in Frage gestellt, wenn Held Hektor nicht mit Mädchen spielen will.

Kampf der Geschlechter

Hektor hat gerade mit Mücke und Klara ein Schmetterlingshaus gebaut, da kommt Rocky Igel daher. Er rümpft über die Aktivitäten seines Freundes die Nase, findet er doch, dass Schmetterlinge eher Mädchenkram sind. Jungs dagegen spielen Baumball. Klar, Hektor spielt das auch gerne und sofort kicken die beiden Freunde den Ball einander zu. Als jedoch die Mädchen mitspielen wollen, kommt es zum Streit. Da hat Rocky eine Idee. Er fordert die Mädchen zu einem Wettkampf heraus, der beweisen soll, dass Baumball nur was für Jungs ist. Wenn Rocky sich da mal nicht geirrt hat.

Hektor spielt (nicht) mit Mädchen

Genderdebatte im Kindergarten

Das Thema ist gar nicht so abwegig, sondern topaktuell. Natürlich gibt es körperliche Merkmale und spezifische Verhaltensunterschiede, doch der Großteil der geschlechterspezifischen Merkmale wird Kindern immer noch anerzogen. So werden Mädchen dazu animiert, zu basteln, malen oder mit Puppen zu spielen, während man Jungs toben lässt und ihnen Autos zum Spielen gibt. In der Bekleidungs- und Spielwarenabteilung gibt es stark geschlechtertypische Produkte und greifen Eltern einmal zur anderen Seite, wird das gleich mit einem tadelnden Ausruf - das ist aber nicht für Mädchen/für Jungen - kommentiert.

Hektor spielt (nicht) mit Mädchen

Natürlich dürfen Unterschiede zwischen den Geschlechtern sein, doch Kinder brauchen die Möglichkeit, selbst auszuprobieren, was ihnen gefällt, was ihnen Spaß macht. Darum dürfen Jungs Schmetterlingshäuser bauen und Mädchen Fußball (bzw. Baumball) spielen. Und genau darum geht es in Anne Amelings neuem Bilderbuch mit dem liebenswerten kleinen Wolf Hektor. In einer sehr treffend erzählten Geschichte stellt sie eine Streitsituation dar, in der es um die Frage geht, was Mädchenkram und was Jungskram ist. Das ist nichts an den Haaren herbeigezogenes, sondern sind Gespräche, die ähnlich in Kindergärten und auch Grundschulen ablaufen. Die Handlung greift also ganz typische Alltagssituationen auf.
Wolf Hektor wird also mit den Rollenklischees konfrontiert, über die er sich bisher keine Gedanken gemacht hat. Im Gegenteil, er hat das gespielt, was ihm Spaß macht, und dazu zählte auch der Bau eines Schmetterlingshauses. Nun also erfährt er, dass das eigentlich Mädchenkram ist. Doch Hektor geht einen Schritt weiter und fragt, ob es so etwas überhaupt gibt. Ob man sich als Junge wirklich nur für bestimmte Sachen interessieren darf. Unterstützung findet er bei seinem Vater, der diese Rollenklischees ganz deutlich ablehnt.

Hektor spielt (nicht) mit Mädchen

Der Wettkampf, der zum Mittelpunkt der Geschichte wird, endet mit einem Sieg für die Jungs. Doch seien wir ehrlich, alles andere wäre auch für die Handlung unglaubwürdig gewesen. Denn wir erfahren, dass Klara zum ersten Mal Baumball spielt. Und wenn jemand zum ersten Mal gegen jemand mit langer Spielerfahrung antritt, dann wird er nur mit sehr, sehr viel Glück gewinnen. Aber: Klara hat Talent, was Hektor schnell feststellt und Rocky am Ende zähneknirschend zugeben muss. Mit etwas mehr Übung wird Klara sicherlich auch bald eine tolle Baumballspielerin werden - und diese Übung wird es zukünftig ganz sicher geben. Und dann bezweifeln wir stark, dass die Jungs noch einmal gegen die Mädchen gewinnen werden.

„Hektor spielt nicht mit Mädchen!“ ist ein tolles Bilderbuch, das auf sehr verspielte Weise ein wichtiges Alltagsthema aufgreift: Rollenklischees. Kinder werden damit täglich in Kindergarten und Grundschule konfrontiert. Wie albern sie sind, erzählt Anne Ameling wunderbar unterhaltsam im neuen Hektor-Abenteuer.

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